Weniger Geldautomaten und Bankfilialen: So ist die Situation in Rheinhessen

Deutlich weniger Geldautomaten: In den letzten Jahren schlossen auch in Rheinhessen vermehrt SB-Stellen und auch ganze Bankfilialen. Warum die Sparkassen und Volksbanken Standorte geschlossen haben und wie die Banken die Zukunft sehen.

Weniger Geldautomaten und Bankfilialen: So ist die Situation in Rheinhessen

Die Banken merken in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel: Immer häufiger werden Bankgeschäfte telefonisch oder digital erledigt. Es wird weniger mit Bargeld bezahlt. Mittlerweile kann auch an vielen Supermarktkassen Bargeld abgehoben werden. Außerdem werden Geldautomaten von Kriminellen gesprengt. Das wirkt sich auch auf die Filialen und SB-Stellen der Volksbanken und Sparkassen aus. Aber wie? Wir haben bei den vier größten regionalen Banken nachgefragt und geben euch den Überblick über die Situation in Rheinhessen.

Insbesondere kleine SB-Stellen geschlossen worden

Die meisten Schließungen und Standortveränderungen in den letzten drei Jahren gibt es bei der Rheinhessen Sparkasse, die mit ihrem „Zukunftsplan“ letztes Jahr oft in den Schlagzeilen war. Die meisten der betroffenen Standorte sind reine SB-Stellen ohne Beratungsangebot. Die 20 betroffenen SB-Stellen wurden zum 8. Januar geschlossen, wie Sparkassensprecher Volker Rathay mitteilt. Teilweise fand sich dort nur ein Geldautomat wie beispielsweise am Wormser Klinikum oder an der Mainzer Uni. Zudem wurden im Winter letzten Jahres elf Geschäftsstellen mit Beratungsangebot in SB-Stellen umgewandelt, zwei weitere ganz aufgegeben. Entgegen der Streichliste ist aktuell eine SB-Stelle auf dem Mainzer Lerchenberg noch in Betrieb, die Geschäftsstelle schloss bereits.

Die Volksbanken Darmstadt Mainz und Alzey-Worms und die Sparkasse Rhein-Nahe schlossen in den letzten drei Jahren hingegen nur vereinzelt SB-Stellen oder wandelten personenbesetzte Filialen in SB-Stellen um, wie aus Merkurist-Anfragen hervorgeht. Die Volksbank Darmstadt Mainz nennt in diesem Zeitraum zwei Filialumwandlungen und eine Schließung einer SB-Stelle in Rheinhessen, die Sparkasse Rhein-Nahe eine Umwandlung und zwei Schließungen, die Volksbank Alzey-Worms drei Schließungen. Auch gemeinsam betriebene SB-Stellen wurden geschlossen, hier Dittelsheim-Heßloch und Worms-Heppenheim 2024 in Folge des Zukunftsplans der Rheinhessen Sparkasse.

Mehrere Gründe für Schließungen

Die Reihe an Standortänderungen hat verschiedene Gründe, die sich gegenseitig beeinflussen. Einer davon ist das verstärkte Online- und Telefonbanking. „Die Kunden wollen ihre Bankgeschäfte schnell und bequem und damit immer häufiger online erledigen“, erklärt beispielsweise Sylvia Martin, Sprecherin der Volksbank Darmstadt Mainz. Tobias Schmitz, Vorstandssprecher der Volksbank Alzey-Worms, beobachtet in Folge einen zurückgehenden Kundenverkehr in den Geschäftsstellen und nennt den Ausbau von Video-Kundenberatung. Bei der Rheinhessen Sparkasse soll die telefonische und digitale Beratung mittlerweile eigenen Angaben zufolge die größte und „auch mit Abstand am stärksten“ genutzte Kundenberatungs-Einheit darstellen.

Für die meisten Serviceangebote soll ein einfacher Telefonanruf ausreichen, erläutert Volker Rathay, Sprecher der Rheinhessen Sparkasse auf Anfrage. Dennoch bleibt offenbar die persönliche Beratung wichtig, insbesondere zu Themen wie der privaten Altersvorsorge, Wertpapieranlage und der Baufinanzierung. Die Volksbank Darmstadt Mainz erlebe insbesondere in diesen Bereichen eine rege Nachfrage nach Beratung, so Martin. Die Rheinhessen Sparkasse sieht dort steigenden Beratungsbedarf.

Wann genau Standorte geschlossen werden

Durch den Ausbau der digitalen Angebote ändert sich offenbar die Rolle der Filialen. Die Volksbank Darmstadt Mainz konzentriert ihre Standorte auf besser geeignete Räumlichkeiten und Infrastruktur, erläutert Martin und setzt die Filialumwandlungen in Kostheim und Mombach in diesen Kontext. Die Sparkasse Rhein-Nahe verweist auf getätigte Investitionen in zwei neue Beratungscenter (wir berichteten) und in eine neue SB-Filiale in Gensingen, in der nach Vereinbarung auch persönliche Beratung angeboten werden könnte. Die Rheinhessen Sparkasse setzt auf größere Beratungscenter mit vielen Beratern, die auf die verschiedenen finanziellen Lebenslagen spezialisiert seien, wie sie selbst schreibt. Die Volksbank Alzey-Worms beobachte den Kundenverkehr in den Filialen und trage dem „gegebenenfalls auch Rechnung“, erklärt Schmitz.

