Dank des Biontech-Booms war Mainz kurzzeitig eine extrem wohlhabende Kommune. Doch die Zeiten, in denen der Biotechnologie-Konzern mit seinen Gewerbesteuer-Zahlungen die Stadtkassen praktisch im Alleingang füllte, sind schon wieder vorbei. Stattdessen rang die neue Kenia-Koalition aus Grünen, CDU und SPD lange um einen neuen Spar-Haushalt. Das Gerüst steht nun, endgültig vom Stadtrat abgesegnet werden soll der Haushalt in einer Sondersitzung am Dienstag (21. Januar). Ob die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den Entwurf abnimmt, ist allerdings noch unklar. Statt einer schwarzen Null sieht der neue Entwurf laut Ratsinformationssystem ein Minus von über 130 Millionen Euro im Ergebnishaushalt vor.
„Natürlich ist es ein Lowlight, wenn ein Haushalt nicht genehmigt wird.“ – Nino Haase
Im Gespräch mit Merkurist gibt der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haas (parteilos) zu: „Natürlich ist es ein Lowlight, wenn ein Haushalt nicht genehmigt wird.“ Die ADD hatte der Stadt Mainz früh klar gemacht, dass im Haushaltsentwurf deutlich nachgebessert werden müsse. Doch Haase sieht darin auch eine Chance, wie er sagt. „Es sorgt eben auch dafür, dass man sich ernsthaft hinsetzt und fragt: Wie viele Investitionen melden wir jedes Jahr an?“ Er selbst habe bereits zuvor kritisiert, dass ein Vielfaches dessen an Investitionen geplant worden sei, was überhaupt umsetzbar ist.
Auch andere Kommunen kämpfen
Wie Haase erklärt, betreffe das Haushaltsproblem aber nicht nur die Stadt Mainz. Stuttgart beispielweise plane mit einem Defizit von einer halben Milliarde Euro. „Selbst Städte wie Tübingen, die immer ausgeglichen waren, haben nun 70 Millionen Euro Defizit. Ähnliches gilt für Koblenz, Trier, Worms – mit 80 Millionen Euro Defizit“, so der OB.
Dafür, dass Mainz wegen der finanziell starken Biontech-Jahre 2025 keine Zuwendungen und Förderungen vom Land erhalte, stehe man vergleichsweise noch gut da, erklärt Haase. „Und offen gesagt: Die Finanzlage der Kommunen wird die nächsten Jahre auch nicht besser.“ Denn gerade bei den Kosten für Sozialleistungen gehe die Schere schnell weit auf. Geht es nach Haase, müsste dieser Punkt vor der Bundestagswahl im Februar eigentlich zentrales Wahlkampfthema werden. „Wir müssen nicht über eine Schuldenbremse auf Bundes- und Landesebene diskutieren, wenn wir dabei die Kommunen außeracht lassen.“
Haase: „Das interessiert mich nicht…“
Manche Pflichtaufgaben, wie in der Kinder- und Jugendhilfe, seien lediglich zu 30 Prozent durch Bundes- oder Landeszuweisungen gedeckt. Den Rest zahle die Stadt aus ihren Erträgen. „Das sind viele hundert Millionen pro Jahr, was einfach nicht mehr zu stemmen ist“, erklärt Haase. Genau das müsse nun vor der Bundestagswahl aber endlich deutlicher zur Sprache kommen. „Es geht nicht darum, wer wann welches Papier oder welche Kampagne geplant hat. Das interessiert mich, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht. Mich interessiert: Wie stellen wir unsere Kommunen handlungsfähig auf?“
Einen Lichtblick sieht der Mainzer Oberbürgermeister dennoch: Der Versuch, Forschung und weitere Biotechnologie-Unternehmen in Mainz anzusiedeln. Daraus ergebe sich für die Stadt eine echte „Perspektive“, auf die Haase setzt. Er sagt: „In vielen Regionen und Kommunen in Deutschland sieht das ganz anders aus.“ „Und wir sehen auch, dass unsere konservativen Planungen durchaus auch im Jahre 2025 Raum für positive Überraschungen geben.“