Pfeddersheimer Löwen-Apotheke schließt nach fast 200 Jahren

Aus für ein Wormser Traditionsgeschäft: Noch vor Ostern wird Inhaberin Eva Gröne ihre Löwen-Apotheke in Worms-Pfeddersheim schließen. Im Merkurist-Gespräch verrät sie, was sie zu dieser Entscheidung bewogen hat.

Pfeddersheimer Löwen-Apotheke schließt nach fast 200 Jahren

Noch wenige Tage, bis Eva Gröne die Türen der 199 Jahre alten Löwen-Apotheke in Worms-Pfeddersheim endgültig schließen wird. Die Kunden bleiben nicht aus, das Team ist dünn besetzt. „Es ist viel zu tun“, sagt die Inhaberin. Selbst nach Ladenschluss steht sie weiterhin am Tresen und arbeitet am Rechner, um vor der Schließung alles Nötige zu organisieren. Am Gründonnerstag (17. April) ist die Apotheke zum letzten Mal geöffnet.

Enger Kontakt zu Kunden

Der Wormserin falle ihr Entschluss nicht leicht. Übernommen hat Gröne die Pfeddersheimer Apotheke wenige Jahre nach ihrem Pharmazie-Studium am 1. Mai 2005. 20 Jahre später wird sie den Schlüssel am 30. April 2025 nun abgeben, die Lagerbestände übernimmt ein Kollege, berichtet Gröne. Ihre Leidenschaft sei, Menschen mit gesundheitlichem Rat zur Seite zu stehen. Pro Tag würden etwa 70 bis 80 Personen die Löwen-Apotheke aufsuchen, schätzt Gröne. Davon würde die Inhaberin, wie sie selbst sagt, sogar fast alle ihrer Kunden beim Namen kennen.

Mit den Jahren seien dabei zahlreiche Anekdoten zusammengekommen: beispielsweise über eine Kundin, die wegen eines Hautausschlags an ihren Händen zuvor erfolglos mehrere Ärzte aufgesucht habe. Die Ursache lag an ihren neuen Gartenhandschuhen, gegen die sie offenbar allergisch reagierte, berichtet Gröne. Da die Apothekerin selbst von der Allergie betroffen sei, sei sie auf den Gedanken gekommen. „Es freut mich, wenn ich helfen kann“, sagt Gröne. „Auch wenn man sprichwörtlich um die Ecke gedacht auf die Lösung kommt.“

Schlüsselmoment in ihrer Laufbahn

Die Lebensmittelunverträglichkeiten ihrer beiden Kinder hätten Gröne schließlich dazu gebracht, sich intensiver mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen. Die Wormserin hat sich deswegen zur Ernährungscoachin weitergebildet. Ein Schlüsselmoment, der sich auf ihr berufliches Leben ausgewirkt habe: „Wir essen viel zu viel Müll und achten nicht ausreichend auf unsere Körpergesundheit.“ Konkret seien damit zu viel Ungesundes, zu wenig Gemüse und viele „schlechte Kohlenhydrate“ gemeint – aber auch fehlende Bewegung.

Erkrankungen wie Diabetes seien das Sinnbild dieser Entwicklung. Laut der Deutschen Diabetes-Gesellschaft erhalten jedes Jahr mehr als eine halbe Million Erwachsene in Deutschland neu die Diagnose „Diabetes Typ 2“. Die Gesamtzahl liegt mittlerweile bei rund 9 Millionen Menschen, hinzu kommen rund 15 bis 20 Millionen Menschen mit Prädiabetes, der Vorstufe zu Diabetes Typ 2. Deutschland liegt damit über dem Weltdurchschnitt.

Kampf gegen Diabetes

Mit dieser Realität ist die Apothekerin auch in ihrem Alltag konfrontiert. Sie berichtet etwa von einer Kundin und ihrem achtjährigen Kind, die beide an Diabetes Typ 2 erkrankt seien. Gröne mache das besonders traurig, da Diabetes Typ 2 maßgeblich durch die eigene Ernährungsweise entsteht. Die Apothekerin sei davon überzeugt, dass Betroffene diese Form des Diabetes durch eine gesündere Lebensweise mit wenig Kohlenhydraten, viel Bewegung und viel Gemüse auch ohne Medikamente in den Griff bekommen könnten. In der Forschung gebe es vielversprechende Studien, die diesen positiven Effekt der Lebensumstellung bestätigen.

„Betroffene brauchen das Zutrauen von anderen und von sich selbst, dass sie es schaffen können“, sagt Gröne. „Sie brauchen reale Vorbilder und das Wissen einer gesunden Ernährungsweise. Wie sollen sie sonst wissen, dass ihre Ernährung Diabetes fördert?“ Manche ihrer Kunden hätten ihren Diabetes mit einer radikalen Ernährungsumstellung und mehr Bewegung in den Griff bekommen.

Apotheken-Sterben in Deutschland?

Deshalb möchte sich Gröne künftig als selbstständige Ernährungsberaterin genau darauf fokussieren. Auf diese Weise könne sie zielgerichteter wirken als in der Apotheke, wo es hauptsächlich um den Verkauf von Medikamenten gehe. Stattdessen will sie auf das Motivieren und die Wissensvermittlung setzen. Das komme in der Apotheke zu kurz, findet Gröne.

Hinzu kämen hohe gesetzliche Auflagen und wenig Unterstützung aus der Politik für Apotheken, so Gröne. Viele ihrer Kollegen sähen es ähnlich. Auch der Apothekerverband schlug im Januar Alarm: Die Zahl der Apotheken befindet sich auf einem Rekordtief, es schließen so viele Filialen wie noch nie. Zukünftig soll sich der Rückgang noch beschleunigen.

Was nach der Schließung mit der Löwen-Apotheke passieren wird, ist noch ungewiss. Für Gröne selbst folge zunächst eine Auszeit, ehe sie als Ernährungsberaterin durchstarten möchte. Vor allem ab Ostern wolle sie wieder mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen – denn das sei der Mutter zuletzt deutlich zu kurz gekommen.