Am Dienstagabend wurde bekannt, dass Timo Filtzinger als Mainzer Nachtbürgermeister zurückgetreten ist. Mit Merkurist sprach der frühere Nachtkulturbeauftragte darüber, wie es zu seinem Rücktritt kam. Dabei kritisierte er unter anderem die Zusammenarbeit mit Oberbürgermeister (OB) Nino Haase (parteilos). Dieser hat sich nun über die Pressestelle der Stadt gegenüber Merkurist zu den Kritikpunkten geäußert und die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen.
Wer hat Schuld am ausgefallenen Gastronomen-Stammtisch?
Unter anderem sagte Filtzinger, dass es im Jahr 2024 keinen Gastronomen-Stammtisch gegeben habe. Zwar sei schon ein Termin im Mai 2024 ins Auge gefasst worden, doch trotz mehrfacher Nachfrage von Filtzinger, ob er die Gastronomen einladen solle, habe es nie eine Antwort von Haase gegeben. Erst an dem vorgesehenen Tag selbst habe das OB-Büro angerufen und gefragt, ob der Stammtisch denn nun stattfinde. Da sei es für Filtzinger aber schon zu spät gewesen, um die Gastronomen einzuladen.
Wie Haase über die Pressestelle der Stadt Mainz mitteilen lässt, haben die Ereignisse aus seiner Sicht einen anderen Lauf genommen: Als das OB-Büro Filtzinger am 22. April 2024 für den geplanten Stammtisch am 7. Mai 2024 nach Themen gefragt habe, habe Filtzinger am 24. April geantwortet, dass er Themen sammeln und sich melden wolle. Er habe dann auch zwischen dem 2. und 4. Mai Themen geschickt. Am 6. Mai hätten jedoch das Büro und der Nachtbürgermeister gemeinsam beschlossen, den Stammtisch abzusagen, weil die Einladung zu kurzfristig sei.
Danach habe das OB-Büro einen zweiten Termin im Jahr 2024 angesetzt, für den 1. Oktober. Diesen habe Filtzinger am 26. September abgesagt, weil er keine Themen habe. Merkurist liegt ein Screenshot von der Mail vor, der Filtzingers Absage am 26.9. dokumentiert. „Für beide Veranstaltungen im Jahr 2024 lagen die Themen nicht rechtzeitig vor. Für die Zusammenstellung der Themen war Herr Filtzinger qua Amt zuständig“, heißt es aus der Pressestelle der Stadt.
Stadt: Haase engagiert sich für die Gastronomen
Generell konnten laut Stadt bei den Gastronomen-Stammtischen und abseits davon zwischen Haase, Filtzinger und den beteiligten Stadtmitarbeitern „gute Lösungen für Anliegen der Gastronomie gefunden werden“, zum Teil sei das auch sehr kurzfristig erfolgt. „Beispielsweise fand am 17. Juni ein geplantes Telefonat mit OB Haase und Herrn Filtzinger statt, in welchem das Thema der Angleichung der Außengastronomieöffnung an die Festzeiten der Johannisnacht angesprochen wurde, wie sie bereits seit vielen Jahren gefordert wurde. OB Haase nahm diesen Vorschlag auf und setzte diesen nachvollziehbaren Wunsch um“, heißt es in der Antwort. Die Rückmeldung sei in dringenden Fällen unmittelbar zwischen Oberbürgermeister und Nachtkulturbeauftragtem per Handy erfolgt. Merkurist liegt ein Screenshot vor, der bezeugt, dass Filtzinger und Haase sich kurzfristig am Handy zur Johannisnacht austauschten.
Haase habe sich also auch abseits geregelter Treffen für die Gastronomen eingesetzt, etwa beim Thema Caveau oder bei der Neuaufstellung der Bebauungspläne der südlichen Altstadt. Letztere solle „eine flexiblere Nutzung für Gastronomen ermöglichen“ und befinde sich nun in Vorbereitung.
