Sie schlafen an Bushaltestellen und sitzen in der Unterführung am Hauptbahnhof, um dort Schutz vor Regen und Nässe zu finden – vor allem in der anstehenden kalten Jahreszeit wird die Situation für Obdachlose schwierig.
Eine Hilfe für die Menschen in Wiesbaden, die ohne festen Wohnsitz sind, kann die „Teestube“ in der Dotzheimerstraße 9 sein. Hier erhalten sie Essen, Kleider und auch Beratungen. Sie können duschen und die Waschmaschine nutzen. In Notfällen kann hier auch übernachtet werden. Zwölf Schlafplätze stehen zur Verfügung. Einmal die Woche wird ein begleitetes Frauenfrühstück angeboten, zudem stehen mittwochs Ärzte für Untersuchungen zur Verfügung.
45.000 Klientenkontakte im Jahr
Seit 20 Jahren unterhält die Diakonie nun schon diese Anlaufstelle, zuvor war sie 17 Jahre lang am Platz der Deutschen Einheit. Seit 31 Jahren bereits arbeitet Matthias Röhrig hier. Der Sozialarbeiter hat inzwischen die Leitung übernommen. Außer ihm sind etwa 15 weitere Mitarbeiter hier tätig, arbeiten ebenfalls als Sozialarbeiter oder im Hauswirtschaftsprojekt. Auch eine Poststelle gibt es, die die Menschen als Adresse für Briefe angeben können.
Täglich besuchen etwa 70 Personen die Teestube, um ihre Post abzuholen oder um Rat zu suchen, berichtet Röhrig gegenüber Merkurist. Weitere 80 bis 100 Menschen pro Tag kommen, um etwas zu essen. Damit das Essen kostenlos bereitgestellt werden kann, engagiert sich eine Reihe von Spendern, darunter evangelische, katholische und muslimische Kirchengemeinden, Stiftungen, ein Fanclub der Frankfurter Eintracht, ein Caterer, die Tafel, die Lebensmittelrettung und Privatleute.
Eine zusätzliche Einrichtung in der Rheinstraße suchen zudem etwa 60 Personen pro Tag auf, um Beratung und Essen zu bekommen oder ihre Post abzuholen. Sie ist speziell für Menschen aus Osteuropa eingerichtet worden. Insgesamt kommt die Teestube damit auf etwa 45.000 Klientenkontakte im Jahr, so Röhrig.
Verelendung im öffentlichen Raum nimmt zu
Zwar habe sich die Zahl der Hilfesuchenden nicht signifikant erhöht, doch einige Entwicklungen machen dem Teestuben-Leiter dennoch Sorgen: „Die Zahl der Menschen aus Osteuropa, die nicht sozialleistungsberechtigt ist, nimmt stark zu, und damit auch die Verelendung im öffentlichen Raum“, hat er festgestellt. Außerdem spürten er und seine Mitarbeiter eine „deutliche Zunahme von wohnungslosen Frauen“.
Auch psychische Auffälligkeiten seien häufiger geworden. Teilweise seien das Folgen der Coronakrise sowie „Gesetzesänderungen, die eine Unterstützung dieser Personen erschweren“, so Röhrig. Zudem seien momentan die Psychiatrien überlastet. Zwar versucht er immer wieder, Wohnungen und damit einen Ausweg aus der Obdachlosigkeit für die Menschen zu finden, doch das sei zunehmend ein Problem geworden: „Es wird immer schwieriger, wohnungslose Menschen in mietvertraglich abgesicherten Wohnraum zu vermitteln.“
Dass die Wohnsituation vor allem für einkommensschwächere Menschen aktuell besonders schwierig ist, zeigen auch Daten des Statistikamts: Ende 2022 standen rund 3000 Haushalte auf der Warteliste für eine öffentlich geförderte Wohnung. Vermittelt werden konnten in dem Jahr allerdings nur 450 (wir berichteten).
Die Teestube ist auf Spenden angewiesen, um die Menschen versorgen zu können. Gebraucht werden aktuell zum Beispiel Rucksäcke, Schlafsäcke, funktionale Herrenkleidung, Herrenunterwäsche, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel. Abgeben könnt ihr diese montags bis donnerstags von 8:30 bis 15:30 Uhr und freitags bis 12 Uhr.