Wegen steigender Kosten soll die Bereitschaftspraxis in Ingelheim zum Jahreswechsel geschlossen werden. Jetzt hoffen die Mitarbeiter darauf, die bevorstehende Schließung mit einer Petition noch abwenden zu können. Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV) äußert sich jedoch wenig optimistisch.
Petition der Praxismitarbeiter
Nachdem die KV bekanntgab, die Ingelheimer Bereitschaftspraxis zusammen mit sechs anderen Praxen in Rheinland-Pfalz zum 1. Januar 2024 schließen zu wollen, startete die Praxismitarbeiterin Ellen Maria Ernst eine Petition: „Rettet die Bereitschaftspraxis Ingelheim“.
Die Petition mit knapp 6000 Unterschriften will sie am Freitag (29. Dezember) in Mainz dem KV-Vorstand übergeben. Dabei wird sie von Vertretern des Ärztevereins Ingelheim und Umgebung e.V. und Mitgliedern des Ingelheimer Stadtrates begleitet – darunter auch Ingelheimer Oberbürgermeister Ralf Claus (SPD). Auch Landrätin Dorothea Schäfer (CDU) will Ernst zufolge an der Übergabe teilnehmen.
Das sagt die KV
Hintergrund der bevorstehenden Schließung ist ein Urteil des Bundessozialgerichts, laut dem auch freiberufliche Ärzte im Bereitschaftsdienst jetzt sozialversicherungspflichtig sind. Laut eigener Aussage muss die KV rückwirkend bis zu 20 Millionen Euro nachzahlen, künftig würden die Personalkosten für niedergelassene Ärzte um 30 Prozent steigen. Die Lösung: Statt Bereitschaftspraxen will die KV ab 2024 vermehrt auf eine Telefonhotline und ärztliche Fahrdienste setzen, die die Patienten zu Hause besuchen.
Daran kann laut Aussage der KV wohl auch die Petition nichts ändern: „Die derzeitige Angebotsstruktur im Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) in Rheinland-Pfalz ist nicht mehr zu halten – selbst wenn der Gesetzgeber externe Ärztinnen und Ärzte von der Sozialversicherungspflicht doch noch befreien würde“, sagt KV-Sprecherin Katja Winter auf Merkurist-Anfrage. Grund dafür seien immer weiter steigende Anforderungen an die Ärzte, die immer mehr Arbeit in immer weniger Zeit erledigen müssten.
Forderungen an Politik
Dennoch fordert die KV, dass die Politik eine Ausnahmeregelung schaffen müsse, die sowohl freiberufliche als auch Vertragsärzte von der Sozialversicherungspflicht entbindet. Das solle verhindern, dass aufgrund der steigenden Kosten am Ende die niedergelassenen Ärzte zu Bereitschaftsdiensten „zwangsverpflichtet“ werden und somit weiteren Belastungen ausgesetzt sind.
Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium jedoch weist die Verantwortung zurück auf die KV. Da die KV die Selbstverwaltung der Vertragsärzte sei und deshalb unabhängig von der Politik handle, habe das Ministerium keinen Einfluss auf Standort- oder finanzielle Entscheidungen, sagt Pressesprecherin Susanne Gellweiler auf Merkurist-Anfrage.
Kritik aus dem Ministerium
Auch eine Ausnahmeregelung zur Sozialversicherung wird es Gellweiler zufolge wohl nicht geben. Aus Sicht des Ministeriums sei es richtig, dass Poolärzte in Bereitschaftsdienstpraxen wie andere Arbeitnehmer in Deutschland auch Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen – „zumal sie aus allgemeinen Beiträgen aus der Sozialversicherung finanziert werden.“
Zur bevorstehenden Schließung der Ingelheimer Bereitschaftspraxis äußert sich das Ministerium kritisch. „Auch wir bedauern den Beschluss der KV sehr“, so Gellweiler. „Die Entscheidung der KV, Bereitschaftsdienstpraxen in Rheinland-Pfalz zu schließen, geht zu Lasten der Patientinnen und Patienten.“ Eine finanzielle Unterstützung vonseiten des Ministeriums für die KV und den Erhalt der Bereitschaftspraxen werde es jedoch nicht geben.