Polioviren in Mainzer Abwasser gefunden

Die durch Polioviren ausgelöste Kinderlähmung gilt als ausgerottet. Dennoch hat das Robert Koch-Institut den Erreger erneut im Mainzer Abwasser nachgewiesen und stellt dazu eine Vermutung auf.

Polioviren in Mainzer Abwasser gefunden

In den vergangenen Wochen wurden wieder Polioviren im Abwasser in Mainz nachgewiesen. So berichtet es das Robert Koch-Institut (RKI) in seiner aktuellen Ausgabe des Epidemiologischen Bulletin.

Es handelt sich um dieselbe Art Viren, die erstmals Ende letzten Jahres im Abwasser mehrerer deutscher Städte gefunden wurden (wir berichteten). Die Erreger deuten laut RKI darauf hin, dass Menschen im Einzugsgebiet von Mainzer Kläranlagen mit dem Poliovirus infiziert sind und es über den Stuhl ausscheiden. Die neuen Nachweise zwischen April und Juni 2025 gab es in Mainz, Dresden, München und Stuttgart.

Infektionen trotz ausgerotteter Krankheit

In Deutschland gibt es nach wie vor keine gemeldeten Polio-Erkrankungs- oder -Verdachtsfälle. Die Krankheit wurde 2002 in ganz Europa für ausgerottet erklärt – Grund dafür sind weitverbreitete Impfungen. Die Schluckimpfstoffe mit abgeschwächten Lebendviren, von denen die derzeit zirkulierenden Viren abstammen, werden seit 1998 nicht mehr verabreicht. Üblich sind stattdessen Impfungen mit Totimpfstoff.

Die von Lebendimpfstoffen mutierten Erreger müssen aus anderen Ländern importiert worden sein, so das RKI. Aufgrund der anhaltenden Nachweise wie der in Mainz hält das RKI es jetzt jedoch für zunehmend wahrscheinlich, dass lokal begrenzt eine Übertragung der Viren zwischen Menschen stattfindet. Übertragungen oder klinische Fälle von Kinderlähmung wurden dem RKI bisher nicht direkt gemeldet.

Erkrankung äußert unwahrscheinlich

Gegen Polioviren nicht-geimpfte Menschen können in sehr seltenen Fällen nach einer Infektion an Kinderlähmung erkranken. Das RKI empfiehlt eine Grundimmunisierung von Kindern bereits vor dem ersten Geburtstag. Die letzte Auffrischungsimpfung erfolgt in der Regel im Alter von 16 Jahren. Fehlende Auffrischungsimpfungen können aber jederzeit nachgeholt werden. Denn anders als es der Name „Kinderlähmung“ vermuten lässt, können theoretisch ungeimpfte Menschen jeden Alters erkranken.

Heute verfügen die meisten Menschen in Deutschland über einen guten Impfschutz. Bei keinem Landkreis in Rheinland-Pfalz liege die Impfquote der einzuschulenden Kinder unter 90 Prozent, versicherte der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) im vergangenen Jahr. Das Risiko einer Infektion sei trotz des Nachweises im Abwasser äußerst gering, wie das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium mitteilte. Selbst nach einer unwahrscheinlichen Infektion bleiben rund 95 Prozent der Infizierten vollständig symptomfrei.