Neun Männer und eine Frau treten am 9. März bei der Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden an. Wird Amtsinhaber Gert-Uwe Mende (SPD) erneut gewählt oder gibt es einen Wechsel im Wiesbadener Rathaus? Wir stellen euch die OB-Kandidaten einzeln noch einmal vor. Allen Kandidaten haben wir die selben fünf Fragen gestellt. Im siebten Teil seht ihr die Antworten vom parteilosen Thilo von Debschitz.
Thilo von Debschitz (59 Jahre), Geschäftsführer einer Strategie- und Designagentur, Wohnort Wiesbaden-Nordost, seit 1985 in Wiesbaden
Merkurist: Welches Thema in Wiesbaden ist Ihnen am wichtigsten und warum?
Von Debschitz: Im Allgemeinen beklagen viele Menschen einen schleichenden Niedergang unserer Stadt, diesen will ich stoppen und die Lilien im Stadtwappen wieder zum Blühen bringen. Im Besonderen werde ich Lösungen finden, um die Innenstadt attraktiver zu machen (auch in Bezug auf Sicherheit und Sauberkeit), werde mich um das Thema Verkehr intensiv kümmern und Wege finden, damit sich die Wirtschaft weiterentwickeln kann. Dies alles natürlich mit allen demokratischen Parteien und Köpfen aus der Bürgerschaft, die sich daran beteiligen wollen.
Soll Tempo 30/40 ausgeweitet werden, auf dem aktuellen Stand bleiben oder wieder rückgängig gemacht werden?
In bestimmten Zonen spreche ich mich klar für Tempo 30 aus, wie beispielsweise vor Schulen, Kindergärten, Altenheimen und in dicht besiedelten Wohngebieten. Die Hauptverkehrsachsen sollten jedoch mit Tempo 50 befahren werden können, damit der Verkehr auch schnell abfließen kann. Aktuell bremsen wir beispielsweise den Busverkehr durch die Geschwindigkeitsbeschränkungen aus. Nach einer unabhängigen Evaluation erwarte ich, dass einige der aufgestellten Schilder wieder demontiert werden. Dieser Schilderwald wirkt auf mich wie Bürokratie am Straßenrand.
Das Land Hessen hat der Stadt Wiesbaden beim Thema unbegrenzte Bargeldabhebung für Flüchtlinge eine klare Ansage gemacht: Doch wie stehen Sie zur aktuellen Regelung, dass Flüchtlinge eine Bezahlkarte bekommen und nur begrenzt Bargeld abheben dürfen?
Ich bin bekanntermaßen unabhängig und ein großer Freund von Politik aus einer starken demokratischen Mitte. Diese Mitte hatte sich parteiübergreifend mit einem Beschluss von Bund und Ländern – nach sehr sorgfältiger Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile – auf eine Bargeldgrenze bei der Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. So ist dies nun auch im schwarz-rot regierten Hessen eingeführt. Wenn Wiesbaden ausgeschert wäre und mit dem Plan uneingeschränkter Bargeldabhebungen einen Sonderweg gewählt hätte, wäre das erklärte Ziel der Bezahlkarte ausgehebelt worden. So ein Alleingang – getragen von der Stadtregierung aus SPD, Grünen, Linken und Volt – hätte auch riskiert, dass die Öffentlichkeit der politischen Mitte keine Problemlösungen zutraut, und in der Konsequenz die politischen Ränder gestärkt. Ich bin froh, dass die Sozialministerin dem Sonderweg eine Absage erteilte. Nun wird man abwarten, wie sich das eingeführte Prinzip bewährt.
Welche Stadtteile brauchen Ihrer Meinung nach besondere Unterstützung? Wie sollte diese Unterstützung aussehen?
Mir liegen alle Stadtteile gleichermaßen am Herzen. Wiesbaden ist gesegnet mit einer wunderbaren Diversität. Das führt dazu, dass es vor Ort auch ganz unterschiedliche Anforderungen gibt. Insofern muss auch individuell unterstützt werden. Die Menschen sollen sich in ihrem Umfeld wohl fühlen, die Stadtteile und Quartiere dabei auch ihren Charakter behalten. Ob im ländlich geprägten Osten oder im zentralen Innenstadtbereich, ob entlang des Rheins oder in Gebieten mit viel Wald, ob in Bereichen mit hohem Anteil an Wohnhäusern oder an Industrie und Handel – es liegt auf der Hand, dass man sich die passende Unterstützung genau überlegen muss. Wichtig sind dabei die Ortsbeiräte, die ja ganz nah dran sind. Mit diesen Menschen mit ihrer hohen Vor-Ort-Kompetenz will ich noch enger zusammenarbeiten. Übrigens: Auch wegen dieser Vielfalt liebe ich diese Stadt!
Braucht Wiesbaden eine Universität?
Wiesbaden hat zwei Hochschulen, ich bin selbst Absolvent der Hochschule RheinMain und habe dort auch selbst Lehraufträge wahrgenommen. Die Erweiterung unseres bestehenden Hochschulangebotes könnte sinnvoller sein als der mit hohen Investitionen verbundene Aufbau einer Volluniversität. In jedem Fall bin ich dafür, das Hochschulleben weiterzuentwickeln – denn das würde unsere Stadt verjüngen und kulturelle Dynamik mit sich bringen.