Nachfolger für Mainzer „Beichtstuhl“ gefunden – doch es gibt Probleme

Seit dreieinhalb Jahren steht eine der traditionsreichsten Weinstuben in der Mainzer Altstadt leer. Nun hat sich anscheinend ein Nachfolger für den „Beichtstuhl“ gefunden. Der jedoch sieht sich mit einigen Problemen konfrontiert.

Nachfolger für Mainzer „Beichtstuhl“ gefunden – doch es gibt Probleme

„Anno 1910“ – so steht es, ins Holz eingeritzt, über der Eingangstür zum Gastraum im Erdgeschoss des „Beichtstuhls“. Und tatsächlich ist die Weinstube in der Kapuzinerstraße eine der traditionsreichsten in Mainz. Gegründet vor 115 Jahren von einem Winzer aus Gau-Algesheim, befindet sie sich seit Jahrzehnten im Besitz von Familie Wunderlich. Marianne Wunderlich führte das Gasthaus viele Jahre lang, danach ging es in den Besitz ihrer vier Kinder über.

Geschlossen in der Corona-Zeit

Anfang 2020 dann hatte Marcus Landenberger die Gastronomie als Pächter übernommen, musste aber Ende Dezember 2021 wegen der Corona-Pandemie wieder schließen (wir berichteten). Seitdem suchten die Geschwister einen neuen Pächter für das Haus, bestehend aus drei Stockwerken Gastronomie und zwei Wohnungen.

Nun scheint ein Nachfolger gefunden: Axel Klug will die Tradition des Beichtstuhls wieder aufleben lassen. Der Rheinhesse war jahrelang in der Mainzer Wirtschaftsförderung aktiv und danach Citymanager in Wiesbaden und Rosenheim. Nun wolle er seine Erfahrungen für einen Neuanfang nutzen. „Ich habe schon seit langer Zeit überlegt, selbst in die Gastronomie einzusteigen“, sagt er im Gespräch mit Merkurist.

Klug plant eine klassische Weinstube, in der es auch Kleinigkeiten zu essen geben soll. Bei der Weinauswahl will er sich auf zwei Weingüter beschränken: Dautermann aus Ingelheim sowie Klostermühlenhof aus Hahnheim. „Damit will ich am Ursprung des Beichtstuhls anknüpfen, als ein Winzer hier seine eigenen Weine ausgeschenkt hat“, so Klug. Bei Dautermann gefalle ihm zudem die Idee, dass der Winzer ein integratives Konzept verfolge, also Menschen mit Behinderung beschäftigt sowie an integrative Projekte spendet. Für sein soziales Engagement erhielt das Weingut auch kürzlich den „Best of wine tourism Award“ im Bereich Nachhaltigkeit.

Integratives Konzept geplant

Dieses Konzept will auch Klug künftig im Beichtstuhl verfolgen, wie er sagt: In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen (GPE) will er sowohl im Service als auch in der Küche Menschen einstellen, die eine psychische Erkrankung haben. Etliche Vorprodukte für die Küche, etwa gekochte Kartoffeln, sollen zudem von der GPE-Großküche zugeliefert werden. Das Brot will er von einer Bäckerei im Rheingau beziehen, die mit einer Behindertenwerkstatt zusammenarbeitet. Käse und Wurst soll von Handwerksbetrieben aus der Region stammen, auch hier sei er schon im Gespräch, sagt Klug. So soll es künftig etwa „Jambon de Mayence“ im Beichtstuhl geben.

Um die Arbeit für seine Beschäftigten einfacher zu gestalten, sollen Bestellungen und Bezahlungen über einen QR-Code abgewickelt werden, der auf jedem Tisch angebracht werde. „Dann kann sich mein Personal auf das konzentrieren, was es am besten kann: den Service“, so Klug. „Mir ist wichtig, dass sich meine Mitarbeiter hier wohlfühlen und Spaß an ihrer Arbeit haben.“

Weinproben und Gastköche

Der laufende Betrieb soll größtenteils in der Gaststube im Erdgeschoss laufen, wo sich auch der Ausschank befindet. Im ersten Obergeschoss will Klug einmal monatlich Weinproben anbieten, mit Weinen aus Rheinhessen, Deutschland und der Welt. Diese Weine sollen dann für eine begrenzte Zeit in den Ausschank aufgenommen werden, darunter auch entalkoholisierte Sorten. Außerdem könnte ein Teil der Etage für Stammtische oder Veranstaltungen genutzt werden. Auch plant Klug, Gastköche einzuladen, die dann etwa zwei Tage pro Monat Speisen in ihrem eigenen Stil zubereiten.

Im Innenraum will er fast nichts ändern, sondern „natürlich“ das alte Interieur erhalten, sagt Klug. Lediglich die verblichene Fototapete im oberen Geschoss will er weiß überstreichen und über einen Beamer großformatige Fotos aus dem Weinbau an die Wand projizieren. „Wenn alles gut läuft, könnte ich schon Mitte/Ende Oktober ein Softopening machen.“ Danach wolle er jeweils mittwochs bis sonntags geöffnet haben, vom frühen Nachmittag bis zum Abend.

Maximal sechs Quadratmeter Außengastronomie

Doch noch läuft eben nicht alles gut. Denn, wie Klug berichtet, erteile ihm die Stadtverwaltung keine Genehmigung dafür, im Außenbereich Tische und Stühle hinzustellen. „Maximal sechs Quadratmeter Außenbestuhlung sind erlaubt, das ist viel zu wenig“, so Klug. Denn die rund 20 Sitzplätze im Erd- und die 35 im Obergeschoss würden nicht reichen, um die Weinstube künftig rentabel zu betreiben. „Im Sommer möchten die Menschen draußen sitzen“, sagt der Inhaber.

Wie die Stadtverwaltung ihm mitgeteilt habe, sehe sie sich aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage, eine größere Fläche für die Außengastronomie freizugeben. Grund sei ein jahrzehntealter Bebauungsplan. Der Platz, den sein Vorgänger nutzen durfte, sei auf die Corona-Zeit beschränkt gewesen.

Schriftliches Einverständnis der Nachbarn

Die einzige Möglichkeit, die Klug habe, sei eine schriftliche Einverständniserklärung der direkten Nachbarn einzuholen – sowohl der Hausbesitzer als auch der aktuellen Bewohner. Dann könne er eine Fläche von unter 20 Quadratmetern für seine Außengastronomie nutzen. Doch das ist Klug zu heikel: „Selbst wenn alle zustimmen, kann bei einem Bewohnerwechsel wieder alles zunichte gemacht werden.“ Dafür reiche eine Person in einer Wohngemeinschaft.

25 bis 30 Plätze hätte Klug gerne im Außenbereich. Er habe die Hoffnung, dass doch noch eine Möglichkeit gefunden werde. Denn das, so Klug, sei die Voraussetzung dafür, dass er einen mehrjährigen Pachtvertrag überhaupt unterzeichnen könne.