In Teilen der Wiesbadener Innenstadt wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 40 oder sogar 30 gesenkt. Das geht aus einem Konzept der Stadt hervor. Wie die Landeshauptstadt erklärt, sollen Anwohner und Besucher der Innenstadt somit künftig vor Verkehrslärm geschützt werden.
Betroffen sind das historische Fünfeck sowie die Straßen rund um das Kureck. Dazu wird Paragraph 45, 1(a), der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) angewandt. Er räumt Wiesbaden als anerkanntem Kurort bestimmte Befugnisse zum Schutz seiner Gäste ein. Das Konzept basiert auf dem Lärmaktionsplan der hessischen Landesregierung für Wiesbaden sowie auf Lärmberechnungen des Umweltamtes. Die Lärmberechnungen wurden mit dem standardisierten ODEN-Verfahren für jedes einzelne Haus durchgeführt. Im Ergebnis wurde in allen untersuchten Innenstadt-Straßen eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte festgestellt.
Lärm kann krank machen
„Wir haben es jetzt schwarz auf weiß: Mehrere tausend Wiesbadenerinnen und Wiesbadener in der dichtbesiedelten Innenstadt sind von zu großem Straßenverkehrslärm belastet. Das kann zu Schlaflosigkeit, Dauerstress und schlimmstenfalls zu ernsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Um die Gesundheit dieser Wiesbadenerinnen und Wiesbadener zu schützen, müssen wir handeln“, erklärt Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne). „Lange genug haben wir über Lärmschutz geredet. Jetzt bringen wir ihn auf die Straße.“
Allein als direkte Anwohnerinnen und Anwohner dieser Straßen würden so über 17.000 Menschen von der prognostizierten Lärmminderung profitieren, heißt es von Seiten der Stadt. Hinzu kämen tausende weitere aus benachbarten Nebenstraßen.
Die Ergebnisse haben für Wiesbaden eine Belastung gezeigt, die rechtlich eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 auf allen untersuchten Hauptverkehrsstraßen begründen würde, so die Stadt weiter. Im Gegensatz zu anderen Städten verzichtet Wiesbaden aber darauf, da so unerwünschte Ausweichverkehre in Nebenstraßen drohen würden. Auch für den Busverkehr sowie die Kapazität an den Kreuzungen habe Tempo 40 gegenüber Tempo 30 Vorteile, argumentiert die Stadt. „Daher ist ein differenziertes Konzept für das Gebiet innerhalb des 2. Rings vorgesehen. Der 2. Ring selbst sowie der Rest des Stadtgebietes sind nicht betroffen.“
Hier gilt Tempo 40
Auf den großen Hauptachsen wird Tempo 40 gelten, also auf dem 1. Ring, der Rheinstraße, der Schwalbacher Straße, der äußeren Schiersteiner Straße, äußeren Dotzheimer Straße, Taunusstraße, Wilhelmstraße und Sonnenberger Straße. Ebenfalls Tempo 40 ist vorgesehen für die Bahnhofstraße, wegen ihrer herausragenden Funktion für den Busverkehr. Man baue dabei auf den positiven Erfahrungen aus Frankfurt auf, wo bereits seit 2021 auf allen Hauptverkehrsstraßen innerhalb des Anlagenrings Tempo 40 gilt.
Hier gilt Tempo 30
Das Konzept der Landeshauptstadt Wiesbaden sieht vor, auf den übrigen Innenstadt-Straßen die Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 Kilometer je Stunde abzusenken. „Wir haben heute Tempo 50 auf Straßen, auf denen kein vernünftiger Mensch 50 fahren würde. Denken Sie an die Neugasse, an die Röderstraße mit ihrer Steigung, an die enge Wörthstraße oder gar an den Kranzplatz. Eine Anpassung an die Realität ist hier überfällig. Gleiches gilt für die hochverdichteten Wohngebiete zum Beispiel an der Emser Straße, rund um die Ringkirche oder an der Moritzstraße. Auch hier ist 30 Kilometer je Stunde die angemessene, menschengerechte Höchstgeschwindigkeit, auch angesichts der vielen Familien mit Kindern in diesen Quartieren“, sagt Kowol.
Auf dem 2. Ring bleibt Tempo 50 durchgängig bestehen, das gleiche gilt für die Achse Mainzer-Straße-Friedrich-Ebert-Allee, weil hier keine bis wenig Wohnbevölkerung betroffen sei. Der Magistrat hat am Dienstag Gelder für die nötigen rund 180 Schilder freigegeben, die abschließende Beschlussfassung obliegt der Stadtverordnetenversammlung. Derzeit ist geplant, die neuen Schilder Ende des 2. Quartals 2024 anzubringen.
Weitere Berechnungen sollen kommen
Weitere Lärmberechnungen werden demnächst für verschiedene Vororte durchgeführt. Auch hier gibt es zahlreiche Appelle aus den Ortsbeiräten und der Bevölkerung, mit dem Ziel, die Anwohner vielbefahrener Straßen zu entlasten.