Noch ein paar Tage, dann wird der Mainzer Gastronom Wolfgang „Wolfi“ Klein in den Ruhestand gehen. Klein führte unter anderem das „Caveau“ und das „Quartier Mayence“, ist bekannt für seine Gedichte und hat von einer Menge Erlebnisse zu berichten.
„Warum ich aufgeben will?“ fragt er im Gespräch mit Merkurist: „Weil ich 45 Jahre dabei bin. Das ist in der Gastro-Branche sehr, sehr lange. So langsam spüre ich jeden Knochen in meinem Körper. Die Schlepperei macht mich fertig.“ Der Abschied falle ihm schwer, dennoch sei er auch „neugierig“ auf das, was ihn in den kommenden Jahren in diesem neuen Lebensabschnitt erwartet. „Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gastronomien, die Inflation, immer mehr Gastro-Ketten und die schwierige Personal-Situation in der Branche“ würden ihm den Abschied jedoch erleichtern, sagt „Wolfi“.
Klopp war Stammgast
Noch führt Klein in Gonsenheim die Gaststätte „Zum Löwen“. „Es war eine tolle Zeit. Gonsenheim ist der Renner: Kurze Wege, nette Gäste, man kennt sich, alles ist übersichtlich und familiär.“ Die Partys seien „nett“, die Lesungen „gut“ und Jürgen Klopp als Stammgast sei ganz besonders gewesen. „Was will man mehr? Jede meiner Kneipen war wertvoll für mich und die Gäste. Jede davon hat eine Generation geprägt. Sei es Kultur, Jump, Livemusik dienstags im Caveau oder zum Frühschoppen im Quartier. Aber alles hat einmal ein Ende.“
Den Abschied aus dem Gastro-Leben will Klein mit einer Silvesterparty im „Löwen“ feiern. Doch die Erwartungshaltung will der Kult-Wirt nicht zu hoch ansetzen: „Alles soll normal sein. Ich mach Musik, die Leute tanzen, dann räume ich wieder alles auf und gehe nach Hause schlafen. Am nächsten Tag bin ich Rentner im Unruhezustand. That's it.“ In Mainz will er bleiben, versichert Klein. Kneipen und Konzertsäle sollen weiterhin eine Rolle in seinem Leben spielen – dann will „Wolfi“ aber Besucher sein. Außerdem will er sich seiner zweiten Liebe nach der Gastro widmen: der Kunst. Lesungen mit Musik, neue Bücher und Gedichte – das sind seine neuen Projekte. Der tägliche Großeinkauf und die Schlepperei spielen stattdessen in seinen Plänen keine Rolle mehr.
Ein Leseurlaub als Belohnung
Doch schafft es der Gastronom wirklich ganz ohne die Gastronomie? Schon jetzt lässt er sich eine Hintertür offen: „Wie ich mich kenne, suche ich mir einen Job in einer Kneipe und gehe Bierzapfen“, sagt er. Wer einen guten Mann suche, solle sich bei ihm melden. Doch vorher steht für Klein ein besonderer Trip an: ein Leseurlaub. Sein Traumbuch „Solenoid“ von Mircea Cartarescu wolle er dann in Ruhe lesen. Rund drei Wochen Zeit will er sich für die 900 Seiten nehmen, wie „Wolfi“ sagt. „Mircea und ich haben am gleichen Tag Geburtstag. Er ist ein wahrer Meister, zu dem ich hochblicke. Ich freue mich seit einem Jahr drauf.“
Und dann ist da noch Kleins größtes Herzensprojekt, wie er verrät: „Einmal Wirt, immer Wirt. Ich werde meiner Allerbesten jeden Morgen das Frühstück zubereiten und servieren. Schließlich hat sie mir 45 Jahre den Rücken freigehalten. Nur so konnte ich diesen knallharten Job durchziehen.“