OB Haase im Interview: „Ich habe mir nur eine Regel auferlegt“

Im ersten Teil unseres Interviews spricht Oberbürgermeister Nino Haase über Oma Rosi, die umstrittene Busspur auf der Rheinstraße und darüber, wie er bei den Mainzern ankommt.

OB Haase im Interview: „Ich habe mir nur eine Regel auferlegt“

Seit fast sieben Monaten ist Nino Haase (parteilos) Oberbürgermeister von Mainz. Seine offizielle Amtseinführung fand am 22. März im Kurfürstlichen Schloss statt. Wie die Merkurist-Leser seine bisherige Amtszeit bewerten, haben wir euch hier gezeigt. Nun äußert sich der OB selbst dazu. Im ersten Teil unseres Interviews spricht Haase außerdem über die Kult-Influencerin „Rosi aus Mainz“, sein Verhältnis zu Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) und seine Meinung zum Anwohnerparken.

Merkurist: Herr Haase, in einer Umfrage haben wir unsere Leser gefragt, welche Note sie Ihnen für Ihre bisherige Amtszeit geben würden. Insgesamt ist es eine 3,1. Bei denen, die Sie mindestens einmal gewählt haben, kam mit 2,4 eine gute Note heraus, die anderen haben Sie eher schlechter bewertet, im Schnitt mit 4,2.

Nino Haase: Das ist aber eine Überraschung! (lacht) Aber ich finde, im Hinblick auf aktuelle Politikerbenotungen ist das doch eigentlich ganz gut.

Haben Sie auch eine Idee, wie Sie die überzeugen können, die Sie nicht gewählt haben und jetzt immer noch skeptisch sind?

Man hat sich ja vor der Wahl schon zu bestimmten Themen geäußert und die Leute, die das für wichtig erachten, haben einen gewählt. Ich werde jetzt anhand solcher Umfragen nicht meinen Fokus verschieben. Aber ich habe auch schon ein paar Briefe bekommen, in denen es hieß: „Ich habe Sie nicht gewählt. Aber ich finde es gut, dass Sie so viel kommunizieren, dass man auch spürt, dass die Stadt sich nach außen stärker präsentiert.“ Viele Leute sind natürlich ein wenig skeptisch bei einem parteilosen OB. Aber ich glaube, wenn diese Leute feststellen, es geht wirklich um Transparenz und eine stärkere Kommunikation, kann man ihnen durchaus die Sorge nehmen. Und ihnen einfach zeigen, was man für ein Mensch ist und in welche Richtung man geht.

Damit haben Sie uns quasi die nächsten beiden Fragen vorweggenommen. Wir hatten in der Umfrage nämlich gefragt, wie die Leute es finden, dass Sie direkt über soziale Medien mit den Bürgern kommunizieren, also in Kommentaren oder Instagram-Storys. Und das Ergebnis zeigt, bei unseren Lesern kommt das überwiegend gut an. Aber in den sozialen Medien gibt es auch immer die Gefahr, dass man in Fettnäpfchen treten kann. Haben Sie sich für Social Media bestimmte Regeln auferlegt? Etwa „nicht nach 20 Uhr posten“?

Vielleicht nicht unbedingt aus der Weinstube posten (lacht). Nein, ich habe mir nur eine Regel auferlegt und das ist die gleiche wie im Wahlkampf: Man muss bei sich selbst bleiben. Vor allem in so einem Job, in dem so viele verschiedene Meinungen auf einen einprasseln. Ich sage das, was ich denke, und muss mich nicht verstellen. Insofern bin ich recht überzeugt davon, dass das, was ich dann so öffentlich von mir gebe, auch passt.

Also gab es kein Beispiel, bei dem sie nachher dachten, das hätte man nicht unbedingt posten müssen?

Sicherlich gibt es das auch. Aber ich glaube, die ganz großen Katastrophen sind ausgeblieben.

Was auf Instagram für Aufsehen gesorgt hat – sogar positiv – war, dass sie direkt auf das Video von „Rosi aus Mainz“ zum Brunnen an der Christuskirche geantwortet haben und dass der Brunnen auch kurz danach wieder lief. Hatten Sie seitdem nochmal Kontakt zu ihr?

Bisher nicht. Ich würde mich aber sehr, sehr freuen. Ich finde es toll, dass sie so einen Zuspruch erfährt und dass auch eine Person höheren Alters sich auf diese moderne Kommunikation einlässt. Und man merkt, ihr Wort hat Gewicht. Das ist auch etwas, was mich als Politiker inspirieren sollte, wenn sie sagt, früher war das hier eine Prachtstraße und jetzt ist das leider nicht mehr so schön. Da muss man sich überlegen, wo liegen die Fehler? Kann man das verbessern? Gerade auch beim Thema Brunnen: Die Leute sehen den Brunnen, sagen, das gibt’s doch nicht, wir haben doch Geld, wieso läuft der nicht? Aber das ist ja alles erklärbar: dass der Brunnen ein Spezialteil hat, das nur eine Spezialfirma bearbeiten kann, die uns jedoch seit anderthalb Jahren vertröstet. Das muss man einfach sagen. Und dann verstehen die Menschen auch viele Dinge, die auf den ersten Blick so scheinen, als wäre etwas schiefgelaufen. Dass der Brunnen zwei, drei Wochen später tatsächlich wieder lief, hat mich dann natürlich noch mehr gefreut.

