Das digitale Verkehrssystem „Digi-V“ sollte den Verkehr in Wiesbaden in die Zukunft führen. Doch auch Jahre nach der Einführung ist die Kritik von Autofahrern groß. Sie bemängeln fragwürdige Ampelschaltungen und allgemeine Hinweise auf den digitalen Tafeln statt echter Verkehrslenkung, wie beispielsweise Leser Berol. Auf Anfrage von Merkurist nimmt die Verwaltung nun zu den Vorwürfen Stellung.
Was das System bewirkt
Wie Elisabeth Mock aus der Pressestelle der Stadt Wiesbaden sagt, sei das System aus Sicht der Verwaltung ein „Werkzeugkasten“, der den Verkehr in der Stadt entscheidend vorangebracht habe. „Ohne Digi-V wäre es durch die Einführung der Umweltspur zu deutlichen Einschränkungen im Verkehrsablauf auf dem 1. Ring gekommen. Auch die Havarien der Salzbachtalbrücke und der Wasserleitungen auf dem Gustav-Stresemann-Ring hätten ohne das System weit höhere Einschränkungen mit sich gebracht.“
Durch das System hätten die Reisezeiten auf dem 1. Ring annähernd konstant gehalten werden können. Zudem seien die Luftschadstoffwerte seitdem eingehalten, die Fahrtzeiten für Busse auf dem Ring um rund 30 Prozent reduziert und das Radverkehrsaufkommen dort verdoppelt worden, so Mock. Künftig soll das System unter anderem auch den 2. Ring optimieren sowie die Umgestaltung der Schwalbacher Straße und der Rheinstraße voranbringen und die Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs weiter verbessern.
Grüne Welle oder sofort Grün?
Die Kritik, dass Ampeln nachts bei freier Straße auf Rot schalten oder Fußgänger lange warten müssen, obwohl kein Auto kommt, kann die Stadt nachvollziehen. Dies seien Aufgaben, mit denen man sich in den kommenden Jahren beschäftigen werde. Allerdings gebe es hierbei Zielkonflikte, die berücksichtigt werden müssten.
So werde einerseits eine verlässliche „Grüne Welle“ für Autofahrer gefordert, die einen festen Rhythmus erfordert. Andererseits wünsche sich jeder Autofahrer, sofort Grün zu bekommen. „Dies widerspricht aber der grünen Welle“, erklärt Mock. Es sei nicht möglich, allen Bedürfnissen gleichzeitig gerecht zu werden, weshalb es immer zu Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmer kommen werde.
Erwartungen und Realität
Auch den Vorwurf, auf den digitalen Tafeln stünden zu oft allgemeine Hinweise statt nützlicher Verkehrsinformationen, kommentiert die Stadt. Wie Elisabeth Mock erklärt, hätten verschiedene Verkehrsteilnehmer unterschiedliche Erwartungen an die Nutzung der Digi-Tafeln. Es sei daher tatsächlich schwierig, es allen gleichermaßen recht zu machen. Eine umfassende Analyse, wie die auf den Tafeln angezeigten Meldungen aufgenommen werden, stehe noch aus. Die bisher erhaltenen Rückmeldungen zeigten jedoch, dass Informationen zu Baustellen, Sperrungen und Aktionen, wie zum Beispiel kostenloses Busfahren, grundsätzlich positiv aufgenommen werden.
Abgesehen davon sei die Erwartung viele Verkehrsteilnehmer, dass technische Systeme den Verkehr jederzeit optimal steuern, in der Praxis aber nur begrenzt möglich. Dies führe häufig zu Unzufriedenheit, insbesondere wenn die Wirkung von Maßnahmen nicht sofort spürbar ist, so Mock.
Die Stadt arbeite jedoch kontinuierlich an der Weiterentwicklung, etwa durch KI-gestützte Bildauswertung, beispielsweise zur besseren Erfassung von Fußgängern. Weiterhin werde daran gearbeitet, dass Staus reduziert und der ÖPNV zuverlässiger wird. „Diese Prozesse befinden sich jedoch noch in der Umsetzung und sind derzeit für viele Verkehrsteilnehmer noch nicht unmittelbar wahrnehmbar“, heißt es aus der Pressestelle der Stadt.