Hat das Wilhelmstraßenfest gegen die Nachtruhe verstoßen?

Tausende Menschen haben zuletzt in Wiesbaden das Wilhelmstraßenfest gefeiert: Marktbuden, Aktionen und Livemusik bis 24 Uhr – und das nicht nur am Wochenende. Doch war das überhaupt erlaubt?

Hat das Wilhelmstraßenfest gegen die Nachtruhe verstoßen?

In den Sommermonaten locken einige Open-Air-Feste in die Wiesbadener Innenstadt: das Kranzplatzfest, die Rheingauer Weinwoche und vor kurzem erst das Wilhelmstraßenfest „Theatrium“. Dort endete die Livemusik, anders als bei Kranzplatzfest und Weinwoche, erst um 24 Uhr.

Auch am Donnerstag, dem 8. Juni, gab es Bühnenprogramm bis Mitternacht – und das, obwohl der darauffolgende Freitag ein Werktag war. Hätten die Anwohner also ein Recht, sich zu beschweren? Zumindest sorgte das Thema in einer Wiesbadener Facebook-Gruppe für Diskussionen.

Nachtruhe ab 22 Uhr

Eigentlich gilt bundesweit eine gesetzliche Nachtruhe ab 22 Uhr. Dass beim Wilhelmstraßenfest überhaupt bis 24 Uhr Livemusik gespielt werden darf, liege daran, dass es sich dabei um eine „hervorgehobene Traditionsveranstaltung“ handelt, erklärt eine Stadtsprecherin auf Merkurist-Anfrage.

Auch auf anderen Wiesbadener Volksfesten werde Musik bis 24 Uhr genehmigt, wie etwa beim Schiersteiner Hafenfest, der Igstadter Lindenkerb, oder dem Straßenfest am Wäschbachstrand. Nach diesen Angaben scheint das Wilhelmstraßenfest dennoch das einzige Fest mit 24-Uhr-Regel zu sein, das sich direkt in der dicht bevölkerten Innenstadt befindet – und deshalb besonders viele Anwohner betrifft.

Ausnahmeregelung für Traditionsveranstaltungen

Grundsätzlich müssen Anwohner mit Ausnahmeregelungen für Volksfeste rechnen. Generell gelte, dass die gesetzliche Nachtruhe bei Traditionsveranstaltungen, die nur selten vorkommen, einen festen Standort haben und gesellschaftlich besonders akzeptiert sind, mit Genehmigung der Stadt um zwei Stunden nach hinten verschoben werden könne. Das bestätigt auch ein Leitfaden des Hessischen Innenministeriums. Demnach sind solche Ausnahmen an Freitagen, Samstagen und vor Feiertagen möglich.

Daran haben sich die Veranstalter des Wilhelmstraßenfests in diesem Jahr allerdings nicht gehalten. Denn erstmals wurde es an drei statt nur an zwei Tagen gefeiert. Von Donnerstag bis Samstag lief die Livemusik jeden Abend bis 24 Uhr. Zwar war der Donnerstag ein Feiertag, der Freitag jedoch nicht. Was sagt die Stadt Wiesbaden dazu?

Nachtruheverstoß am Donnerstag?

Die Freizeitlärmrichtlinie des Innenministeriums weise zwar darauf hin, dass die Nachtzeitverlängerung auf diese Tage beschränkt sein soll, so eine Sprecherin. Die Betonung liege dabei aber auf soll. „Beim Wilhelmstraßenfest wurde auch am Donnerstag die Verlängerung akzeptiert, vor dem Hintergrund, dass der Freitag meist als ‘Brückentag’ genutzt wird und am Sonntag, dem 11. Juni, die Veranstaltung bereits zu Ende ist.“

Um die Anwohner vor zu großer Lärmbelästigung zu schützen, sei jedoch angeordnet worden, den Geräuschpegel nach 22 Uhr von 70 Dezibel auf 55 Dezibel zu senken. Zum Vergleich: 55 Dezibel entspricht etwa der Lautstärke eines normalen Gesprächs. Zwar gilt für diesen Richtwert nicht die Lautstärke auf dem Veranstaltungsgelände an sich, sondern die Lautstärke, die bei den Anwohnern ankommt. Ob das jedoch auch bei geöffneten Fenstern der Fall war, ist die andere Frage.

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