SUV-Verbot in Innenstädten: Das sagt ein Verkehrsexperte dazu

SUV nehmen mehr Platz als andere Fahrzeuge in Innenstädten weg. Wäre ein Verbot sinnvoll? Darüber haben wir mit dem Verkehrsexperten Prof. Dr. Andreas Knie gesprochen.

SUV-Verbot in Innenstädten: Das sagt ein Verkehrsexperte dazu

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) ist für kompromisslose Vorschläge bekannt. Aus einem dieser Vorschläge wurde in der baden-württembergischen Stadt vor rund zwei Jahren Realität. Palmer wollte einführen, dass Fahrer von SUV höhere Anwohnerparkgebühren als Fahrer kleinerer Autos zahlen – mit Erfolg: Die Maßnahme wurde 2021 umgesetzt. Generell wurden die Kosten für einen Anwohnerparkausweis in Tübingen von 30 auf 120 Euro erhöht. Weil SUV mehr Platz benötigen, müssen deren Fahrer dort sogar 180 Euro zahlen. Als SUV zählt in Tübingen ein Fahrzeug, dessen Leergewicht über 1800 Kilogramm beträgt.

In Frankfurt wurde im Sommer 2023 nun sogar ein Tübinger Modell in deutlich verschärfter Form diskutiert. Thema dort war, ob das Abstellen von Fahrzeugen mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht nicht an einigen Stellen in der Stadt komplett verboten werden soll. Letztlich war die Diskussion schnell beendet, als das Mobilitätsdezernat einräumte: „Wir haben dafür überhaupt keine rechtliche Grundlage.“

Könnte das Verbot sinnvoll sein?

Leserin Miri gefällt die Grundidee jedenfalls. Sie fragt in ihrem Snip, ob ein solches Verbot auch in Wiesbaden sinnvoll wäre. Doch was sagt der Experte? Prof. Dr. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin beschäftigt sich unter anderem mit Innovations- und Verkehrsforschung. Im Gespräch mit Merkurist macht er klar, dass er ein Sonderparkverbot für SUV für falsch hält. Wenn es ein Parkverbot in Innenstädten gebe, sollte es für alle Autos gelten, so Knie. Was der Wissenschaftler aber für sinnvoll hält: höhere Parkgebühren für SUV-Fahrer. „SUV sind größer, schwerer und verursachen dadurch mehr Folgekosten als andere Pkw“, so Knie. Die Fahrzeuge benötigten mehr Platz und würden den Teerbelag durch ihr hohes Gewicht auch mehr schädigen. Im Sinne der Gerechtigkeit sei ein Modell, wie es in Tübingen angewandt wird, also durchaus fairer. „Das ist mehr als nur Symbolpolitik.“

Unabhängig vom SUV-Thema gelte aber: „Parkgebühren in Deutschland sind generell skandalös zu niedrig.“ Kommunen würden häufig symbolische Preise aufrufen, obwohl Unterhaltungskosten für den Parkraum deutlich höher seien. Weil Kommunen inzwischen selbst über die Höhe der Anwohnerparkgebühren bestimmen dürfen, wird vielerorts mit teils drastischen Preisanstiegen gerechnet. Die Gebühr darf laut Gesetzgeber jedoch nicht sozial gestaffelt werden, heißt im Klartext: Besserverdiener dürfen nicht mehr fürs Parken zur Kasse gebeten werden als Normal- oder Geringverdiener.

Parken im öffentlichen Raum war nicht immer erlaubt

Knie fordert: „Wir müssen den Bedürfnissen moderner Menschen gerechter werden.“ Innenstädte müssten also lebendiger werden, mehr Platz für Gastronomie und Handel schaffen, klimafreundlicher werden. Dabei sei eine zentrale Maßnahme, den ruhenden Verkehr einzuschränken, also parkende Autos. Für den ohnehin fließenden Verkehr gelte das aber nicht. Laut Knie sei es gar ein „Systemfehler“, dass Autos überall abgestellt werden können. „Das war bis 1966 auch übrigens gar nicht legal“, so Knie. „Vorher war es nicht möglich, ein Auto dauerhaft im Straßenraum abzustellen. Wer ein Auto besitzen wollte, musste vielerorts zunächst einen Stellplatz ausweisen.“ Es folgte das sogenannte Bremer Laternen-Urteil von 1966, dass das Abstellen von Autos im öffentlichen Raum legalisierte.

Genau hier sei das Problem: „Das Auto ist deswegen so attraktiv, weil man es an so vielen Orten praktisch kostenlos abstellen kann“, sagt Knie. „Man kann ja auch nicht einfach seinen Tisch oder das Sofa einfach da abstellen, wo man möchte.“ Die Dominanz des Autos in Innenstädten könne nur eingeschränkt werden, wenn man Parkraum deutlich teurer gestaltet. Ein extremeres Modell sei auch denkbar, etwa, Parkraum dauerhaft zu entfernen.