Oberbürgermeister Haase sagt: „Eine Veranstaltung von sich aus abzusagen und sich dann über das Fehlen dieser Veranstaltung öffentlich zu beschweren, finde ich nicht fair. Ich empfand die bisherige die Zusammenarbeit als konstruktiv und erfolgreich. Neben schnellen Erfolgen wie beim Johannisfest 2024 haben wir auch langfristige Entwicklungen angestoßen, zum Beispiel die Anpassung der Bebauungspläne in Hinblick auf die Außengastronomie in der Altstadt. Ich wünsche Herrn Filtzinger beruflich und persönlich alles Gute.“
Interesse am Nachtbürgermeister
Darüber hinaus äußerte Filtzinger gegenüber Merkurist, dass in seinen Augen unter OB Haase das Interesse am Amt des Nachtbürgermeisters und auch die Wertschätzung dafür abgenommen habe. Was sagt Nino Haase zu diesem Vorwurf?
„Unsere lebendige Gastroszene und Nachtkultur ist ein Aushängeschild unserer Stadt. Die Institution des Nachtkulturbeauftragten ist für mich sehr bedeutend, da sie ein wichtiges Sprachrohr zwischen Gastronomie und Stadtverwaltung ist. Natürlich war in der Coronazeit mit den vielen Notverordnungen und den eiligen Hilfspaketen die Lage komplett anders. Die gute Zusammenarbeit mit der Gastronomie ist heute dennoch genauso wichtig. Deshalb hatte ich auch im Jahr 2024 regelmäßig Kontakt mit unserem Nachtkulturbeauftragten Timo Filtzinger – ob telefonisch oder per Kurznachrichtendienst – und war persönlich für ihn erreichbar. Regelmäßig besuchte ich ihn übrigens in seinem Ladengeschäft und fragte auch dort nach aktuellen Themen. Darüber hinaus hatten mein Büro und weitere Stellen in der Verwaltung Kontakt mit Herrn Filtzinger“, heißt es in der Antwort des Oberbürgermeisters.
Aber auch weitere Darstellungen Filtzingers zur Zusammenarbeit mit der Stadt kommentiert Haase. So hatte Filtzinger außerdem gefordert, dass die Stadt gemeinsam mit den Gastronomen in einem Brief an das Land appellieren solle, die Landesverordnung von 1971 zu reformieren. Diese lege den Gastronomen nämlich an vielen Stellen Steine in den Weg. Der städtischen Pressestelle zufolge hat Haase diese Idee bereits beim letzten Gastronomen-Stammtisch am 20. Januar 2025 vorgestellt, der Vorschlag sei allseits begrüßt worden.
Nachtbürgermeister als feste Stelle?
Doch warum wird das Ehrenamt des Nachtbürgermeisters von der Stadt nicht zur festen Stelle gemacht, wie Filtzinger es sich wünscht? Die Pressestelle antwortet darauf mit dem Hinweis, dass die Stadt Mainz bereits in der Wirtschaftsförderung eine Stelle geschaffen habe, die sich mit der Aufwertung der Innenstadt befasse und dabei Gastronomie und Handel in den Fokus nehme. „Der Wunsch, eine zentrale Ansprechperson in der Stadtverwaltung zu erhalten, war eine Anregung aus dem Kreis der Gastronom:innen. Die Stelleninhaberin wurde auf dem vergangenen Gastro-Stammtisch durch Oberbürgermeister Haase und Wirtschaftsdezernentin Matz den Gastronom:innen vorgestellt und steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung“, heißt es vonseiten der Stadt.
Dennoch macht Haase klar, dass er einen neuen Nachtbürgermeister für die Stadt haben möchte: „Wir wollen die Stelle des Nachtkulturbeauftragten nachbesetzen, haben aber zusätzlich die Wirtschaftsförderung gestärkt und dort eine Stelle für die Betreuung von Gastronomie und Handel in der Innenstadt geschaffen, die als Vollzeitstelle fest in der Verwaltung verankert ist“, sagt er. Um den vakanten Nachtbürgermeisterposten zu besetzen, könnte sich der OB wie vor fünf Jahren ein Interessenbekundungsverfahren vorstellen, aber auch für einen Vorschlag oder eine Wahl der Gastronomen ist der OB nach eigenen Angaben offen.