Viele werden es kennen: Obwohl der Kühlschrank noch voll ist, wird neues Essen eingekauft. Das resultiert darin, dass laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung pro Jahr mehr als 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle in Deutschland weggeworfen werden. Dazu zählten nicht nur Essensreste und Ungenießbares, sondern auch noch essbare Waren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ergibt dies pro Person 79 Kilogramm an Lebensmittel, zu denen insbesondere Obst, Gemüse und Backwaren gehören.
Die Stadt Mainz ist seit März 2022 offiziell „foodsharing-Stadt“ (wir berichteten) und hat gemeinsam mit dem deutschlandweit agierenden Verein „Foodsharing e.V.“ eine Resolution verfasst, um den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung zu unterstützen. Merkurist zeigt, wo in der Landeshauptstadt nicht nur Lebensmittel gerettet, sondern auch gespendet werden können.
Fairteiler in mehreren Stadtteilen
Beides ist mit Hilfe der sogenannten „Fairteiler“ möglich. Diese öffentlich zugänglichen Schränke werden vom Verein „Foodsharing e.V.“ organisiert. Das Prinzip ist simpel: An allen Standorten können Menschen ganztägig Lebensmittel ablegen, die sie selbst nicht benötigen. Voraussetzung ist, dass diese nicht kühl gelagert werden müssen und ihr Mindesthaltbarkeitsdatum nicht überschritten haben. Dazu gehören Backwaren, Gemüse und Obst, sowie Eier. Alkohol, alkoholhaltige Produkte und Energy Drinks dürfen laut Website nicht abgelegt werden. Wer die dort abgegebenen Lebensmittel benötigt, könne sie sich kostenlos mit nach Hause nehmen. Das Angebot an Lebensmittel variiert demnach von Tag zu Tag.
Laut Vereins-Website gibt es in Mainz sechs „Fairteiler“, die jeden zweiten Tag von Freiwilligen sortiert und gereinigt werden: Auf der Treppe der Weltmusikakademie in der Altstadt, in Kooperation mit dem Verein „ZMO Mainz e.V.“ in Bretzenheim, in der Lion-Feuchtwanger Straße 14 in Hechtsheim, auf dem Geländer des „Interkulturellen Bildungs- und Begegnungszentrum Oberstadt“ in der Berliner Straße, am Wohnquartier „Haus am Römerberg“ in Weisenau, sowie an der Ortsverwaltung Mombach.
Unabhängig vom Verein „Foodsharing e.V.“ haben in den vergangenen Jahren weitere Mainzer Initiativen und Organisationen Fairteiler aufgestellte. Dazu gehören Schränke an der Evangelischen Auferstehungsgemeinde in Hartenberg-Münchfeld, am Evangelischen Gemeindezentrum in Laubenheim sowie der Evangelischen Kirchengemeinde Maria-Magdalena auf dem Lerchenberg.
Ehrenamt und Foodsharing-Café
Wer sich zusätzlich ehrenamtlich engagieren möchte, kann sich den laut Verein mehr als 600 ehrenamtlichen Mainzer „Foodsavern“ anschließen und für den Verein Lebensmittel bei kooperierenden Betrieben abholen, in einem „Fairteiler“ ablegen oder privat weiter verteilen. Außerdem können „Foodsharing“-Mitglieder auf der Vereins-Website die eigenen überschüssige Lebensmittel in einem sogenannten „Essenskorb“ anbieten und von anderen Mitgliedern abholen lassen.
Eine kleine Gruppe Foodsaver hat 2021 zudem den Verein „krumm & schepp e.V.“ gegründet und betreibt seit Anfang Dezember 2024 das gleichnamige Foodsharing-Café am Karoline-Stern-Platz in der Neustadt (wir berichteten). Angeboten werden laut Verein nur Lebensmittel, die über „Foodsharing e.V.“ gerettet wurden, oder von kooperierenden Betrieben und Privatpersonen gespendet wurden. Während die Lebensmittel kostenfrei sind, kann jeder Besucher den individuellen Preis für die angebotene Getränke selbst bestimmen. Abseits vom Café-Betrieb bietet die Initiative schulische Workshops zu Themen wie Foodsharing oder Meeresplastik an. Aufgrund gekürzter Fördermittel des Bundes teilte der Verein Ende Januar jedoch mit, dass diese Bildungsarbeit vor dem Aus stehen könnte (wir berichteten).
