Streit um Gender-Sprache: Wie gehen örtliche Behörden damit um?

Beim Thema Gendern scheiden sich die Geister. Während die einen es befürworten, fürchten andere, die Verständlichkeit der deutschen Sprache könnte darunter leiden. Wie sieht es in Rheinland-Pfalz auf Verwaltungsebene aus, wird Gendern hier Pflicht?

Streit um Gender-Sprache: Wie gehen örtliche Behörden damit um?

Um möglichst alle Geschlechter und Identitäten in die Sprache miteinzubeziehen, nutzen immer mehr Behörden zum Gendern bestimmte Zeichen. Viele Bürger lehnen jedoch die Schreibweise mit dem Doppelpunkt (Leser:innen) beziehungsweise dem Unterstrich (Leser_innen) oder dem Sternchen (Leser*innen) ab.

In Hessen ist man nun soweit, dass die neue Landesregierung gar ein „Genderverbot“ durchsetzen will. So heißt es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD dazu: „Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt (wir berichteten).“ Doch wie sieht es beispielsweise bei den Behörden in Rheinland-Pfalz beziehungsweise in Mainz aus? Wie geht man hier mit dem Gendern um?

Gendern gilt für alle Mitarbeiter

Bei der Stadt Mainz jedenfalls hat man sich 2020 dazu entschieden, über die bisherigen Sprachregelungen hinaus gendergerecht zu formulieren und dazu den Doppelpunkt einzuführen. Wie auf der Internetseite der Verwaltung zu lesen ist, komme der Doppelpunkt zum Einsatz, „wenn die Adressat:innen oder die Personen, an die oder über die geschrieben wird, nicht näher definiert werden können“. Mittel der ersten Wahl seien jedoch „genderneutrale Begriffe, wie zum Beispiel Partizipformen, wenn sie gut klingen“, heißt es auf der Website – also Formen wie Radfahrende, Studierende oder Anwohnende. Weitere Hinweise zum Gendern können der Broschüre „Fairständliche Verwaltungssprache“ entnommen werden, die dort zum Download bereit steht.

Wie Stadtsprecherin Sarah Heil erklärt, ergebe sich daraus die Empfehlung, zu gendern beziehungsweise geschlechtsneutral zu formulieren. Das gelte für alle Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Doch wie sieht es beim verwaltungsinternen Sprachgebrauch aus? „Auch verwaltungsintern wird gegendert beziehungsweise geschlechtsneutral formuliert, aber sicher nicht in letzter Konsequenz immer und überall“, erklärt Heil. Sprache wandele sich, Neuerungen bräuchten Zeit, um sich zu etablieren, gerade im alltäglichen gesprochenen Wort. Negative Kritik für den Einsatz der Gendersprache erhält die Verwaltung offenbar kaum. „Ganz selten erhalten wir Feedback, dass Bürger:innen eine genderneutrale Sprache nicht begrüßen, es ist aber wirklich sehr sehr selten der Fall“, so Heil. Dagegen stehe auch das ein oder andere positive Feedback.

Thema auf Landesebene „festgefahren“

Während also auf der städtischen Verwaltungsebene schon längere Zeit gegendert wird, sieht es auf Landesebene zumindest noch anders aus. So erklärt Regierungssprecherin Andrea Bähner auf Anfrage von Merkurist, dass eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe derzeit einen Vorschlag zur Umsetzung der gendergerechten Sprache in der Landesverwaltung erarbeite. Wie der SWR jedoch unlängst berichtete, konnten sich SPD, Grüne und FDP bislang nicht einigen, eine gendergerechte Sprachregelung für die Verwaltung einzuführen. So soll sich eine regierungsinterne Arbeitsgruppe unter Leitung der Staatskanzlei bei dem Thema „festgefahren“ haben. Das Thema ist laut SWR von Anfang an ein „Herzensanliegen der Grünen“ gewesen. Deren Co-Landesvorsitzende Natalie Cramme-Hill sagte dem Sender noch im November, dass das Gender-Thema derzeit keine Priorität habe.

Es sei den Grünen zwar sehr wichtig, aber in Zeiten von Krieg, Inflation und einer steigenden Zahl von Geflüchteten hätten die Menschen kein Verständnis dafür, wenn sich Politik mit gendergerechter Sprache beschäftigen würde, so Cramme-Hill gegenüber dem SWR. Das bedeute aber keineswegs, dass das Thema abgehakt sei.