Die Nachricht der Mainzer Stadtverwaltung kam am Montag, da war es schon geschehen: Alle verbliebenen Wildschweine im Wildpark Mainz-Gonsenheim sind von einem Jäger erschossen worden. Grund für die Maßnahme sei die Afrikanische Schweinepest gewesen. Denn bei Oppenheim, auf der Mariannenaue und am Ufer bei Ingelheim seien bereits positiv getestete Tiere gefunden worden.
„Auf dringende Empfehlung des Veterinäramtes des Landkreises Mainz-Bingen“ hin habe man daher zu dieser drastischen Maßnahme gegriffen. Die Gefahr, dass sich die Gonsenheimer Wildschweine beim Füttern durch Besucher mit der Tierseuche infizieren und dann qualvoll verenden, sei zu groß gewesen. Und: Hätte sich ein Tier infiziert, wären Absperrungs- und Betretungsverbote die Folge gewesen. Alternative Lösungen hätten „keine letzte Sicherheit geboten“, etwa ein Transport an einen anderen Ort oder ein Stall, den die Stadt als „nicht artgerecht“ bewertete.
Waren es „Nottötungen“?
Viele Mainzer zeigten sich empört über die Entscheidung der Stadt, die Tiere zu töten. Einige fragen sich, warum sie stattdessen nicht freigelassen wurden oder ein Fütterungsverbot erlassen wurde, wie etwa in der Wiesbadener Fasanerie. Hier wurde wegen der Maul- und Klauenseuche ein direkter Kontakt zu einigen Tieren untersagt. Zudem ist das Wildschweingehege in Mainz von einem hohen und doppelten Zaun umgeben und ein direkter Kontakt so kaum möglich.
Laut Tierschutzgesetz seien Nottötungen von Tieren im Fall einer Tierseuche wie der Schweinepest nur dann zulässig, wenn „ein eindeutig labor-diagnostischer Nachweis“ über die Infektion vorliege, teilt der Deutsche Tierschutzbund auf Anfrage von Merkurist mit. So soll verhindert werden, dass sich die Seuche ausbreitet. Das bedeute aber auch: Das Töten von Tieren, die lediglich infiziert werden könnten, sei „aus Tierschutzrecht nicht akzeptabel“, so Kerstin van Kan aus der Pressestelle.
Zwar sieht auch der Tierschutzbund ein hohes Risiko darin, dass sich die Seuche sowohl bei Haus- als auch Wildschweinen weiter verbreiten kann. „Das wäre fatal.“ Dennoch dürfe die Tötung von Tieren, auch im Seuchenfall, immer nur die letzte Maßnahme sein.
Verbote als Alternative?
Stattdessen könnte zum einen dafür gesorgt werden, dass der direkte Kontakt mit infizierten Tieren verhindert wird, zum anderen könnte ein Fütterungsverbot verhängt werden. Damit dieses Verbot auch eingehalten werde, solle man den Bereich, in dem sich die Tiere befinden, von dem Besucherbereich strikt trennen, zum Beispiel durch eine doppelte Einzäunung, so van Kan. Im Zweifelsfall könnten Parks auch komplett geschlossen werden, um das Risiko zu minimieren. Ställe für Tiere, die diese nicht gewohnt seien, stuft auch sie als „nicht tiergerechte Maßnahme“ ein.
Van Kan sagt allerdings darüber hinaus, dass aus der Ferne kaum einzuschätzen sei, welche Maßnahmen im Mainzer Wildpark zielführend gewesen sein könnten.
Auch in anderen Wildparks Wildschweine getötet
Der Mainzer Wildpark ist nicht der einzige, in dem Wildschweine erschossen wurden. Laut van Kan wurden etwa in Warstein bereits im Oktober alle Wildschweine wegen der Afrikanischen Schweinepest gekeult, ebenso wie in der „alten Fasanerie“ in Hanau. Auch hier war die Gefahr, dass Besucher die Seuche einschleppen, als so hoch angesehen worden, dass vorsorglich alle Wildschweine getötet wurden.
Infektionen mit Afrikanischer Schweinepest auch im Lennebergwald möglich?
Ein Risiko besteht nicht nur für die Wildschweine im Wildpark, sondern auch etwa im Lennebergwald, der direkt an den Wildpark grenzt. Denn auch hier leben Wildschweine, genauso wie im Ober-Olmer Wald. Diese könnten sich ebenso mit der Tierseuche infizieren, sagt Rainer Michalski von der NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe. „Wildschweine legen auf ihren nächtlichen Wanderungen durchaus auch mal längere Strecken von etlichen Kilometern zurück und sie können gut schwimmen“, so Michalski. Infiziert sich ein Schwein, erkrankt aber nicht direkt, könnten sich über seine Ausscheidungen auch andere Tiere infizieren.
Außerdem könnten Menschen auch hier für eine Infektion sorgen, etwa wenn sie zuvor Kontakt mit infizierten Tieren hatten. „Oder wenn sie Lebensmittelreste im Wald liegen lassen, die von infizierten Tieren stammen, und die dann von den Wildschweinen gefressen werden“, so der NABU-Experte weiter.
Denn der Mensch zählt weiterhin als Hauptrisiko für den Eintrag der Schweinepest. Doch während die Krankheit für Menschen nicht gefährlich ist, verläuft sie für Schweine in fast allen Fällen tödlich.