Hitzige Diskussion um Bezahlkarte für Asylbewerber im Wormser Stadtrat

Soll Worms die landeseinheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber einführen? Darüber hat der Stadtrat bei seiner letzten Sitzung am Mittwoch abgestimmt. Zuvor gab es scharfe Diskussionen.

Hitzige Diskussion um Bezahlkarte für Asylbewerber im Wormser Stadtrat

Am Mittwoch (25. Juni) ist im Wormser Stadtrat heftig darüber diskutiert worden, ob die landeseinheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber eingeführt werden soll. Eingebracht hatte die Beschlussvorlage der Sozialausschuss unter Vorsitz von Sozialdezernent Waldemar Herder (SPD).

Heftiger Streit im Wormser Stadtrat

Dass der Sozialausschuss sich für die Bezahlkarte entschied, begründete Herder am Mittwoch folgendermaßen: Man wolle keine Insellösung schaffen, sondern die gleichen Parameter wie die Kommunen im Umland haben. Das spreche für die Bezahlkarte, denn die Landkreise Alzey-Worms und Mainz-Bingen hätten bereits beschlossen, sie einzuführen. Außerdem verwies er darauf, dass die Bezahlkarte Schleuser einschränken könne.

Daraufhin brach eine hitzige Diskussion aus, viele Ratsmitglieder meldeten Redebedarf an. Leonhard Schmitt, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, sagte, er habe „große Probleme mit dem bevormundenden Element“ der Karte. Damit kritisierte er, dass IBAN-Nummern bei dem Bezahlkartensystem in Worms ausschließlich auf Antrag bei nachweislichem Bedarf vergeben werden sollen. Nur Bezahlkarteninhaber, die von der Verwaltung danach auf eine „positive Liste“ gesetzt werden, könnten also Überweisungen tätigen. Schmitt sieht darin den Beweis dafür, dass die Bezahlkarte auf populistischen Forderungen beruhe, denn nur sieben Prozent der derzeitigen Asylbewerber würden laut Statistik überhaupt Geld ins Ausland schicken. Er betonte außerdem, dass der Beirat für Migration und Integration sich klar gegen die Einführung der Karte ausgesprochen habe.

Bezahlkarte auf Überwachung ausgelegt?

Rückenwind bekam Schmitt von Linken-Stadträtin Isabell Lieffertz. Sie nannte die Karte „Schikane“, da sie auf Überwachung ausgelegt sei. Es handele sich um reine Symbolpolitik, denn von den sieben Prozent, die überhaupt Geld ins Ausland senden würden, seien die meisten berufstätig und kämen daher für die Bezahlkarte überhaupt nicht infrage. Auch Herders Fraktionskollege Carlo Riva (SPD) sprach davon, dass mit der Karte eine Klassifizierung von Menschen eingeführt werde. Darum wolle er sich enthalten.

Herder gab zurück, dass die Bezahlkarte keine Entmündigung darstelle. Denn wofür das Guthaben darauf ausgegeben würde, entscheide der Inhaber schließlich immer noch selbst. Außerdem wies er den Vorwurf der Schikane zurück. „Die Verwaltungsmitarbeiter wollen zugewandt sein und haben sich viele Gedanken gemacht“, sagte er. Der Sozialausschuss wolle aber auch, dass anstehende Punkte abgearbeitet würden. Nach der Einführung könne es immer noch sehr lange dauern, bis die Bezahlkarte wirklich bereitgestellt werde, und man wolle sie deshalb zeitnah bei der zuständigen Stelle bestellen.

FDP-Fraktionsvorsitzender Jürgen Neureuther argumentierte außerdem, dass der „Pull-Faktor“ mit der Bezahlkarte reduziert werden könne. Aus anderen Ländern, in denen es die Bezahlkarte bereits gebe, wisse man, dass Ausreisen zunehmen würden. Schmitt setzte dem entgegen, dass die Betroffenen zugewiesen würden und gar nicht frei entscheiden könnten, in welche Stadt sie kämen.

Teures „Bürokratiemonster“?

Außer der ethischen Seite wurde auch der Bürokratieaufwand um die Einführung der Bezahlkarte scharf diskutiert. Grünen-Politikerin Carolin Cloos etwa sagte, dass „ein Bürokratiemonster“ geschaffen werde: Die Ausgabe der Karten und die Verwaltung der mit ihnen verbundenen Anträge verursache einen horrenden Aufwand. Lieffertz verwies zudem darauf, dass der bürokratische Mehraufwand zumindest richtig evaluiert werden müsste, bevor die Einführung der Karte beschlossen werde.

Herder entgegnete, dass der Zweck der Karte kein praktischer sei: „Macht die Bezahlkarte mehr Aufwand? Kostet sie mehr? Beides ist nicht das Ziel.“ Stattdessen werde die Karte aus migrationspolitischen Gründen eingeführt.

Letztlich musste entschieden werden, dass es keine weiteren Wortbeiträge mehr geben könne. Oberbürgermeister Adolf Kessel (CDU) begründete die Entscheidung damit, dass diese Diskussion im Fachausschuss schon ausführlich geführt worden sei und dort auch hingehöre.

Einführung letztlich beschlossen

Trotz des Streits hat der Stadtrat die Einführung der Bezahlkarte letztlich mit großer Mehrheit beschlossen: Von 48 stimmberechtigten Anwesenden stimmten 39 dafür, fünf dagegen und drei Ratsmitglieder enthielten sich.

+++Transparenzhinweis+++

In einer ersten Fassung dieses Textes haben wir einen Betrag als Bezahlkartenguthaben erwähnt, mit dem während der Sitzung hypothetisch diskutiert wurde. Dabei handelte es sich nicht um die Standardeinzahlung, weshalb wir die Stelle entfernt haben. Richtig ist, dass laut Beschlussvorlage Folgendes vorgesehen ist: „Die Bargeldauszahlung für den Haushaltsvorstand beträgt mtl. 130,00 €, für jede weitere Person des Haushalts mtl. 50,00 €.“