Pullover türmen sich fein zusammengelegt in den Regalen. Auf den Bügeln baumeln Jacken, Hosen und auch Kleider. Auf rund 1300 Quadratmetern lagern hier bereits ausrangierte, aber noch liebenswerte Kostbarkeiten. Auch Möbel, Elektrogeräte und Kinderspielzeug gibt es. Das Second-Hand-Kaufhaus des Wormser Caritas Verbandes gleicht einer begehbaren Schatzkiste. Wer den „Car La“ – kurz für Caritas-Laden – betritt, der begibt sich auf die Spuren zahlreicher Lebensgeschichten. Und der ist dabei seine eigene in die Hand zu nehmen.
Second Hand boomt – auch in Worms
„Im Monat haben wir rund 1370 Kunden“, sagt Anja Sommer. Beim Caritasverband ist sie im Fachbereich Beschäftigung und Qualifizierung tätig und darf von einem regelrechten Second-Hand-Aufschwung berichten. Die Nachfrage sei schon immer groß gewesen. In letzter Zeit könne man aber einen regelrechten Boom bemerken. Im Zuge der Nachhaltigkeit erfreut sich das Sozialkaufhaus auch bei der breiten Bevölkerung großer Beliebtheit. Das Einkaufen soll hier nämlich nicht nur Geringverdienern und sozial Benachteiligten vorbehalten sein. „Genau das würden wir nämlich als Ausgrenzung betrachten, als Fingerzeig“, betont Sommer.
Im CarLa aber seien alle Kunden gleich zu behandeln. Lediglich an der Kasse gibt es für Menschen mit entsprechendem Nachweis einen Rabatt. „Darüber hinaus bieten wir für Menschen mit nachweislich geringem Einkommen in einem kleineren Bereich zahlreiche Artikel sogar kostenlos an“, so Sommer. Die Preise seien hier aber ohnehin nicht sonderlich hoch. „Erschwinglich muss es sein“, so Sommer. Man wolle schließlich den alten, aber gut erhaltenen Teilen zu neuem Leben verhelfen. Wer sich also seine Wohnung und seinen Kleiderschrank zu kleinem Geld einrichten will, der ist hier richtig. Das ist gelebte Nachhaltigkeit. Ein Trend gegen den Konsumrausch.
Wichtig ist Anja Sommer zu betonen, dass das Kaufhaus nicht zur Müllentsorgung gebraucht werden soll. Jeder, der hier etwas abgebe, solle sich vorher bewusst werden, ob er den Gegenstand oder das Kleidungsstück in seinem Zustand auch selbst – wenn er denn Verwendung dafür hätte – gerne gebrauchen würde.
Gegen Wegwerfmentalität und Konsumsucht
„Wir bereiten natürlich vieles auf. Waschen und pflegen“, sagt Sommer. Verwertung aber sei kostspielig. Zu kostspielig. Etwas bedauerlich seien daher große Tüten, die vor der Tür am Wolfsgraben abgestellt werden. „Trotz eindeutiger Beschilderung landen da immer wieder Pakete. Am besten noch im Regen. Sodass alles direkt in die Tonne wandern muss.“ Hier müsse ein Umdenken stattfinden. Denn „wir möchten mit unserem Projekt einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem wir Produkte reparieren, aufbereiten, weiterverwerten, upcyclen die sonst oft entsorgt werden würden“, so Sommer weiter.
Gerne verhelfe man in den Werkstätten den Produkten zu neuem Glanz. Wer mitarbeiten möchte, dürfe gerne vorstellig werden. Als Arbeitsgelegenheit (AGH) richtet sich das Job-Angebot an Menschen, die bereits langfristig im Leistungsbezug des SGB II stehen und ihre entsprechenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Interessen in einer sinnstiftenden Beschäftigung zum Einsatz bringen möchten. Die tägliche Arbeitszeit umfasst maximal sechs Stunden. Und der Tätigkeitsfelder gibt es viele: Vom Verkauf im Laden über die Aufbereitung in der Werkstatt oder im Waschsalon zur Kundenbetreuung, der Mithilfe bei der Abholung oder dem Info-Lotsen.
Da sich das Kaufhaus selbst finanziert und nicht darauf ausgelegt ist, Gewinne zu erwirtschaften, kann für die Abgabe von Kleidung und Gegenständen aber auch keine Kommission gezahlt werden. Ob das denn Menschen beim großen Angebot an Second-Hand-Boutiquen abschreckt, wollten wir wissen: „Nein. Das Gefühl habe ich ganz und gar nicht. Die Qualität ist auch meist sehr gut und viele der Menschen sind Stammkunden und -Spender“, versichert Sommer. Ein Projekt der Nachhaltigkeit – in Sachen Umwelt, Konsum und Gesellschaft.