Ein weiterer Faktor ist die Wirtschaftlichkeit. Mehrere Standorte konnten offenbar bei weniger Bargeldabhebungen und persönlicher Beratung, aber gestiegenen Sicherheitsanforderungen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, so zum Beispiel die SB-Stelle in Jugenheim der Volksbank Darmstadt Mainz. „Wir nehmen vorrangig dann Standortveränderungen vor, wenn sich Kundenfrequenz und (Investitions-)Kosten dauerhaft nicht mehr die Waage halten“, erläutert Schmitz für die Volksbank Alzey-Worms. Die Sparkasse Rhein-Nahe antwortet hier ähnlich.

Sprengungen verursachen auch Standortschließungen

Der Schutz vor Automatensprengungen spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle, da diese mit sehr hohen Kosten verbunden sind, wie Schmitz ergänzt. Die Sparkasse Rhein-Nahe beziffert diese auf Anfrage auf rund 2 Millionen Euro. Jungenheim war laut Martin außerdem wegen der verkehrsgünstigen Lage ein „Hochrisikostandort“ für Sprengungen und befand sich außerdem in einem Wohnhaus. Der Schutz der Anwohner und Kunden seien den Banken von besonderer Priorität, so der Tenor.

Auch aus diesem Grund schließen die Banken ihre SB-Bereiche über Nacht, wie auch dem Snip-Ersteller „Der Lorax“ aufgefallen ist. Zudem würden die Banken regelmäßig für ihre Standorte Risikoanalysen erstellen und mit den Sicherheitsbehörden eng zusammenarbeiten, antworten die Banken insgesamt deckungsgleich. Darüber hinaus nennen sie jeweils ein Bündel weiterer Maßnahmen zum Schutz vor Sprengungen, darunter: Geldeinfärbesysteme und Vernebelungstechnik, gasgeschützte Automaten, verstärkte Videoüberwachung und Einbruchmeldeanlagen, die Errichtung von Betoncontainern, temporäre Stilllegungen von Automaten und deren Ersatz (Volksbank Darmstadt Mainz) und neuen Sicherheitskonzepten (Sparkasse Rhein-Nahe).

Wenn also Standorte wenig frequentiert, unwirtschaftlich und noch hochgefährdet sind, können und wurden Automaten abgebaut. Hierzu schreibt Lara Dreesbach, Sprecherin der Sparkasse Rhein-Nahe: „Im Einzelfall ist der Rückbau von Automaten nicht auszuschließen.“ Kollege Volker Rathay von der Rheinhessen Sparkasse erklärt: „Sollten an besonders gefährdeten Standorten Präventionsmaßnahmen nicht zu einer angemessenen Reduzierung des Risikos führen, wird als ultima ratio auch ein Abbau des Geldautomaten in Erwägung gezogen. Dies wäre allerdings eine Ausnahmeentscheidung“, so der Sprecher. „Nach Geldautomatensprengungen erfolgt zunächst eine Risikoanalyse des Standorts, um über den Wiederaufbau zu entscheiden“, erläutert Sylvia Martin von der Volksbank Darmstadt Mainz.

Demnächst wohl keine weiteren Schließungen geplant

In den nächsten 12 Monaten wird es wohl keine weiteren Veränderungen in Rheinhessen geben – auf Anfrage nennen die vier Banken keine konkreten Standorte. „Aktuell gibt es keine weiteren Beschlüsse, an unserem Filialnetz Veränderungen vorzunehmen. Wir beobachten und bewerten jedoch die Marktgegebenheiten und die Entwicklungen unserer Filialstandorte sehr genau“, erläutert Schmitz für die Volksbank Alzey-Worms. Die Volksbank Darmstadt Mainz beschäftige sich derzeit „weder konkret noch gedanklich mit Filialveränderungen“, erklärt Martin und ergänzt: „Dazu besteht zum einen keine Notwendigkeit, und es ist zum anderen ein klares Fusionsversprechen* von uns gewesen.“

In Rheinhessen sind die Sparkassen und Volksbanken meist immer noch in der Fläche mit Geldautomaten und auch kleineren personenbesetzen Filialen präsent – auch wenn die Orte und Stadtteile ohne zugenommen haben. Für die wohnortnahe Bargeldversorgung, die nach wie vor wichtig zu sein scheint, bieten die regionalen Banken Alternativen an: Zum einen gibt es in Rheinhessen bei der Sparkasse Rhein-Nahe eine mobile Bankfiliale – ein Bus, der wöchentlich in Orten ohne Bankfiliale halte. Zum anderen nennt die Rheinhessen Sparkasse ihr „Bargeld-Taxi“, das mobilitätseingeschränkten Personen Bargeld nach Hause bringe. Auch gibt es die Möglichkeit von persönlichen Beratungsterminen zu Hause.

Die Schließungen sollen in der Regel übrigens keinen großen Effekt auf die Kundenzahl haben. So sagt beispielsweise Volker Rathay, Pressesprecher der Rheinhessen Sparkasse, dass es bei allen Banken eine Kundenfluktuation gebe. Die Volksbanken Darmstadt Mainz und Alzey-Worms erklären jeweils ähnlich, dass ihre Standort-Änderungen keinen nennenswerten bzw. wesentlichen Einfluss auf die Kundenzahl hätten. Einzig die Sparkasse Rhein-Nahe spricht auf Anfrage selbstbewusst von hunderten Neukunden monatlich durch ihre Investitionen. Ins Verhältnis zu etwaigen Kündigungen hat es die Sparkasse jedoch nicht gesetzt.

*Die Rheinhessen Sparkasse entstand 2022 aus der Fusion der Sparkassen Mainz und Worms-Alzey-Ried. Die Volksbank Darmstadt Mainz folgte ein Jahr später aus der Fusion der Mainzer Volksbank mit der Volksbank Darmstadt-Südhessen.