Ein weiteres Ergebnis unserer Umfrage ist, dass viele unserer Leser denken, dass ein parteiloser OB wie Sie es eher schwerer hat in Mainz. Das hatten vor der Wahl auch einige Kritiker gesagt. Wie läuft denn Ihrer Meinung nach bisher die Zusammenarbeit mit den Dezernenten und den Parteien?

Ich glaube, es ist so wie in vielen anderen Fällen auch. Manche Menschen tun sich mit Veränderungen leichter und manche schwerer. Und ich habe eine Art – das liegt natürlich auch ein bisschen an der beruflichen Herkunft –, dass ich vieles hinterfrage. Dafür wurde ich auch gewählt. Wir haben das beim Thema Zentrenkonzept gemerkt. Oft herrscht so ein Denken vor: „Das Konzept besteht jetzt seit 15 Jahren und das behalten wir genauso.“ Aber das sind Themen, die muss man ansprechen und die muss man hinterfragen. Insofern ja, ein parteiloser Kandidat hat es ein wenig schwerer, wenn es darum geht, eigene Anträge einzubringen. Aber beispielsweise bei einem Thema, das mir am Herzen liegt, der Personaloffensive für die Kitas, gab es eine super konstruktive Zusammenarbeit mit dem Dezernat und den Fachämtern.

Ein Thema, das sehr durch die Öffentlichkeit ging, war die Busspur auf der Rheinstraße und auch Ihre öffentliche Kritik an der Kommunikation. Wie ist denn seitdem das Verhältnis zu Frau Steinkrüger? Gab es danach eine Aussprache?

Der Kern meiner Kritik war, dass das Thema vorher nicht kommuniziert wurde, also weder intern an unsere Pressestelle oder andere Ämter der Verwaltung noch an externe Medien. Das habe ich danach auch nochmal klargestellt und Frau Steinkrüger darauf hingewiesen, dass wir da gerade beim Thema Verkehr, was ein sehr emotionales Thema ist, mit viel Fingerspitzengefühl nach draußen agieren müssen. Wir müssen immer frühzeitig klar machen, warum und weshalb.

Vielen Menschen war anfangs überhaupt nicht klar, warum das gemacht wurde. Wir sind nun mal in öffentlichen Ämtern und da muss man sich öffentlich äußern – gerade in diesem Fall, der an dem Wochenende einen großen Einfluss auf die Stadt hatte. Das war in dem Moment dann schon wichtig, öffentlich zu sagen, wie wir es in Zukunft machen. Mir ging es da allein um die Sache und ich wurde nicht persönlich. Und ich glaube, in öffentlicher Position sollte man nicht nachtragend sein, ich selbst bin das auch nicht. Es wird immer Konflikte geben und in der Politik wird es immer auch mal eine öffentliche Auseinandersetzung geben.

Apropos Frau Steinkrüger: Ursprünglich sollte das Anwohnerparken ja deutlich teurer werden, vielleicht künftig sogar statt 30 Euro 120 oder 360 Euro im Jahr kosten. Jetzt sagte Frau Steinkrüger aber, es gibt keine Mehrheit im Stadtrat und deshalb sollen die Gebühren eher moderat ansteigen. Ist das Ihrer Meinung nach der richtige Weg? Und wie bewerten Sie generell dieses Zurückrudern?

Es hat mich sicherlich auch überrascht. Ich werde das auch nochmal mit ihr besprechen. Das Thema kann man nicht komplett aus dem Wahlkampf raushalten und ich glaube aber auch nicht, dass sie es so gemeint hat. Man wird sich da sicherlich äußern in den nächsten Monaten, um klarzustellen, wie es aussieht. Ich persönlich glaube, dass wir für diesen öffentlichen Raum durchaus ein höheres Preisschild drauflegen müssen. Und ich hatte immer gesagt, irgendwo zwischen Wiesbaden – da sind es 120 Euro – und Freiburg, wo 430 Euro gefordert wurden, wird es sich dann einpendeln. Aber dann muss auch klar sein, was hat die Stadt davon? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wo man diese Mehreinnahmen einsetzen kann, etwa im ÖPNV oder zur Verbesserung des Parkraums. Und das bespreche ich auch mit Frau Steinkrüger und mit der PMG. Wir versuchen, da Konzepte und Ideen zu entwickeln und zu schauen, wie sie wirtschaftlich umsetzbar sind.

Fortsetzung

In Teil 2 unseres Interviews spricht OB Haase über neue Wohnräume, Tempo 30 in der Innenstadt und darüber, wie sich sein Leben seit Amtsantritt verändert hat.

Das Interview führten Ralf Keinath und Veronika Dyks.