Die Wiesbadener Hausverwaltungsgruppe Consigma Holding AG steht in der Kritik – seit bei einer gemeinsamen Recherche des Hessischen und Bayerischen Rundfunks (HR und BR) herausgekommen war, dass ihre Hausverwaltungen fragwürdige Abbuchungen von Wohnungseigentümerkonten vornehmen (wir berichteten). Doch während die Recherche hauptsächlich von einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in Hannover berichtete, meldeten sich mittlerweile mehrere betroffene WEGs aus Wiesbaden und dem Umland exklusiv bei Merkurist.
Bei allen gab es dasselbe Problem: Ihre Hausverwaltung buchte von ihren Rücklagenkonten hohe Summen ab und kaufte damit Anleihen der „Deutschen Rücklagen GmbH“. Die zuständige Hausverwaltungsgruppe ist laut den Eigentümern immer dieselbe: die Consigma Holding AG mit Sitz in der Wiesbadener Sonnenbergerstraße 16.
Die Betroffenen
Insgesamt wurde Merkurist von Einzelpersonen über folgende Vorfälle informiert:
Die „Consigma Hausverwaltungen GmbH“ soll vom Konto der Wiesbadener WEG Trommlerweg 11 – 31 im Jahr 2022 insgesamt über 300.000 Euro abgebucht haben. Wie der Name der Hausverwaltung bereits nahelegt, gehört sie zur Unternehmensgruppe Consigma Holding AG.
Alle Wiesbadener WEGs, die von der „Aichinger Hausverwaltung“ betreut werden, mussten laut einer Informantin ebenfalls feststellen, dass Geld von ihren Rücklagenkonten an die „Deutsche Rücklagen GmbH“ ging. Beispielsweise sollen davon die WEGs Viktoriastraße 9 und Simone-Veil-Straße 1 – 3 betroffen sein. Im Impressum der „Aichinger Hausverwaltung“ findet sich der Name eines Geschäftsführers, der auch die Consigma Holding AG laut deren Website als Vorstand vertritt.
Auch eine kleinere Wohnungseigentümergemeinschaft aus Hochheim am Rhein soll betroffen sein. Hier wurden einem Informanten zufolge mit WEG-Geldern bei der „Deutschen Rücklagen GmbH“ Anleihen für 25.000 Euro gekauft. Auf die Fragen der WEG nach dem Geld habe die Hausverwaltung die Eigentümer wiederholt vertröstet, jemand werde sich bei ihnen melden. „Wir sind nur fünf Wohneinheiten und auch wenn im ersten Moment 25.000 Euro nicht viel klingen, ist es für uns eine sehr große Summe. Wir haben seit 21 Jahren das Geld angespart und jetzt ist es wahrscheinlich nicht mehr da“, so der Informant.
Der Vorwurf – und keine Reaktion
Merkurist hat die Consigma Holding AG am 4. Januar mit den Vorwürfen konfrontiert und sie um Stellungnahme gebeten. Unter anderem haben wir gefragt, ob sie ihr Vorgehen rechtlich und moralisch für einwandfrei halten – ein Finanzexperte, den der Hessische Rundfunk eingeschaltet hatte, hatte nahegelegt, dass ein Staatsanwalt sich dieses Vorgehen anschauen sollte. Außerdem fragten wir nach den Gründen für die Abbuchungen und Investitionen von WEG-Geldern sowie nach den Zielen. Bis zum ersten Erscheinen dieses Artikels am 21. Januar hatte allerdings noch niemand von der Consigma Holding AG geantwortet.
+++Update vom 23. Januar+++
Die WEG in Hochheim hat Merkurist mittlerweile mitgeteilt, dass ihr Geld wieder auf ihr Rücklagenkonto zurückgebucht wurde. Das sei am 4. Januar 2024 bei einer Eigentümerversammlung anhand von Kontoauszügen belegt worden.
Auch unser Informant zu den Geldern der WEG Trommlerweg Wiesbaden hat sich nun erneut gemeldet und uns mitgeteilt, dass ConSigma sich bei der WEG gemeldet habe. Mittlerweile seien die Anleihekäufe der Hausverwaltungsgruppe zufolge rückabgewickelt worden.
Hintergrund
Nach der gemeinsamen Recherche von HR und BR kaufte die Consigma Holding AG in den letzten Jahren etliche Wohnungsverwaltungen auf. Diese Verwaltungen sollen dann große Summen von den Konten der Wohnungseigentümergemeinschaften abgebucht haben, die sie betreuen. Die WEG-Gelder seien dann in die „Deutsche Rücklagen GmbH“ investiert worden, die daraus wiederum Anleihen gemacht habe, mit denen große Bauprojekte finanziert werden sollen. Die Abbuchungen sollen nicht immer mit Zustimmung der WEGs erfolgt sein, so unsere Informanten.