Blitzer-Busse in Wiesbaden sollen Falschparker erwischen

Als erstes Verkehrsunternehmen in Deutschland stattet ESWE Verkehr seine Busse jetzt mit Frontkameras aus. Damit will das Unternehmen gegen Falschparker auf Busspuren vorgehen.

Blitzer-Busse in Wiesbaden sollen Falschparker erwischen

Die Testphase haben sie überstanden: Zwei Busse von ESWE Verkehr waren in den vergangenen Monaten mit Frontkameras unterwegs. Ab sofort fahren die Blitzer-Busse auch im regulären Linienverkehr – und sollen dort gegen Falschparker auf Busspuren, Umweltspuren und an Haltestellen vorgehen. Bis Ende 2024 soll es insgesamt 30 Busse mit Frontkameras geben.

Falschparker melden per Knopfdruck

Früher mussten Wiesbadener Busfahrer sich das Kennzeichen aufschreiben und anschließend ein Formular ausfüllen, wenn sie einen Falschparker anzeigen wollten. In den Blitzer-Bussen geht das jetzt schneller und einfacher: Die Fahrer lösen per Knopfdruck die Frontkamera aus, diese erstellt eine Fotoserie mit Standort und Uhrzeit.

Alle Falschparker-Fotos werden anschließend in der ESWE-Verkehrssteuerung geprüft, bevor sie an das Ordnungsamt gemeldet werden. Denn nicht alle Falschparker sollen direkt angezeigt werden. Ausnahmen seien beispielsweise Lieferdienste oder auch Personen mit Rollator, die direkt vor der Haustür abgesetzt werden, sagt Steffen Müller, Leiter des Frontkamera-Projekts bei ESWE Verkehr. „Da haben wir das Fingerspitzengefühl.“

Abschreckende Wirkung

70 Euro Bußgeld drohen beim Falschparken auf Busspuren in Wiesbaden. Bei Umweltspuren kommt noch ein Punkt in Flensburg dazu. Das Ziel sei jedoch nicht, Bußgelder einzunehmen, sagt Daniel Sidiani aus dem Verkehrsdezernat der Stadt Wiesbaden. Langfristig solle der Wiesbadener ÖPNV sicherer, pünktlicher und somit attraktiver werden. Auch Marion Hebding, Geschäftsführerin bei ESWE Verkehr, verspricht sich von den Blitzer-Bussen eine abschreckende Wirkung – eben wie bei einem Blitzer am Straßenrand.

„Was gegen einen Busfahrerjob in Wiesbaden spricht? Der Verkehr.“ – Marion Hebding, Geschäftsführerin bei ESWE Verkehr

Mit dem Projekt wolle ESWE Verkehr zum Vorreiter in der Region werden. „Wir sind deutschlandweit die ersten, die das umgesetzt haben“, so Hebding. Und das nicht ohne Grund: Dass Busspuren so stark zugeparkt werden, dass es regelmäßig zu Verspätungen und Ausfällen im Linienverkehr komme, habe sie vor Wiesbaden noch in keiner anderen Stadt erlebt. Darunter würden nicht nur die Fahrgäste leiden, die verspätet am Ziel ankommen oder Anschlüsse verpassen. „Was gegen einen Busfahrerjob in Wiesbaden spricht? Der Verkehr“, sagt Hebding.

Busfahrer als „Blitzableiter“

Das bestätigt auch Benjamin Bauer, Busfahrer bei ESWE Verkehr und Testfahrer der Blitzer-Busse. In letzter Zeit hätten immer mehr Kollegen gekündigt. „Und das liegt nicht nur am Geld, das liegt an der Arbeitsbelastung“, sagt Bauer. Jede versperrte Busspur bedeute für die Busfahrer zusätzlichen Stress, jeder Spurwechsel sei immer auch ein Risiko. Die Folge sind Verspätungen, Ausfälle und Frust bei Fahrgästen. Den Unmut könne er verstehen. Aber: „Der Blitzableiter sind wir“, erzählt Bauer. Immer häufiger würden Busfahrer beleidigt oder sogar angegriffen. „Das kann man eine Zeit lang aushalten, aber irgendwann gehen die Leute.“

Ein anderes Problem seien die Haltestellen. Diese könne er oftmals nicht richtig anfahren, weil Autofahrer beim Parken nicht die vorgeschriebenen 15 Meter Abstand vor und hinter der Bushaltestelle einhalten würden. Die Fahrgäste müssten teilweise auf der Straße aussteigen und eine höhere Stufe überwinden. Vor allem für Ältere oder Menschen mit Behinderung sei das aber schwierig bis unmöglich – und für den Busfahrer wieder ein Risiko.

Über 300 Falschparker in Testphase

Wie häufig die Wiesbadener Busfahrer tatsächlich mit Falschparkern konfrontiert sind, zeigen die Ergebnisse der Testphase. Im April, Mai und Juni waren die zwei Blitzer-Busse an insgesamt 19 Tagen in Wiesbaden unterwegs. Allein in dieser Zeit hätten sie 311 Falschparker erfasst, sagt Projektleiter Steffen Müller. Knapp die Hälfte davon habe das Unternehmen an das Ordnungsamt gemeldet. Nach der Testphase rechnet Müller mit einer höheren Quote.

Andere Personen, die zufällig auch fotografiert werden, wenn ein Busfahrer einen Falschparker blitzt, müssten sich dabei keine Sorgen um ihre persönlichen Daten machen, sagt Müller. Gesichter und alle Kennzeichen abgesehen von dem des Falschparkers würden geschwärzt, bevor das Foto ans Ordnungsamt geht. Eine Woche nach der Aufnahme würden alle Bilder zudem automatisch aus dem System gelöscht.

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