Gebühr für Mainzer Obdachlose? Trabert-Verein kritisiert Pläne scharf

Ab Juli sollen Obdachlose in Unterkünften der Stadt Mainz grundsätzlich eine Gebühr zahlen. Der Verein „Armut und Gesundheit“ findet scharfe Worte gegen die Pläne.

Gebühr für Mainzer Obdachlose? Trabert-Verein kritisiert Pläne scharf

Wer in Mainz obdachlos ist und in einer städtischen Unterkunft übernachten will, muss künftig mit höheren Kosten rechnen. In einer Beschlussvorlage ist die Rede davon, die „Nutzungsgebühren“ anzupassen.

So sollen die Menschen an den Kosten für Miete, Betriebs- und Heizkosten sowie Ausstattungen beteiligt werden. Abhängig sei die Gebühr davon, in welcher Weise die jeweilige Unterkunft genutzt und welches Konzept hier verfolgt werde. So soll künftig ein Notschlafplatz im „NachtRaum“ pro Nacht 1,60 Euro kosten, für die „Unterkunft Plus“ werden 11,20 Euro fällig, für eine Übergangsunterkunft 8 Euro. Die Stadt erhofft sich dadurch Mehreinnahmen (wir berichteten).

Scharfe Kritik an Stadtverwaltung

Der Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ (a+G) hat in einem Schreiben am Freitag die Pläne der Stadt Mainz nun scharf kritisiert. Man fordere eine „differenzierte Betrachtung bei der geplanten Satzung“. Ein niedrigschwelligen Zugang zu Übernachtungen, wie sie die aktuelle Versorgungsstruktur in Mainz biete, sei für wohnungslose Menschen „immanent wichtig“, heißt es in dem Schreiben weiter. Zwar sei verständlich, dass die Stadtverwaltung Handlungsbedarf sehe und einheitliche Regelungen als notwendig erachte. Doch diese sollten nicht „zulasten der wohnungslosen Menschen gehen“.

Der Verein fordert daher, dass eine kurzfristige Notfallunterbringung prinzipiell kostenlos bleiben soll. „Manche Menschen, die unterhalb des Existenzminimums leben und ihr Leben zum Beispiel durch Flaschensammeln bestreiten, haben noch nicht einmal Geld für rezeptfreie Erkältungsmedikamente“, so der Arzt Dr. Sebastian Schink, der regelmäßig mit dem Arztmobil unterwegs ist. „Sie können sich auch keine Busfahrkarte bis zur Unterkunft leisten. Solche Kosten übernimmt unser Verein oft durch Spendengelder.“

Langfristige Unterkünfte kostenpflichtig?

Jedoch, so heißt es weiter, könne aus Sicht des Vereins eine mittel- oder langfristige Unterbringung mit Kosten für die Nutzer verbunden sein, wenn sie gleichzeitig an das Sozialsystem angebunden sei. Die Kosten sollten dann von den Angeboten abhängig gemacht werden, also etwa von Essens- und Beratungsangeboten.

„Diese differenzierte Betrachtung ist notwendig, weil wohnungslose Menschen unterschiedliche Lebenssituationen aufweisen“, sagt dazu Sozialarbeiterin Nele Wilk. Denn manche Menschen hätten gar keinen Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung. „Sie fallen durch das Netz unseres Sozialversicherungssystems.“ Daher habe der Verein a+G selbst auch spezielle Wohnangebote für diese Menschen geschaffen. „Wir wollen damit verhindern, dass diese Menschen krank auf der Straße leben müssen.“

A+G wünscht sich Kooperation mit Stadt

Wilk hätte sich gewünscht, dass solche Konzepte gemeinsam mit anderen Akteuren erarbeitet werden, die in der Obdachlosenhilfe tätig seien. „Auf diese Weise kann ein einheitliches und aufeinander abgestimmtes Konzept für die unterschiedlichen Angebote erreicht werden.“

Daher appelliert der Verein an die Mitglieder des Mainzer Stadtrats, den bestehenden Antrag nicht anzunehmen. Stattdessen soll erreicht werden, dass eine neue Konzeption entwickelt werde, „in Kooperation mit allen Beteiligten“. Und weiter sagt Wilk: „Wir stehen gerne zur Verfügung und freuen uns auf die Zusammenarbeit!“

Bei seiner nächsten Sitzung am 9. April soll der Stadtrat nun über die Beschlussvorlage abstimmen.

Hintergrund

Der Verein Armut und Gesundheit in Deutschland wurde 1997 unter anderem von dem Arzt Gerhard Trabert gegründet. Er setzt sich für wohnungslose Menschen in der Stadt ein. Schwerpunkte sind gesundheitliche Versorgung und Beratung. So soll eine Rückkehr in das Sozialsystem begleitet werden. Unterkunftsmöglichkeiten bietet der Verein im Haus Bahar, in mehreren Genesungszimmern sowie bei speziellen Möglichkeiten für FLINTA*-Personen und für erkrankte wohnungslose Menschen.

Alle wichtigen Informationen zu dem Thema findet ihr im folgenden Artikel: