Spaziergänger, die momentan bei Hechtsheim, Laubenheim oder Bretzenheim spazieren gehen, werden sie kaum übersehen: Tote Krähen, die mitten im Feld an Pfählen aufgehängt wurden. Bei einigen Tieren wurde die Schnur an den Füßen befestigt, bei anderen sogar am Hals.
Wie die Tierschutzorganisation „PETA“ am Dienstag erklärte, hat sie Anzeige beim Amt für Veterinärwesen der Kreisverwaltung Mainz-Bingen sowie bei der Jagdbehörde der Stadt Mainz erstattet. Dabei geht es um mögliche Verstöße gegen seuchenschutzrechtliche Vorschriften, Belästigung der Allgemeinheit sowie die mögliche illegale Tötung des Tieres während der Schonzeit. Außerdem fordert die Organisation ein Verbot dieser Praxis.
Schockierender Anblick
„Der Anblick dieser Krähe schockiert jeden Menschen, dem Tiere am Herzen liegen. Diese ‚Vergrämungsmethode' mit den geschundenen Körpern toter Tiere muss umgehend verboten werden“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Sie ist nicht nur unethisch, sondern auch völlig wirkungslos.“ Außerdem sei es angesichts der aktuell grassierenden Vogelgrippe unverantwortlich, die Leiche eines Vogels zum langsamen Verwesen aufzuhängen (wir berichteten).
Andreas Köhr, Pressesprecher des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd e.V., verteidigt diese Praxis hingegen. „Die Bauern wissen sich oft nicht mehr zu helfen, wie sie die Krähenschäden abwenden können“, sagt er auf Anfrage von Merkurist. Daher sei das aus Sicht des Verbands eine legitime Abschreckungsmethode und zudem rechtlich konform.
Weder Tierschutz- noch Seuchenschutzbestimmungen verletzt
Tatsächlich wird die Anzeige von PETA wahrscheinlich wenig Erfolg haben: Bereits im vergangenen Jahr hatte die Tierschutzorganisation Anzeige beim Veterinäramt erstattet, wegen möglicher Verstöße gegen seuchenschutzrechtliche Vorschriften sowie Belästigung der Allgemeinheit. Grund war eine aufgehängte Krähe bei Mainz-Finthen. Die Landesjagdverordnung Rheinland-Pfalz gebe vor, dass Krähen bis Ende Juli Schonzeit hätten und daher im Mai nicht bejagt werden dürften, so PETA damals.
Daraufhin teilte das zuständige Veterinäramt dem SWR gegenüber mit, dass weder Tierschutz- noch Seuchenschutzbestimmungen verletzt worden seien. Nach Informationen des Senders habe es zuvor sogar Gespräche zwischen Landwirten und der Stadt Mainz gegeben sowie eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss.
Künftig gewöhnlicher Anblick?
Durch die strengen Auflagen und die Schussverbote seien die Möglichkeiten der Landwirte begrenzt, ihre Ernte zu retten, so Bauernverbandssprecher Köhr weiter. „Die Auflagen des Umweltministeriums sind wenig praxisnah.“ Alternativ müsse es Entschädigungen für die Ernteausfälle geben.
Die aktuell angewandte Methode sei sehr wirksam, da der tote Vogel den Krähen zeige, dass sie sich von dem Feld fernhalten sollten. „Die Landwirte versuchen jetzt alles, was irgendwie Erfolg verspricht und ihre Lebensgrundlage sichert“, sagt Köhr. „Wenn es andere Methoden geben würde, die wirkungsvoller wären, würden sicherlich viele von dieser drastischen Maßnahme absehen.“
Es könnte also sein, dass künftig die aufgehängten Krähen zum gewöhnlichen Anblick werden. Denn Köhr sagt auch, dass die Krähenpopulation immer weiter zunehme. Daher geht er davon aus, dass diese Methode nun öfter angewendet werden wird.