In diesem Jahr wird zur Weihnachtszeit der Kinderbuchklassiker „Pinocchio“ im Hessischen Staatstheater in Wiesbaden gespielt. Das Stück wird am Sonntag, 24. November, Premiere haben und bis Mitte Januar aufgeführt werden. Doch seit der aktuellen Spielzeit heißt das Weihnachtsmärchen „Familienstück“, das berichtete der „Wiesbadener Kurier“ zuerst. Viele Merkurist-Leser sehen die Umbenennung kritisch, so auch E. K. in seinem Snip.
„Möglichst viele Menschen ansprechen“
Hinter der Entscheidung, das Weihnachtsmärchen in Familienstück umzubenennen, stehe das Ziel, „möglichst viele Menschen anzusprechen“, erklärt das Hessische Staatstheater auf Merkurist-Anfrage. Dabei sei der Begriff „Familie“ sehr weit gefasst. Schließlich können Familien nicht nur aus Verwandten bestehen, sondern auch aus Freunden und Bekannten, daher „ist jeder willkommen, in der Gruppe oder alleine“, heißt es in der Antwort des Theaters.
Einige Merkurist-Leser sehen das anders. „Weihnachtszeit ist Weihnachtszeit. Daran können auch die Intendantinnen des Theaters nichts ändern!“, schreibt zum Beispiel ein Leser. Einige andere sehen in der Änderung die „Zerstörung einer Tradition“ und einen Angriff gegen „das christliche Weihnachtsfest und den Glauben.“ Weiteren Lesern wiederum ist „der Name egal“. Ihnen fehlt das Verständnis für „die künstliche Aufregung“.
Der neue Name richte sich nicht gegen das Weihnachtsfest, ganz im Gegenteil. „Wir freuen uns, dass der Besuch im Staatstheater für viele Menschen ein wichtiger Teil einer Weihnachtstradition ist und wünschen uns, dass das auch weiterhin so bleibt“, so das Theater. Schließlich gebe es viele Menschen vor sowie hinter der Bühne, die Weihnachten feiern. Aus diesem Grund soll es auch in diesem Jahr im Theaterfoyer einen Weihnachtsbaum geben.
Gespräche für mehr Respekt und Offenheit
Laut dem Theater sei die Bezeichnung „Weihnachtsmärchen“ nicht dauerhaft seit der Entstehung des Staatstheaters genutzt worden. In der Vergangenheit habe es teilweise gar keine bestimmten Namen für die Aufführungen an Weihnachten gegeben. Außerdem wird „Pinocchio“ sowohl vor als auch nach der Weihnachtszeit aufgeführt und behandelt auch nicht das Thema Weihnachten. Daher sei die ursprüngliche Bezeichnung theaterintern als unpassend empfunden worden, so das Theater.
Das „Familienstück“ sei nur eine von vielen Möglichkeiten, wie die Weihnachtsaufführungen benannt werden könnten. Darüber hinaus stellt sich laut dem Theater die Frage: „Braucht diese Position im Spielplan überhaupt eine konkrete Bezeichnung?“
Aus diesem Grund solle die Namensänderung auch niemandem das Gefühl geben, dass es verboten sei, die ursprüngliche Bezeichnung zu verwenden. Das Theater ist der Meinung, dass es in einer „vielfältigen, offenen Gesellschaft möglich sein sollte, dass verschiedene Menschen Sprache unterschiedlich verwenden“. Deswegen hoffen die Entscheidungsträger, dass die Gespräche über die Bezeichnungen ausschließlich „zu Respekt und der Offenheit, andere Positionen kennenzulernen und auszuhalten führen“.