Der Streit in der Führungsetage des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Die künstlerische Leitung soll angekündigt haben, den Betrieb komplett einzustellen. Das teilen das hessische Kulturministerium und die Stadt Wiesbaden mit – und droht mit rechtlichen Konsequenzen.
Eine für Dienstag geplante Aufführung am Staatstheater ist bereits ausgefallen. Die Begründung auf der Theater-Website: „Am Dienstag, den 9.1., ist kein Proben- und Vorstellungsbetrieb am Hessischen Staatstheater Wiesbaden möglich.“ Dem Kulturministerium und der Stadt gegenüber sollen Intendant Uwe-Eric Laufenberg und Theater-Mitarbeiter die „komplette“ Einstellung des Spiel- und Probenbetriebs angekündigt haben. In ihrem Schreiben hätten sie diese Entscheidung damit begründet, dass das Staatstheater „handlungsunfähig“ sei – aufgrund einer Erkrankung des Geschäftsführenden Direktors Holger von Berg.
Öffentliche Kritik von Stadt und Kulturministerium
Das hessische Kulturministerium und die Stadt Wiesbaden, die Träger des Staatstheaters, reagieren mit Kritik. „Das Theater ist voll handlungsfähig“, sagen Kulturstaatssekretärin Ayse Asar (Grüne) und Wiesbadener Kulturdezernent Hendrik Schmehl (SPD). „Wir können die künstlerische Leitung nur davor warnen, dem Theater weiteren Schaden zuzufügen.“ Die wirtschaftliche Führung liege nicht allein beim Direktor von Berg, sondern auch beim Intendanten Laufenberg.
Es ist nicht das erste Mal, dass Stadt und Land die Führung des Staatstheaters zu besserer Zusammenarbeit auffordern. Im vergangenen September äußerte sich die Stadt Wiesbaden in ähnlicher Weise, nachdem Dramaturgin Anika Bárdos und Schauspieldirektor Wolfgang Behrens die Zusammenarbeit mit von Berg in einem öffentlichen Brief „nicht mehr für möglich“ erachteten (wir berichteten). Bereits seit 2022 tobt der Streit zwischen von Berg und dem Intendanten Laufenberg.
Träger drohen mit rechtlichen Konsequenzen
Im Oktober 2023 strich von Berg als Geschäftsführender Direktor dann acht Produktionen aus dem Theaterprogramm für 2024, um finanzielle Defizite auszugleichen – ohne Zustimmung von Laufenberg. Dieser habe die gestrichenen Produktionen entgegen der Anweisung weiter vorangetrieben und somit weiter zur Arbeitsüberlastung der Beschäftigten beigetragen, so Stadt und Land.
Bei reiner Kritik bleiben die Träger des Staatstheaters nun allerdings nicht mehr: Sollte das Staatstheater Produktionen absagen, die von Berg nicht ohnehin aus dem Programm streichen wollte, würden Stadt und Land „arbeitsrechtliche Konsequenzen und Regressforderungen prüfen“. Diese Drohung richtet sich offenbar vor allem an den Intendanten. „Für den Schaden, der durch ihr Verhalten dem Theater entsteht – sowohl im Ansehen als auch finanziell – trägt die künstlerische Leitung die volle und alleinige Verantwortung“, sagen Staatssekretärin Asar und Kulturdezernent Schmehl.