Schlechte Nachrichten für die Mainzer Innenstadt: Mit dem Kinderladen Wirth und dem Kreativ- und Schreibwarenladen Listmann schließen zum Jahresende gleich zwei Traditionsgeschäfte. Auch wenn die beiden Betriebe aus unterschiedlichen Gründen schließen, ist dies ein herber Schlag für den Einzelhandelsstandort Mainz. Und auch an einem anderen Standort in der Innenstadt abseits von Schillerplatz, Ludwigs- und Augustinerstraße scheint es nicht gut zu laufen.
Genauer gesagt geht es dabei um das Quartier Neue Mainzer Mitte, das sich in etwa von Galeria Kaufhof über die Römerpassage bis hin zum Neubrunnenplatz erstreckt. Die dort ansässigen Händler kritisieren zunehmenden Müll, fehlende Kontrollen und mangelnde Kommunikation seitens der Stadt. Dies alles führe zu sinkenden Kundenzahlen. Während die Geschäftsleute Alarm schlagen, hat die Verwaltung eine andere Sicht der Dinge.
„Es ändert sich nichts“
Wie „Tamaris“-Storeleiter Fabio Caserta gegenüber Merkurist berichtet, verfalle das Quartier in den letzten zehn Jahren immer mehr. Er nennt zunehmende Vermüllung, aggressive Bettler und dreiste E-Roller-Fahrer als Gründe, die die Passanten vergraulen würden. Dies bemerke man an der Kundenfrequenz, denn oft fehle selbst an Wochenenden die Laufkundschaft.
Auch Gaby Stierle, Inhaberin des „Mainzer Gourmet“ an der Römerpassage, ist von der Entwicklung im Quartier nicht angetan. „Die Leute kommen immer öfter gezielt in die Stadt, wenn beispielsweise ein Arztbesuch ansteht, zum Bummeln aber nicht mehr“, hätte ihr viele Kunden gesagt. Sie kritisiert ebenfalls die Sauberkeit und hat das Gefühl, die Stadt kümmere sich nur um die Bereiche Dom, Altstadt und Schillerplatz. „Wir reden, reden, reden, aber solange nicht von der Stadt reagiert wird, wird sich nichts ändern“, so die Geschäftsfrau.
Die Probleme ziehen sich den Händlern zufolge durch das gesamte Viertel. Mitarbeiter im „Vorwerk“-Laden berichten von störender Straßenmusik und Menschen, die in die Passage urinieren. Dass manche Personen ihr „großes Geschäft“ sogar mitten in der Innenstadt verrichten, zeigt ein Hinweiszettel an einem Seiteneingang von „C&A“, der auf die schlimmen Zustände vor Ort aufmerksam macht.
Auch Geschäftsinhaberin Gaby Stierle findet, dass es um die Sauberkeit nicht gut bestellt ist. Oft fühle man sich wie in einem öffentlichen Klo, gibt sie an.
„Mc-Shirt“-Inhaber Frank Grill wünscht sich indes mehr Kontrollen vom Ordnungsamt, vor allem wegen rücksichtsloser Rad- und E-Scooter-Fahrer. „Oft kommt es zu gefährlichen Situationen direkt vor unserem Laden“, sagt er. Das Ordnungsamt sehe man aber nur selten. „Es fehlen einfach dauerhafte Kontrollen.“
Initiative fordert „runden Tisch“ – Stadt lehnt ab
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, gründeten die Händler im vergangenen Jahr die „Initiative Neue Mainzer Mitte e.V.“ (wir berichteten). Wie der Vorsitzende Dieter Grünewald erklärt, forderten über 100 Betriebe in einer Unterschriftenliste einen „runden Tisch“. Dazu seien alle relevanten Ämter und Personen wie Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) sowie Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU), Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) oder auch der Leiter des Ordnungsamts eingeladen worden. „Wir haben sie alle zu einem Rundgang durch unser Quartier und zu Gesprächen mit den Inhabern der Betriebe sowie den Storemanagern eingeladen, passiert ist nichts“, so Grünewald.
Die Stadt hatte einem runden Tisch bereits damals eine Absage erteilt und erklärt, man stehe ohnehin in permanentem Austausch mit den Händlern. Auf erneute Anfrage von Merkurist teilt die Verwaltung mit, dass es ihr wichtig sei, bestehende Probleme zu bekämpfen und dabei auch Gewerbetreibende vor Ort einzubinden. Wie dies konkret aussehen soll, darauf wird nicht eingegangen. Das Wirtschaftsdezernat sieht ohnehin keine großen Probleme und meint: „Insgesamt hat sich das Quartier ‘Neue Mainzer Mitte’ durchaus positiv entwickelt.“ Gleichwohl habe jedes Quartier in der Mainzer Innenstadt unterschiedliche Stärken und unterliege anderen Herausforderungen.
Für die Geschäftsleute sind diese Aussagen „enttäuschend“. Der Vorsitzende der „Initiative Neue Mainzer Mitte e.V.“, Grünewald, wiederholt indes nochmals die wichtigsten Forderungen: „Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung müssen absolute Priorität haben“. Außerdem müssten überzogene Mieten und Parkkosten reduziert und die Hauseigentümer mit ins Boot geholt werden. Ob dies in Zusammenarbeit mit der Stadt gelingt, bleibt nun abzuwarten.