Nach 136 Jahren ist Schluss: Das Mainzer Traditionsgeschäft Listmann wird zum Jahresende schließen. Bereits am vergangenen Donnerstag (30. Oktober) startete der Räumungsverkauf, auch die Filialen in Wiesbaden und Koblenz werden schließen.
Gegenüber der „Allgemeinen Zeitung“ hatte Inhaber und Geschäftsführer Oliver Listmann als Hauptgrund für die Schließung angegeben, dass es an einer Nachfolge fehle. „Wenn ich eine Zukunftsperspektive hätte, hätte ich es wahrscheinlich weiter durchgezogen. Aber ich bin jetzt 64 Jahre alt und habe keinen Nachfolger“, wird er zitiert. Für große Filialisten sei das Sortiment von rund 85.000 verschiedenen Artikeln zu schwer zu handhaben gewesen, für kleinere Händler sei das Geschäft wiederum zu groß gewesen.
Listmann habe außerdem von „herausfordernden Rahmenbedingungen“ gesprochen. Dazu zählten die Kaufzurückhaltung der Kunden aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten, erhebliche Preissteigerungen im Wareneinkauf sowie steigende Kosten für Energie, Mieten und Personal. Auch der Rückgang der Frequenz in der Innenstadt, die wachsende Konkurrenz durch den Online-Handel und neue Vertriebsstrategien der Lieferanten hätten zur Entscheidung beigetragen.
Die Nachfolge im Laden in der Schöfferstraße ist bisher noch nicht geregelt. Dort sitzt Listmann erst seit dem Jahr 2000. Wir geben euch einen Überblick, wo das Unternehmen in den Jahrzehnten zuvor saß.
Zerstörung und Wiederaufbau
Gegründet wurde die Firma am 31. Januar 1889 von Friedrich Listmann und Johann Stellwagen als Großhandel für Eisenwaren und Baubeschläge am Mainzer Tritonplatz/Fuststraße, wie es auf der Webseite heißt. Wegen des schnellen Wachstums zog das Unternehmen bereits 1898 in ein größeres Geschäftshaus in der Schillerstraße.
Ein schwerer Einschnitt in der Firmengeschichte war der Zweite Weltkrieg. Bei einem Luftangriff auf Mainz am 27. Februar 1945 wurde das Stammhaus in der Schillerstraße vollständig zerstört. Fritz Listmann, Vertreter der zweiten Generation, kehrte 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und begann mit dem Wiederaufbau des Unternehmens an einem provisorischen Standort in der Grebengasse.
Um die schlechte Warenversorgung in der französischen Besatzungszone zu umgehen, wurde 1947 eine Außenstelle in Wiesbaden-Biebrich gegründet, das zur amerikanischen Zone gehörte. Nach Abschluss der Wiederaufbauarbeiten am alten Standort zog das Unternehmen 1956 zurück in die Mainzer Schillerstraße.
Wandel und Expansion
Im Jahr 1967 leitete die Firma einen Wandel ein und eröffnete einen der ersten Selbstbedienungsmärkte für Bau- und Heimwerkerbedarf in Deutschland. Gleichzeitig entstand die erste Abteilung für Bastel- und Handarbeitsbedarf, die den Grundstein für das heutige Sortiment legte. 1982 wurde der Einzelhandel vom Großhandel getrennt und zog in neue Verkaufsräume am Mainzer Markt. Das folgende Bild aus dem Jahr 1982 stellte uns das Unternehmen zur Verfügung:
Unter der Führung von Oliver Listmann, der seit 1988 im Unternehmen ist und es in vierter Generation leitet, expandierte die Firma weiter. Es entstanden spezialisierte Filialen für Bastel- und Künstlerbedarf in Wiesbaden (1994), Koblenz (1996) und Aachen (2002). Auch in den 1990er-Jahren blieb Listmann zunächst am Mainzer Markt, wie dieses Bild aus dem Jahr 1993 zeigt. Heute sitzt dort das Modehaus Sinn, nachdem die Fassaden des alten Listmann-Sitzes am Markt 19 und 21 im Jahr 2003 wiederhergestellt und die Fassaden am Markt 23-29 neu gestaltet worden waren.
Das Mainzer Stammhaus von Listmann zog im Jahr 2003 in die Schöfferstraße 12. Zuletzt wurde dort 2019 die Verkaufsfläche erweitert und 2023 eine Abteilung für edle Schreibgeräte eingerichtet. Noch in diesem Jahr endet die 136-jährige Geschichte von Listmann in Mainz.