Nach der Stadtratssitzung Mitte Dezember kam für viele Immobilienbesitzer die erleichternde Nachricht: Die Grundsteuer B soll in Mainz vorerst doch nicht erhöht werden. Ursprünglich sollte der Hebesatz von 480 auf 600 Prozent angehoben werden. 20 Millionen Euro mehr sollten dadurch in die klamme Stadtkasse fließen.
Doch nachdem unter anderem Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) die Erhöhung kritisiert hatte, wurde ein Antrag der Koalition aus Grünen, CDU und SPD eingereicht, die Grundsteuer vorerst auf dem bisherigen Niveau zu belassen. Die Grundsteuer B müssen alle zahlen, die eine Immobilie gekauft oder gemietet haben oder ein unbebautes Grundstück besitzen.
650 statt bisher 200 Euro Grundsteuer
Doch nun kam für viele Mainzer Hausbesitzer der Schock: Laut ihrem Grundsteuerbescheid müssen sie teilweise das Vielfache ihrer bisherigen Steuerabgaben zahlen. Stefan H. etwa berichtet gegenüber Merkurist, dass einer seiner Brüder mehr als das Dreifache zahlen soll (650 statt 200 Euro). Im Bescheid seiner Eltern sind 880 statt wie bisher 360 Euro aufgeführt. Er selbst müsse für sein Reihenhaus in Gonsenheim mit 911 Euro doppelt so viel bezahlen (vorher: 446 Euro). Außerdem sei bei ihm der falsche Bodenrichtwert angesetzt worden, „nämlich mit dem ca. 66-fachen teureren Bodenrichtwert wie für das bebaute Grundstück berechnet“, so Stefan H. Das Finanzamt habe auf einen Widerspruch vor zwei Jahren noch nicht geantwortet.
Was also ist der Grund dafür, dass Hausbesitzer plötzlich so tief in die Tasche greifen müssen?
Stadt bestimmt Hebesatz
Verschickt werden die Grundsteuerbescheide mit der Zahlungsaufforderung von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde, die auch in einer letzten Stufe den Hebesatz bestimmt. Den Grundsteuerwert bei Wohngrundstücken ermittelt das Finanzamt. Darin berücksichtigt werden etwa Grundstücks- und Wohnfläche, das Baujahr des Gebäudes, eine fiktive Nettokaltmiete und der maßgebliche Bodenrichtwert. So erklärt es eine Sprecherin des Finanzamts Mainz auf Merkurist-Anfrage.
„Innerhalb einer Stadt wie Mainz ist seit der letzten Hauptfeststellung von 1964 eine deutliche Wertsteigerung eingetreten“, so die Sprecherin. Gutachterausschüsse hätten dazu neue Bodenrichtwerte ermittelt, außerdem würden sich die gesetzlich vorgegebenen Nettokaltmieten in der Steigerung widerspiegeln. Bei der Grundsteuerreform zugrunde gelegt wurden demnach die Wertverhältnisse und die tatsächlichen Verhältnisse, die am 1. Januar 2022 für das jeweilige Grundstück vorlagen. In dem Jahr fand die erste Hauptfeststellung nach dem reformierten Bewertungsrecht statt. Prinzipiell werden die Grundsteuerwerte in Abständen von je sieben Jahren festgestellt.
Höhe der Grundsteuer auch abhängig vom Alter des Hauses
Der Bodenrichtwert orientiere sich dabei an einem fiktiven, unbebauten Wert des Grundstücks, teilt das Finanzamt mit. Die Merkmale des Grundstücks würden weitgehend mit denen innerhalb der „Bodenrichtwertzone“ übereinstimmen. Die Richtwertzone ist ein festgelegtes Gebiet, in dem ein Bodenrichtwert gilt, also der durchschnittliche Wert für einen Quadratmeter Boden. In welchem Maß der Bodenrichtwert in die Wertermittlung eines Hauses einfließe, und damit in die Höhe der Grundsteuer, hänge etwa vom Alter des Gebäudes ab.
Wie die Stadt Mainz mitteilte, melden sich derzeit viele Menschen, die Fragen zu ihren Bescheiden haben. Auch das Finanzamt verzeichne eine erhöhtes Anrufaufkommen, so die Sprecherin. Die meisten Anfragen allerdings seien bereits Ende 2022 eingegangen, als die Grundlagenbescheide, also die Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide, verschickt wurden.
Einspruch möglich
Legt ein Hausbesitzer Einspruch gegen die Bewertung oder etwa die Höhe der Grundsteuer ein und prangert diese damit als verfassungswidrig an, stelle das Finanzamt zunächst die Bearbeitung zurück, bis eine „höchstrichterliche Entscheidung“ vorliege, so die Sprecherin. Der geforderte Betrag müsse aber dennoch zunächst gezahlt werden. Einsprüche gegen den Grundsteuerwert- oder Grundsteuermessbescheid würden von den Finanzämtern selbst bearbeitet. Sobald im Einzelfall berechtigte Gründe vorliegen würden, werde der Bescheid korrigiert.
In bestimmten Fällen könne aber dank eines Beschlusses des Bundesfinanzhofs im vergangenen Jahr erreicht werden, dass die Zahlung zumindest teilweise ausgesetzt wird. Dann müssen die Hauseigentümer jedoch auf eigene Kosten und innerhalb von zwölf Monaten Nachweise erbringen, etwa ein Gutachten oder ein Nachweis des Kaufpreises, wenn das Grundstück in den Jahren 2021 oder 2022 erworben wurde.
Berechnungsbeispiele dazu, wie sich das Verhältnis von Bodenrichtwert und Baujahr des Hauses auf den Grundsteuermessbetrag auswirken, findet ihr auf der Webseite des Finanzamts unter dem Punkt „Auswirkungen des Bodenrichtwerts und des Baujahrs auf den Grundsteuermessbetrag“.