Nach Bahn-Versagen in Mainz: „Notfall-Manager muss freigestellt werden“

Unbeschreibliche Szenen haben sich kürzlich in einer S-Bahn abgespielt, die im Mainzer Eisenbahntunnel feststeckte und erst nach Stunden evakuiert werden konnte. Der Fahgastverband „Pro Bahn“ attackiert die Deutsche Bahn deshalb deutlich.

Nach Bahn-Versagen in Mainz: „Notfall-Manager muss freigestellt werden“

Der Ärger um die Evakuierung eines mit 200 Personen besetzten Zuges in Mainz erhitzt noch immer die Gemüter. Vor rund zwei Wochen blieb eine S-Bahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Bahnhof Römisches Theater im alten Eisenbahntunnel stecken (wir berichteten). Die anschließende Rettungsaktion geriet für einige Passagiere zum Horror-Trip: Rund zweieinhalb Stunden mussten die Fahrgäste warten, bis ihnen geholfen wurde. Ein Fahrgast kollabierte sogar, zudem funktionierten in dem Zug nicht mehr alle Klimaanlagen. Die Bahn weist jedoch in diesem Fall jede Schuld von sich (wir berichteten), und auch die Feuerwehr hat ihre Sicht auf den Vorfall dargelegt (wir berichteten). Während nun viele der betroffenen Fahrgäste wütend zurückbleiben, spart auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ nicht mit scharfer Kritik.

„Kein unglücklicher Einzelfall“

Wie der für Rheinhessen zuständige „Pro Bahn“-Sprecher Martin Mendel gegenüber Merkurist sagt, sei dieser Rettungseinsatz sehr unglücklich verlaufen. Gleiches gelte für die Außendarstellung der beteiligten Institutionen. Überrascht sei er von dem Vorfall aber nicht gewesen: „Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas auch in Mainz passiert.“

Dabei richtet sich Mendels Kritik vor allem an die Bahn, den „unglücklichen Einzelfall“ will er nicht mehr gelten lassen. So seien bei der Bahn in den letzten Jahren katastrophale strukturelle Entscheidungen getroffen worden. Bahn-Führungskräfte beispielsweise bekämen etwa vom Regional-Manager aufwärts Boni, wenn sie Einsparungen durchsetzen. Diese gingen dann zu Lasten der Infrastruktur, auch das Zug-Personal sei davon betroffen.

Was die Evakuierung der S-Bahn in Mainz betrifft, sieht Mendel große Versäumnisse: „Der Notfall-Manager muss eigentlich nach 30 Minuten vor Ort sein, das gibt die Bahn sogar selbst vor.“ Er erwarte auch, dass im Hintergrund Prozesse ablaufen, die eine reibungslose Evakuierung ermöglichen und die Einsatzkräfte schnell informieren. „Der Notfall-Manager muss deshalb freigestellt werden, bis alles restlos aufgeklärt ist“, so sein Fazit.

Rat zur Anzeige

Den Fahrgästen, die in der Bahn festsaßen, rate Mendel zur Anzeige gegen Unbekannt – wegen unterlassener Hilfeleistung. Die Staatsanwaltschaft müsse ermitteln, was falsch lief. Es stelle sich die Frage, ob die Verantwortlichen noch zu halten seien.

Abgesehen davon sei es eine Katastrophe, dass S-Bahnen im Rhein-Main-Gebiet über keine einzige Toilette verfügen. „Das funktioniert einfach nicht und da kann man sich bei der Bahn auch nicht rausreden“, so Mendel.

Die ständigen Entschuldigungen würden die Fahrgäste nicht mehr hören wollen, sagt der „Pro Bahn“-Sprecher. Möglicherweise müsste aber auch von höherer Stelle eingegriffen werden. „Nahverkehr ist Ländersache und das Land hat eine Fürsorgepflicht.“ Das ganze Thema müsste also zur Chefsache gemacht werden. Demzufolge wären hier auch Verkehrsministerin Katrin Eder und der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer gefragt, meint Mendel. Was nun aber tatsächlich die Lehren aus diesem Bahn-Versagen in Mainz sein werden, bleibt abzuwarten.