„Kommt es einem durch Social Media nur so vor oder laufen in Wiesbaden verhältnismäßig viele Kinder weg?“ – diese Frage stellte kürzlich ein Merkurist-Leser in einem Snip. Tatsächlich ist es so, dass die Wiesbadener Polizei regelmäßig Vermisstenanzeigen veröffentlicht, oft mit einem Foto der Gesuchten.
In der Regel handelt es sich dabei um Teenager, die seit einigen Tagen nicht mehr gesehen wurden und bei deren Suche die Polizei um Mithilfe aus der Bevölkerung bittet. In der Nachbarstadt Mainz hingegen werden nur sehr selten Gesuche veröffentlicht, vor allem mit Bild. Warum ist das in Wiesbaden anders?
Die überwiegende Mehrzahl der jungen vermissten Personen würden aus Hilfseinrichtungen stammen. Andere kommen aus eher schwierigen familiären Verhältnissen, so die Pressesprecherin der Polizei Westhessen, Michaela Plock, gegenüber Merkurist. Zu den Gründen ihres Verschwindens und zu den Einrichtungen selbst will sich die Polizei nicht äußern.
Schnell erste Maßnahmen bei vermissten Minderjährigen
Gelten Minderjährige als vermisst, führe die Polizei in Wiesbaden sehr schnell erste Maßnahmen durch. Dazu gehöre, Kontaktpersonen zu befragen, Kontakt über das Telefon zu versuchen – und eine polizeiliche Fahndung der vermissten Person auszuschreiben, die erst einmal nicht öffentlich ist. „Bei Minderjährigen muss grundsätzlich eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden, solange Erkenntnisse oder Ermittlungen nichts Anderes ergeben“, erklärt Plock.
Eine Öffentlichkeitsfahndung werde dann genutzt, wenn schnellstmöglich Informationen über den Aufenthaltsort vermisster Kinder oder Jugendlicher gebraucht werden. Meist liegen in solchen Fällen wenige oder gar keine Anhaltspunkte dazu vor, wo sich die vermisste Person aufhalten könnte. Außerdem würden viele der Betroffenen die Ortung ihres Mobiltelefons ausschalten. Die Fotos, die dann für zur Veröffentlichung bereitgestellt werden, bekomme die Polizei entweder von den Eltern, den Mitarbeitenden der Unterkunft oder anderen Betreuern.
Jugendliche würden Gleichgültigkeit zeigen
Den Vermissten sei es „in der Regel schlichtweg egal, dass die Polizei nach ihnen sucht“, sagt Plock. „Ihnen ist auch egal, mit welchem Aufwand Suchen betrieben werden. Gleichgültigkeit und Beschimpfungen sind nicht unüblich.“
Dennoch würden die Mehrzahl der Vermissten freiwillig innerhalb von 24 Stunden zurückkehren. Wo sie gewesen sind, würden sie meistens nicht sagen. Ihr Aufenthaltsort bleibe sehr oft ungeklärt. Wurden die vermissten Kinder und Jugendlichen mit Bild öffentlich gesucht, beschleunige das deren Rückkehr. „Kinder und Jugendliche posten zwar sehr gerne auf den unterschiedlichen Kanälen ihre Bilder, möchten aber nicht in Zusammenhang mit einer Vermisstenmeldung erscheinen“, so Plock. Sind sie wieder zurück, werden Anzeige, Name und Foto aus den Polizeiportalen gelöscht.
„Aus hiesiger Sicht ist das Mittel der Öffentlichkeitsfahndung unerlässlich, um Gefahren von vermissten Kindern und Jugendlichen abzuwenden“, so die Polizeisprecherin. Als Beispiel nennt sie etwa den Fall Susanna Feldmann. Die Leiche der damals 14-Jährigen aus Mainz war im Jahr 2018 neben Bahngleisen in Wiesbaden-Erbenheim gefunden worden.