Als im April 2002 eine 45-jährige Mutter in einem kleinen Stadtteil von Worms ermordet wird, ist die Erschütterung groß. Mehr als zwei Jahrzehnte später hat sich der ZDF-Podcast „Aktenzeichen XY… Unvergessene Verbrechen“ nun erneut mit dem Fall beschäftigt. Zusammen mit dem ehemaligen Mainzer Kriminalpolizisten Gerhard Wermter und einem Fingerabdruck-Spezialisten erzählen XY-Moderator Rudi Cerne und seine Kollegin Conny Neumeyer, wie die Ermittler den Täter schließlich fassen konnten: mit Geduld, moderner Kriminaltechnik und einem entscheidenden Zufall.
Routine-Tag endet in Tragödie
Am Morgen des 25. April 2002 scheint für Familie Schneider (Name geändert) zunächst alles normal zu verlaufen. Die beiden Töchter, elf und 14 Jahre alt, gehen zur Schule, die Mutter bleibt zu Hause. Nachmittags sind die Mädchen wie üblich zum Mittagessen bei den Großeltern eingeladen. Als sie später nach Hause zurückkehren, treffen sie vor ihrem Haus auf einen fremden Mann mit auffälliger Zahnfehlstellung. Er behauptet, Gartenarbeiten erledigt zu haben, und bittet um eine Wasserflasche und ein Glas, das er angeblich im Haus vergessen habe. Die ältere Tochter bringt ihm das Gewünschte, der Mann verschwindet.
Im Haus bemerken die Mädchen Unordnung und die Abwesenheit ihrer Mutter. Gemeinsam mit ihrem Großvater entdecken sie schließlich die schreckliche Wahrheit: Die Mutter liegt tot in der Badewanne. Die Polizei stellt fest, dass sie geschlagen, gefesselt und ertränkt wurde. Wertsachen fehlen, darunter ein Goldbarren und Eheringe.
Schwierige Spurensuche
Schnell konzentrieren sich die Ermittlungen auf den fremden Mann, den die Töchter gesehen haben. Ein Phantombild wird veröffentlicht, doch zunächst bleibt die Identität des Verdächtigen unbekannt. Am Tatort sichern die Ermittler einen blutigen Teilfingerabdruck am Rahmen der Terrassentür. Zudem tauchen an einer Autobahnraststätte zerrissene Dokumente aus dem Besitz des Opfers auf – auch darauf finden sich Fingerabdrücke.
Die Hoffnung, den Täter über diese Spuren zu finden, erfüllt sich zunächst nicht. Der Abdruck ist nur teilweise verwertbar, und der Mann ist in keiner Datenbank erfasst. Die Polizei sucht weiter nach Zeugen, analysiert den Ablauf der Tat und prüft das Umfeld des Opfers. Auch der anonyme Versand eines gestohlenen Bibliotheksausweises nach Mannheim bringt keinen Durchbruch.
Entscheidende Spur durch Zufall in Wales
Erst Jahre später, im November 2007, kommt Bewegung in den Fall: Nach einem Fall von häuslicher Gewalt in Wales werden Fingerabdrücke eines Mannes genommen und europaweit abgeglichen. Sie stimmen mit den Spuren vom Wormser Tatort überein. Der Verdächtige: ein Brite, der zur Tatzeit in Deutschland lebte. Die Staatsanwaltschaft in Deutschland erlässt einen internationalen Haftbefehl gegen ihn.
Im Februar 2008 reisen Kriminalbeamte der Mainzer Polizei nach London, um den Mann persönlich abzuholen. Wie der damalige Ermittler Gerhard Wermter im Podcast berichtet, war der Flug mit dem Verdächtigen eine besondere Herausforderung: Obwohl der Mann wegen Mordes festgenommen worden war, darf er auf Anweisung des Piloten während des Linienflugs nicht gefesselt werden. Diese Situation sorgt bei den Beamten für Anspannung, da der Brite als bullig, resolut und als Fußball-Hooligan mit gefürchteten Kopfstößen bekannt ist. Trotzdem verläuft der Flug ohne Zwischenfälle – Wermters einzige Aufgabe: den Verdächtigen sicher nach Mainz zu bringen.
Prozess und Verurteilung nach Jahren
Zurück in Mainz setzen die Ermittler bei der Vernehmung auf eine spezielle Taktik. Ein Kollege begegnet dem Verdächtigen auf einer kumpelhaften Ebene, beide duzen sich. Diese Strategie zeigt Wirkung: „Er hat geredet wie ein Wasserfall“, erinnert sich Wermter im Podcast. Der Mann räumt ein, das Opfer und die Haushaltshilfe gekannt zu haben und auch Reparaturen im Haus erledigt zu haben.
Er behauptet, sich an die Tat wegen angeblicher Erinnerungslücken nicht erinnern zu können – doch die entscheidenden Indizien haben die Ermittler längst in der Hand: Die Fingerabdrücke stimmen, Zeugen erkennen ihn wieder, und die Spurenlage ermöglicht eine lückenlose Rekonstruktion. Vor Gericht zeigt sich, dass der Mann dringend Geld brauchte und gezielt auf die Wertsachen im Haus aus war. Als das Opfer ihm kein Geld geben wollte, eskalierte die Situation tödlich.
Im Dezember 2008 verurteilt das Landgericht Mainz den Täter wegen Mordes und schweren Raubes zu lebenslanger Haft. Das Urteil wird 2009 rechtskräftig. Die Familie des Opfers kehrt nie in das Haus zurück – zu schwer wiegen die Erinnerungen an die Tat.
Die ganze Geschichte könnt ihr in Folge Nummer 82 des Podcasts „Aktenzeichen XY… Unvergessene Verbrechen“ nachhören, die am 16. Juli 2025 veröffentlicht wurde. Hier könnt ihr den Podcast kostenlos anhören und herunterladen. Weitere Einblicke in den Fall findet ihr sonst auch in diesem Merkurist-Artikel: