Für Günter Hofmeister und seine Frau Anja ist es eine Entscheidung, die ihnen sicherlich nicht leicht fällt. Die beiden Wormser geben ihr gemeinsames Geschäft in der Hafergasse 7 auf. Spätestens Ende März sollen die Türen des Küchenfachgeschäfts „Lützenkrichen“ schließen – und eine Ära enden.
Schwieriger Abschied
„Wir haben alle Höhen und Tiefen durchlebt“, blickt Inhaber Günter Hofmeister im Gespräch mit Merkurist auf die vergangenen Jahrzehnte zurück – sichtlich dankbar und glücklich über seine treue Kundschaft, die ihn über 35 Jahre hinweg begleitet hat. „Generationen sind mit uns groß geworden. Auch enge Bekanntschaften und Freundschaften sind entstanden“, sagt Hofmeister. Erwachsen gewordene Kinder würden bei „Lützenkirchen“ genauso wie ihre Eltern und Großeltern einkaufen.
Das enge Kundenverhältnis und das treue Mitarbeiterteam mache den Abschied nicht leichter. Allerdings würden diverse Veränderungen zu der Schließung führen, erklärt der Inhaber. „Wir stehen mittlerweile vor ganz anderen Herausforderungen.“ Der Wandel in der Handelswelt – auch persönliche Gründe würden den Entschluss bedingen.
Bei den Kunden hinterlässt die Schließung laut Hofmeister auch die Frage, wo man ein solches Küchenfachgeschäft noch finden kann. „Derzeit ist es hier so voll wie in einem Backfischfest-Weinzelt“, sagt Hofmeister schmunzelnd. Selbst an einem Mittwochmorgen, an dem das Merkurist-Gespräch stattfand, war das Ladengeschäft rege besucht. Es gebe außerdem viele Aufträge, Messer zu schleifen, erzählt Hofmeister. Die Kunden wollen offenbar die Gelegenheit noch nutzen. „Bis mindestens Januar bleiben wir in jedem Fall noch“, sagt der Inhaber.
Lange Tradition
In den über 125 Jahren hat sich das älteste inhabergeführte Geschäft in der Stadt Worms stetig gewandelt, zum Beispiel im Sortiment: Von Bestecken und Silberwaren über Rasierwaren, Taschen-, Jagd- und Freizeitmessern bis hin zu Luftgewehren und freiverkäuflichen Waffen ist die Produktpalette, die über die Jahrzehnte angeboten wurde, vielfältig. Manche Lieferanten sind sogar seit der ersten Stunde geblieben, berichtet Hofmeister.
Heute liegt der Schwerpunkt auf Kochen und Küchenuntensilien. Ausdruck dessen ist eine eigene Kochmesserserie im Sortiment. Waffen werden seit 2011 nicht mehr angeboten, als das Geschäft von der Stefansgasse an den heutigen Standort zog. In den über 125 Jahren hat das Geschäft ebenso mehrere Umzüge erlebt, der Wormser Kernstadt ist es aber stets treu geblieben. Das gilt auch für Scheren und Messer, die die beständige Komponente des Geschäfts seien: „Sie sind seit 1896 unsere DNA“, sagt Hofmeister.
Ursprünglich stammt „Lützenkirchen“ aus der nordrhein-westfälischen Stadt Solingen im Bergischen Land, die für ihre Schneidewaren bekannt ist. 1896 wurde in Worms eine Niederlassung gegründet. Von allen ist es diejenige, die noch besteht. 1989 übernahmen Hofmeister und seine Mutter – die übrigens im Geschäft gelernt hat – die Niederlassung von der Gründerfamilie. Sie sicherten somit den Fortbestand des Traditiosngeschäfts. Nachfolger können sich gerne melden – die Regale stünden zur Verfügung, erklärt Hofmeister.