Seit Mitte August ist auf dem ersten Ring in Wiesbaden die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h reduziert. Auch auf allen Innenstadtstraßen mit Wohnbebauung, auf denen die Lärmwerte überschritten werden, gilt inzwischen Tempo 30 beziehungsweise 40 (wir berichteten). Wie Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) sagt, hätten nämlich Berechnungen des hessischen Umweltamtes (HLNUG) gezeigt, dass die neue Geschwindigkeitsbegrenzung zu deutlich weniger Lärm führe. Während sich nun viele über das neue Tempolimit auf den Hauptverkehrsachsen in der Stadt freuen, ärgern sich vor allem viele Autofahrer über die neue Geschwindigkeitsvorgaben.
Was wird aus den Grünen Wellen?
Doch damit nicht genug. Was viele zusätzlich aufregt, ist, dass viele Ampeln noch nicht auf das neue Tempolimit umgerüstet sind, wie ein Leser schreibt. Grüne Wellen würden jetzt nicht mehr garantiert sein. „Man hätte ja auch erstmal die Umprogrammierung erledigen und dann die Schilder aufstellen können. Blinder Aktionismus von unfähigem Personal. So wird einfach erstmal künstlich Stau erzeugt“, kommentiert Leser Peter. Doch warum wurden nun zunächst einzelne Schilder auf- und danach erst Ampeln umgestellt? Wie das Verkehrsdezernat auf Anfrage von Merkurist erklärt, gebe es dafür einen bestimmten Grund.
„Dies geschah aus Kapazitäts- und Organisationsgründen bei den ausführenden Firmen und weiteren Beteiligten.“ Da die Koordinierung auf die neue Geschwindigkeit nicht sicherheitsrelevant ist, habe man die Beschilderung bereits umsetzen können, als personelle Kapazitäten dafür vorhanden waren. Dadurch habe sich eben ein Teil des Projektes bereits früher abschließen lassen. „Die Umsetzung der Ampelsteuerungen erfolgt dann an allen 18 betroffenen Lichtsignalanlagen (LSA) aufeinander abgestimmt bis Ende Oktober 2024“, heißt es aus dem Verkehrsdezernat. Gleichzeitig würden auch andere in der letzten Zeit aufgelaufene „Optimierungspunkte“ berücksichtigt und umgesetzt.
Doch was wird nun aus den Grünen Wellen, können diese garantiert werden? Das Dezernat bejaht dies. Gleichzeitig macht das Amt aber eine Einschränkung. So werde die Ampelschaltung zwar deutlich besser sein. Doch das Verkehrssystem DIGI-V steuere verkehrsabhängig, sodass es stellenweise vorkommen könne, dass überlastete Strecken bevorzugt werden. „Grüne Wellen können deshalb nicht immer und überall garantiert werden.“
Ampeln müssen individuell überprüft werden
Und es gibt noch ein (technisches) Detail, das bei der Umsetzung des neuen Tempolimits beachtet werden muss. Denn die neu programmierten Ampeln müssen vor Ort noch einmal von Technikern überprüft werden. Doch warum? Wie das Verkehrsdezernat angibt, werde jede Steuerung individuell für die einzelne Kreuzung entwickelt und greife dabei auf viele Detektorwerte und Variablen zu. Hierfür sei ein fehlerfreies Zusammenspiel verschiedener technischer Komponenten erforderlich.
„Dies muss grundsätzlich, allein schon aufgrund der technischen Richtlinien, vor Ort geprüft, abgenommen und gegebenenfalls über die vorgesehenen Parameter (Stellschrauben) eingestellt werden.“ Zudem variiere das reale Verkehrsaufkommen zurzeit auf Grund der vielen Baumaßnahmen besonders stark gegenüber den bei der Planung vorliegenden Zählungen. „Auch dies kann und sollte vor Ort durch das richtige Einstellen der genau dafür auch vorgesehenen Parameter geschehen“, so das Dezernat.
Digi-V ein Erfolg?
Das von vielen kritisierte System Digi-V bewertet die Verwaltung indes als positiv. Trotz fortlaufender Optimierungen zeige DIGI-V bereits Erfolge, heißt es aus dem Verkehrsdezernat. „So konnte die NO₂-Belastung am 1. Ring um 20 Prozent gesenkt, der Radverkehrsanteil nahezu verdoppelt und die Fahrtzeiten der Busse um bis zu einem Drittel reduziert werden.“ Auch während der Sperrung der Salzbachtalbrücke habe das System zur Verkehrskontrolle in der Stadt beigetragen. Doch das Dezernat gibt auch an: „Allerdings sind manche Bürger enttäuscht, da die erhoffte Verbesserung des Verkehrsflusses für den Autoverkehr bisher noch nicht vollumfänglich sichtbar ist.“
Dennoch sei die Umsetzung der Umweltspur, die das Dieselfahrverbot verhinderte, nur durch die neue Technik möglich gewesen. Sie habe es ermöglicht, je einen Fahrstreifen in beide Richtungen zu entfernen, ohne dass der Autoverkehr zusammenbrach. „Verkehrsplaner unterstreichen, dass DIGI-V als flexibles Werkzeug verstanden werden sollte, das fortlaufend weiterentwickelt wird und auf diverse Verkehrsprojekte angewendet werden kann“, so das Verkehrsdezernat. Zum Beispiel würden jetzt Zuflüsse in die Innenstadt zunehmend reguliert, um eine Überlastung der innerstädtischen Knotenpunkte zu vermeiden und den Verkehr flüssiger zu gestalten.