Weiter Kritik an Wiesbadener Hausverwaltungsgruppe

Noch immer soll mindestens eine Wohnungseigentümergemeinschaft ihr angespartes Geld noch nicht zurückbekommen haben, nachdem ihre Hausverwaltungsfirma es zu Anleihen gemacht hat.

Weiter Kritik an Wiesbadener Hausverwaltungsgruppe

Wohnungseigentümerin Bettina Scherer* ist wütend: In einem Schreiben der Consigma Holding AG aus Wiesbaden sei ihr zugesichert worden, dass die Rücklagen ihrer Wohnungseigentümer-gemeinschaft (WEG) bis 30. Juni 2024 wieder auf dem WEG-Konto sein würden. Doch Mitte Juli sei noch immer kein Geld eingegangen. Was war passiert?

Wie Scherers WEG ging es noch im April dem HR zufolge einigen Wohnungseigentümer-gemeinschaften in Hessen – genauer jenen, die von Hausverwaltungen betreut wurden, die zur Consigma-Gruppe gehören. Nachdem eine Recherche von HR und BR gezeigt hatte, dass die Verwaltungen der Gruppe Rücklagen-Gelder von WEGen in Anleihen bei der DR Deutsche Rücklagen GmbH angelegt hatten (wir berichteten), war die Unternehmensgruppe dafür in Kritik geraten. Auch bei Merkurist hatten sich zahlreiche Wohnungseigentümer aus dem Raum Wiesbaden gemeldet, die von der Praxis der Consigma-Hausverwaltungen betroffen waren.

Alle WEG-Gelder angeblich zurückgezahlt

Merkurist hat die Consigma-Gruppe nun erneut um Stellungnahme gebeten. Auf unsere Anfrage an die Consigma Rhein-Main, laut Website ansässig in der Siemensstraße 11 in Wiesbaden, antwortet eine Geschäftsführerin der ConSigma Bayern. Namentlich genannt werden möchte sie nicht.

Die Frage, warum noch nicht alle WEGen ihre zurückgeforderten Gelder zurückerhalten hätten, beantwortet sie so: „Nach unserem Kenntnisstand hat die DR Deutsche Rücklagen bislang alle Zahlungsziele eingehalten und Gelder zu dem genannten Kündigungszeitpunkt an die WEG’s ausbezahlt. Es würde uns sehr wundern, wenn das bei der von Ihnen genannten WEG nicht der Fall wäre.“ Weiter heißt es von Consigma, man könne den Vorwurf nur prüfen, wenn die betroffene WEG konkret genannt werde. Laut Scherer haben durchaus bereits etliche Kontaktversuche der WEG mit Consigma stattgefunden.

Ende April hatte die Hessenschau berichtet, dass der DR Deutsche Rücklagen GmbH von der Finanzaufsicht BaFin ein Verbot für ihr Kreditgeschäft erteilt worden sei. Die DR hätte zugesichert, dass sie die Rückzahlungen der Anleihen garantiere. Dennoch warteten zum damaligen Zeitpunkt laut HR noch einige WEGen auf ihr Geld. Ob diese Wohnungseigentümer es mittlerweile wiederhaben, ist nicht bekannt. Scherer zumindest sagt, sie warte noch immer.

Anwalt: Vorgehen der Hausverwaltungen unzulässig

Doch auch das Vorgehen der Consigma-Hausverwaltungsgruppen selbst ist laut einem von Merkurist konsultierten Anwalt fragwürdig. Wie Sinem Tükek vom Rechtsanwaltsbüro Hobohm Natalello Giloth GbR erklärt, muss ein Verwalter „sich jedes Mal vor Augen führen, dass die Anlage dem Maßstab der ordnungsgemäßen Verwaltung zu genügen hat. […] Die Wohnungseigentümergemeinschaft darf darauf vertrauen, dass im Falle einer beispielsweise nötigen Reparatur unmittelbar auf die Rücklage zurückgegriffen werden kann, da den Verwalter die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung in Form ordnungsgemäßer Zurücklegung des Geldes trifft. Bei solch spekulativen Geldanlagen kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass das Geld sicher verwahrt wird. Vielmehr ist diese Möglichkeit der Anlegung risikoreich und widerspricht dem Sinn und Zweck, welchem die Rücklagen einer WEG zu dienen bestimmt sind. Ein Verwalter, der gegen seine Geldverwahrungspflicht verstößt, macht sich haftbar.“

Consigma hingegen rechtfertigte sich Anfang des Jahres gegenüber Merkurist damit, dass ihre Hausverwaltungen mit ihren Geschäften mit der DR lediglich ihre Geldverwahrungspflicht wahrgenommen hätten. Doch was sagt das Unternehmen nun zu dem Recht der Eigentümer, schnell und sicher auf ihr Geld zugreifen zu können?

„Die Deutsche Rücklagen sichert uns als Hausverwaltung für unsere WEG-Kunden neben der mündelsicheren Anlage der Gelder auch die jederzeitige Verfügbarkeit bei Bedarf zu. Diese Zusicherung wurde in den letzten zwei Jahren gegenüber unseren WEG-Kunden immer eingehalten, d. h. bei konkretem Bedarf wurde das benötigte Geld innerhalb von wenigen Bankarbeitstagen zur Verfügung gestellt. Dieser Vorgang ist jedoch zu unterscheiden von einer vollständigen Kündigung der gesamten Anleihe, die mit zwangsläufig festen Kündigungsfristen und -terminen einhergehen.“

Auf Kündigungsfristen soll Consigma auch Scherer vertröstet haben – und das, obwohl sie der Anlage des WEG-Geldes bei der DR laut eigener Aussage per Mail vorab widersprach. 168.000 Euro sollen im Februar 2023 dennoch von ihrer Consigma-Hausverwaltung zu Anleihen gemacht worden sein. Man habe einen Anwalt eingeschaltet und dennoch ordnungsgemäß gekündigt. Nun werde behauptet, dass die Kündigung nicht eingegangen sei.

* Name von der Redaktion geändert