Rettertüten im Supermarkt
Eine weitere Möglichkeit der Lebensmittel-Rettung sind die „Rettertüten“ der Unternehmen Lidl und „Eat Happy“. Der Discounter Lidl führte das Angebot nach eigenen Angaben im Sommer 2022 ein, um äußerlich unperfektes, aber weiterhin essbares Obst und Gemüse für einen Einheitspreis von drei Euro anbieten zu können. Laut dem Unternehmen gehören dazu auch Artikel, deren Verpackung beschädigt wurde. In allen Filialen finden sich die Tüten in den mit „Rette mich“ gekennzeichneten „Retterstationen“, so eine Unternehmenssprecherin.
Fans von Sushi haben in den Mainzer Shops des Unternehmens „Eat Happy“ die Möglichkeit Sushi-Boxen zu retten. Laut einer Unternehmenssprecherin werden dienstags bis samstags zwischen 15 und 17 Uhr maximal drei Rettertüten pro Shop zum Verkauf gestellt. Auf diese Weise rette das Unternehmen pro Jahr 2,4 Millionen Sushi-Boxen vor der Entsorgung. Die Shops befinden sich in Mainz in den REWE-Filialen an der Rheinallee, der Rheinstraße und der Geschwister-Scholl-Straße .
Überraschungstüten per App bestellen
Die Stadt Mainz verweist zudem auf die Nutzung der App „Too Good to Go“, was zu Deutsch ungefähr „Zu gut zum Wegwerfen“ bedeutet. Über die App können Überraschungstüten übrig gebliebener Lebensmittel oder Speisen in kooperierenden Geschäften – Supermärkte, Bäckereien oder Restaurants – für einen kleinen Preis erworben werden. Das Angebot kann in der App nicht nur auf einen bestimmten Standort begrenzt, sondern auch spezifisch nach vegetarischen und veganen Angeboten gesucht werden. Die Tüten müssen in einem vom Geschäft definierten Abholzeitraum nach Vorlage des Kaufbelegs vor Ort abgeholt werden. In Mainz beteiligen sich unter anderem Filialen von „Ditsch“, „Backhaus Lüning“ und „Happy Baker“, sowie das „Café Hilda“, das Restaurant „Osakii Pan Asian“, und das „me and all hotel“. In letzterem kostet eine Überraschungstüte vom Frühstücksbuffet 4,50 Euro. Das „Café Hilda“ bietet eine Auswahl an Backwaren für einen Preis von 4 Euro an.
Im September vergangenen Jahres führte das Unternehmen, das 2015 im dänischen Kopenhagen gegründet wurde, die neue Funktion der „Too Good to Go Pakete“ ein. Statt Tüten, die vor Ort abgeholt werden müssen, bestellt man in der App Pakete mit Produkten einer einzelnen Marke, die laut „Too Good to Go“ zu einem bis zu 60 Prozent günstigeren Preis erworben werden können. Diese würden daraufhin per Post geliefert. In Deutschland kooperiert das Unternehmen nach eigener Aussage mit den Marken „Back Mühle“, „Yogi Tea“ und „Veganz“.
Der gute Gedanke hinter „Too Good to Go“ steht jedoch auch in der Kritik. So schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ 2021, dass die App von Konzernen nur als eine weitere Form des Vertriebs und der Umsatzeinfuhr genutzt werden könne. Die Umweltschutzorganisation WWF kritisierte in dem Artikel zudem, dass die App beispielsweise Bäckereien dazu verleiten könne, bis kurz vor Ladenschluss eine gefüllte Theke anzubieten.