Neun Männer und eine Frau treten am 9. März bei der Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden an. Wird Amtsinhaber Gert-Uwe Mende (SPD) erneut gewählt oder gibt es einen Wechsel im Wiesbadener Rathaus? Wir stellen euch die OB-Kandidaten einzeln noch einmal vor. Allen Kandidaten haben wir die selben fünf Fragen gestellt. Im dritten Teil seht ihr die Antworten von Ingo von Seemen (Linke).
Ingo von Seemen (38 Jahre), Fraktionsgeschäftsführer, Wohnort Wiesbaden-Mitte, seit Geburt in Wiesbaden
Merkurist: Welches Thema in Wiesbaden ist Ihnen am wichtigsten und warum?
Von Seemen: Bezahlbarer Wohnraum. Um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu gewährleisten, muss die Stadt verhindern, dass Sozialbindungen auslaufen. Dazu muss sie selbst Wohnraum besitzen und die Bindungen nicht 10 oder 20 Jahre laufen lassen, sondern immer wieder verlängern. Das Wiesbadener Linksbündnis hat einen Fond beschlossen, der Grund und Boden in städtisches Eigentum bringt und dortbehält. Mit 15 Mio. € pro Jahr kaufen wir Grundstücke und Wohnungen um sie sozialen Zwecken zuzuführen. Zusätzlich gibt es einen Mietendeckel bei der städtischen Wohnungsgesellschaft. Des Weiteren muss die Stadt alle Möglichkeiten nutzt um bereits bebaute Flächen besser zu nutzen. Durch Home-Office steht in Wiesbaden Bürofläche leer. Dieser sollte zu Wohnraum umgewandelt werden. Mehr als 2000 Wohnungen stehen in Wiesbaden dauerhaft leer. Wir brauchen eine Erfassung des Leerstandes, ein Zweckentfremdungsverbot und als letztes Mittel müssen Wohnungen, die aus Profitgier nicht vermietet werden in öffentliches Eigentum überführt werden.
Soll Tempo 30/40 ausgeweitet werden, auf dem aktuellen Stand bleiben oder wieder rückgängig gemacht werden?
Die jetzige Regelung sollte beibehalten werden. Sie schützt Anwohnende vor Lärm und reduziert die gesundheitsschädlichen Schadstoffe.
Das Land Hessen hat der Stadt Wiesbaden beim Thema unbegrenzte Bargeldabhebung für Flüchtlinge eine klare Ansage gemacht: Doch wie stehen Sie zur aktuellen Regelung, dass Flüchtlinge eine Bezahlkarte bekommen und nur begrenzt Bargeld abheben dürfen?
Ich lehne die Bezahlkarte ab. Sie ist eine unnötige Gängelung von Geflüchteten. Nur 7 % überweisen Geld ins Ausland. Hier wird also ein „Problem“ bekämpft, das es so nicht gibt. Die Karte ist nicht praxistauglich, da man in vielen kleinen Läden damit nicht bezahlen kann. Außerdem wird die Kommune bei den sehr hohen Bürokratiekosten der Karte vom Land im Stich gelassen. Die Linke wird sich dem Rechtsruck nicht beugen.
Welche Stadtteile brauchen Ihrer Meinung nach besondere Unterstützung? Wie sollte diese Unterstützung aussehen?
Die Landeshauptstadt Wiesbaden gibt eine regelmäßige Untersuchung der sozioökonomischen Lage der Stadtteile heraus. Dabei werden Stadtteile mit besonderen Bedürfnissen identifiziert. Das Linksbündnis hat begonnen diese Stadtteile mit mehr Sozialarbeit und dem gezielten Einsatz von Jugendzentren und weiteren niedrigschwelligen Angeboten zu unterstützen. Wir eröffnen dieses Jahr einen Gesundheitskiosk in Klarenthal, bauen ein neues Jugendzentrum auf dem Gräselberg und haben verstärkte Gemeinwesenarbeit in AKK und im Bergkirchenviertel beschlossen. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Westend.
Braucht Wiesbaden eine Universität?
Mit der Hochschule Rhein-Main hat Wiesbaden eine große Bildungsinstitution. Ganz in der Nähe befinden sich zwei große Universitäten.