Abzocke oder alternativlos – sind die Parkgebühren in Wiesbaden angemessen?

Um fast das Zehnfache sind die Gebühren für das Anwohnerparken seit 2022 in Wiesbaden angestiegen. Auch an Parkautomaten müssen Autofahrer seit einigen Jahren mehr zahlen. Doch was macht die Stadt mit den Mehreinnahmen?

Abzocke oder alternativlos – sind die Parkgebühren in Wiesbaden angemessen?

Lange war das Anwohnerparken in Wiesbaden sehr günstig, die Parkgebühren in der Stadt moderat. Doch zuletzt stiegen die Preise mitunter stark an. Viele Autofahrer können diese Gebührenerhöhung jedoch nicht nachvollziehen, fühlen sich abgezockt und wollen vor allem wissen, wo die Mehreinnahmen hinfließen. Die Stadt Wiesbaden jedenfalls verfolgt damit bestimmte Ziele.

Vorwurf: Auto soll aus Stadt verdrängt werden

Noch bis Anfang 2022 mussten Wiesbadener für einen Anwohnerparkplatz, der zwei Jahre Gültigkeit besaß, „nur“ 23,50 Euro zahlen. Doch nach einer vom Land Hessen beschlossenen Verordnung war es den Kommunen seit dem letzten Jahr schließlich gestattet, sich nicht mehr an Gebührenobergrenzen halten zu müssen. Zudem besitzen Anwohnerparkausweise nur noch ein Jahr Gültigkeit. In Wiesbaden entschied man sich schließlich, die Gebühren von 11,75 Euro pro Jahr auf 120 Euro zu erhöhen, was fast einer Verzehnfachung entspricht (also ein Plus von rund 920 Prozent).

Doch nicht nur bei Tausenden von Wiesbadenern sorgte diese Entscheidung für Unmut. Auch CDU und FDP kritisierten dieses Vorgehen: „Unfassbar, dass in Zeiten, in denen wir eigentlich dringend über Entlastungen für Familien sprechen müssen, ohne Not das Bewohnerparken verzehnfacht wird“, sagte die CDU-Vorsitzende Daniela Georgi. Ähnlich sah es Partei-Kollege Marc Dahlen, der in dem Ziel der Aktion sah, das Auto aus der Stadt zu verdrängen.

Die Stadt Wiesbaden jedoch verteidigt die Gebührenerhöhung und verweist auf Anfrage von Merkurist noch einmal darauf, dass die Mehreinnahmen zielgerichtet eingesetzt würden. So diene der Großteil der Finanzierung des „Schülertickets Hessen WI15“. „Mit dem Ticket können alle Wiesbadener Kinder und Jugendliche unter 18 ab Sommer 2023 für nur 15 Euro im Monat in ganz Hessen sowie in Mainz unbegrenzt Bus und Bahn im Nahverkehr fahren. Das ist eine Halbierung des bisherigen Preises; somit werden Familien in Wiesbaden deutlich entlastet“, sagt ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Ein kleiner Teil der Mehreinnahmen werde zudem dafür genutzt, das Antragssystem für die Bewohnerparkausweise zu modernisieren, die ebenfalls für 2023 geplant ist.

Parken an Parkscheinautomaten

Doch nicht nur das Anwohnerparken ist zuletzt teurer geworden. Auch die Parkgebühren an den Automaten stiegen in den letzten Jahren an. Allerdings, wie die Stadt Wiesbaden angibt, wurde hier zuletzt am 1. Januar 2020 erhöht und seitdem nicht mehr.

So kostet eine Stunde im öffentlichen Straßenraum aktuell je nach Lage 2,50 (Preiszone 2) beziehungsweise 3 Euro (Preiszone 1). E-Autos hingegen können an solchen Parkplätzen in den ersten drei Stunden mit Parkscheibe kostenlos geparkt werden. Da diese Parkplätze in erster Linie für Kurzzeitparker gedacht sind, können dort auch Zehn- beziehungsweise Zwölf-Minuten-Intervalle à 50 Cent bezahlt werden.

Wie die Stadtverwaltung angibt, sei die Erhöhung der Parkgebühren an Parkscheinautomaten seinerzeit mit dem Ziel erfolgt, die Gebühren den Tarifen in den privat betriebenen Parkhäusern und Tiefgaragen anzupassen. Dadurch seien Parkhäuser und Tiefgaragen für Langzeitparker wieder attraktiver geworden, während die Parkplätze an Parkscheinautomaten verstärkt von Kurzzeitparkern genutzt werden können.

Zudem sei die Erhöhung auch unter dem Aspekt des Umweltschutzes zu betrachten. „Wenn Langzeitparker durch attraktivere Tarife und die Aussicht, direkt einen Parkplatz zu bekommen, verstärkt die Parkhäuser und Tiefgaragen nutzen und dadurch Kurzzeitparkern mehr Parkplätze an Parkscheinautomaten zur Verfügung stehen, reduzieren sich Parksuchverkehre, die einen nicht unerheblichen Anteil am innerstädtischen Gesamtverkehr ausmachen, und damit die Emission von Luftschadstoffen“, heißt es seitens der Verwaltung.

Logo