20 Straßen und Orte in Wiesbaden könnten demnächst umbenannt werden – darunter auch das Opelbad. Das empfiehlt zumindest eine Fachkommission, die im Auftrag der Stadt Wiesbaden die Namenspatronen von Wiesbadener Verkehrsflächen untersucht hat.
Wilhelm von Opel – ein Nazi?
In ihrem Abschlussbericht stellt die Fachkommission 18 Namenspatronen in Wiesbaden heraus, die offenbar einen starken Bezug zum Nationalsozialismus (NS) hatten. Zu ihnen gehört auch Wilhelm von Opel, nach dem nicht nur das Opelbad, sondern auch die Wilhelm-von-Opel-Hütte im Stadtwald benannt sind.
Laut dem Bericht hat sich der Sohn des Opel-Gründers Adam Opel bereits vor 1933 in nationalsozialistischen Gruppierungen engagiert, habe mehrere NS-Organisationen finanziell unterstützt und „in einer Rede ein wahrnehmbares Bekenntnis zum Nationalsozialismus als politischer Bewegung und zum NS-Regime abgelegt“. Die Kommission empfiehlt deshalb nicht nur eine Umbenennung der nach ihm benannten Orte, sondern auch die Aberkennung seiner Ehrenbürgerschaft.
Weitere Straßen betroffen
Auch bei folgenden Straßen und Orten empfiehlt die Kommission eine Umbenennung:
In Biebrich: Sauerbruchstraße, Otto-Schmelzeisen-Dojo, Adolf-Todt-Straße
In Bierstadt: Gerhardt-Katsch-Straße, Heinrich-Pette-Straße
In Amöneburg: Alexander-von-Engelberg-Straße
In Mitte: Kronprinzenstraße, Herbertanlage
In Naurod: Rudolf-Dietz-Straße, Rudolf-Dietz-Schutzhütte mit Brunnen
In Nordost: Jonas-Schmidt-Straße, Alfred-Schulte-Hütte, Richard-Strauß-Straße
Im Rheingauviertel/Hollerborn: Gerhart-Hauptmann-Schule
In Schierstein: Christian-Bücher-Straße
In Südost: Elmendorffstraße, Overbeckstraße und Viktoria-Luise-Straße
Lange Debatten um Umbenennung
Vor allem die Umbenennung der Rudolf-Dietz-Straße und -Schutzhütte sorgt bereits seit längerer Zeit für Diskussionen in Wiesbaden. Einen Antrag, den Dichter Rudolf Dietz wegen antisemitischer Passagen in seinen Werken als Namensgeber auszuschließen, lehnte der Ortsbeirat in Naurod 2003 ab.
Insgesamt hat die Fachkommission 71 Namensgeber untersucht, die zwischen 1870 und 1925 geboren worden sind und damit die NS-Zeit bewusst erlebten. In 18 Fällen empfiehlt die Fachkommission eine Umbenennung, zwölf weitere Namensgeber seien zwar „diskussionswürdig“, aber würden dem Ansehen der Stadt Wiesbaden nicht schaden. Die restlichen 41 Personen stehen nach dem Urteil der Kommission nicht mit dem Nationalsozialismus in Verbindung.
Ob die genannten Straßen und Orte tatsächlich umbenannt werden, liegt nun bei der Stadtspitze und den Ortsbeiräten. Wie die Stadt Wiesbaden mitteilt, wolle sie die Bürger in die Diskussion mit einbeziehen – insbesondere die betroffenen Anwohner.
Hintergrund
Eine Bürgerinitiative, die für die Umbenennung der Pfitznerstraße eintrat, begann 2018 eine Debatte um Straßennamen in Wiesbaden. Wie soll die Stadt mit Namensgebern umgehen, die eine Nähe zum Nationalsozialismus aufweisen? Am 13. Februar beschloss die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung, sich vom Komponisten und Holocaust-Befürworter Hans Pfitzner zu distanzieren und die Straße stattdessen nach Johannes Brahms zu benennen.
Aufgrund der langwierigen Debatte um die Pfitznerstraße beauftrage die Stadt Wiesbaden eine Historische Fachkommission damit, Verkehrsflächen, Gebäude und Einrichtungen in der Stadt auf weitere NS-Verbindungen zu überprüfen. Den Abschlussbericht hat die Kommission am Dienstag (7. November) der Stadtspitze vorgestellt.
Den vollständigen Abschlussbericht findet ihr als PDF auf der Seite der Stadt Wiesbaden.