Flüchtlingsheim auf dem Mainzer Layenhof: So ist die Situation

Wie leben die Geflüchteten in der Finther Unterkunft? Und wie verstehen sie sich mit ihren Nachbarn? Ein Gespräch mit den Heimbewohnern Yazan A., Ridan K. und zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern, die auch auf dem Layenhof leben.

Flüchtlingsheim auf dem Mainzer Layenhof: So ist die Situation

Der 10. Mai ist ein warmer, sonniger Tag, alles ist grün auf dem Layenhof. Nadine E. (41) und Ossman B. (41) haben Merkurist-Redakteurin Anna C. Huber zu sich eingeladen, um über das Flüchtlingsheim in ihrer Nachbarschaft zu sprechen. Zu dem Gespräch sind auch zwei Geflüchtete gekommen, die aktuell in der Unterkunft leben: der 30-jährige Yazan A. und der 38-jährige Ridan K., die beide aus Syrien geflohen sind.

Auf die Frage, wie es ihnen auf dem Layenhof gefällt, antwortet Yazan ganz klar: „Es ist perfekt.“ Die Gegend sei so schön, man könne joggen und spazieren gehen, es sei ruhig und dennoch sei man schnell in der Stadt. Doch als Nadine die Busstreiks erwähnt, fallen allen noch weitere strukturelle Mängel ein. Nadine engagiert sich gemeinsam mit ihrem Mann Ossman ehrenamtlich für die Geflüchteten und sieht einigen Verbesserungsbedarf, wobei sie die schlechte Busanbindung noch am unproblematischsten findet.

Mehr offizielle Unterstützung gewünscht

So haben die Geflüchteten nach eigenen Angaben kein Internet in der Anlage und keinen Gemeinschaftsraum, auch einen Fernseher gibt es nicht. Gerade der fehlende Internetzugang stößt bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern auf großes Unverständnis, denn für sie ist klar, dass die Geflüchteten den dringend bräuchten: „Das ist für die Leute hier die einzige Möglichkeit, mit ihren Familien und Freunden im Ausland in Kontakt zu bleiben“, sagt Nadine.

Generell findet die Ehrenamtliche, dass aus der Stadtverwaltung zu wenig Unterstützung für die Geflüchteten komme. „Als ganz am Anfang der Flüchtlingsbeauftragte hier war, hat er uns ein Heft hingelegt mit vielen ehrenamtlichen Organisationen. Man ist stolz darauf, dass es so viel Engagement in der Bevölkerung gibt, und das ist ja auch wirklich toll. Aber ich finde, es geht nicht, dass die Stadt sich darauf verlässt.“ Der Stadtmitarbeiter habe direkt gefragt, wer was mit den Geflüchteten machen wolle. Von städtisch organisierten Aktionen sei nicht die Rede gewesen. Das ehrenamtliche Engagement sei einfach vorausgesetzt worden.

Zudem soll die Stadt insgesamt nur eineinhalb feste Betreuerstellen für die Unterkunft auf dem Layenhof zur Verfügung stellen. Die einzige Vollzeitbetreuerin hätte feste Bürozeiten, zu denen sie ansprechbar sei, aber abends und am Wochenende sei niemand vor Ort. Ab und zu kämen außerdem zwei Männer, ungefähr einmal pro Woche. „Das funktioniert gar nicht ohne Überstunden“, sagt Nadine dazu.

Unterstützung bräuchten die Geflüchteten vor allem beim Vereinbaren von Behörden-, Arzt- oder anderen Terminen – aber auch bei den vielen Fragen, die sich ihnen rund um die Lebensorganisation stellen. Ossman und Nadine erinnern sich mit Schrecken an eine Nacht, in der ein Geflüchteter plötzlich starke Schmerzen hatte und dringend ins Krankenhaus musste. Die Bewohner der Unterkunft bekämen zwar Informationen über alle Notrufnummern auf Aushängen und die Betreuerin würde auch des Öfteren darauf hinweisen. Aber die Geflüchteten wüssten oft nicht, was die Aushänge bedeuten oder was bei einem Notfall in Deutschland zu tun sei. Zudem wäre es häufig sehr schwer für sie, sich mit ihren Gesprächspartnern am Telefon zu verständigen. Darum seien die Geflüchteten außerhalb der Bürozeiten oft auf die Ehrenamtlichen angewiesen.

Das sagt die Stadt

Auf die Frage, wie viele Betreuerstellen die Stadt für die Unterkunft auf dem Layenhof abgestellt hat, lautet die Antwort aus der Pressestelle: „Die Anzahl der Betreuerstellen richtet sich nach der Belegungskapazität.“ Am 13. Mai lebten 73 Geflüchtete in dem Finther Heim.

Merkurist hat außerdem nachgefragt, wieso es kein Internet, keinen Gemeinschaftsraum und keinen Fernseher in der Unterkunft gebe. Laut Stadt gibt es sehr wohl einen Gemeinschaftsraum, Fernseher würden nicht zur Verfügung gestellt. Dass es bisher kein Internet in der Unterkunft gibt, habe indes organisatorische Gründe: „Aufgrund der Lage des Layenhofs mussten wir zur Versorgung der Geflüchtetenunterkunft mit Internet erst eine grundsätzliche Versorgung vor Ort herstellen. Aktuell laufen abschließende Arbeiten.“

So erleben die Geflüchteten ihr neues Zuhause

Einen Internetzugang wünscht sich auch Yazan sehnlichst, doch auf die Frage, was er dringend brauche, fällt ihm zuerst etwas anderes ein. Der studierte Elektroingenieur ist seit sieben Monaten hier und spricht schon fließend Deutsch, das Wort bereitet ihm nur kurz Probleme: „Privatsphäre.“ Er lebt mit Ridan und einem dritten Mann in einem kleinen Zimmer, das Bad teilt er sich mit 29 anderen Personen. „Du hörst deinen Nachbarn“, sagt Yazan, Nadine ergänzt: „Beim Duschen und auf dem Klo.“ „Auf Dauer ist das kein Zustand“, findet auch Ossman.

Dennoch sind Yazan und Ridan sehr froh, auf dem Layenhof zu wohnen, wie sie versichern. Yazan nennt als Gründe für seine Flucht „Schutz“ und „Unterstützung“, beides finde er nun hier. Er hoffe, dass er bald in seinem Beruf arbeiten könne, dafür müsse er sein Deutsch nur noch ein bisschen verbessern. Auch Ridan, für den Yazan und Ossman übersetzen, weiß die Unterkunft in Finthen sehr zu schätzen, wie er sagt. Er musste nach eigenen Angaben aus Syrien fliehen und legte einen Großteil der Flucht zu Fuß zurück, über drei Monate war er so unterwegs. In Deutschland sei Ridan fast verdurstet und verhungert angekommen, 20 Kilo habe er bei der Flucht abgenommen.

Beide empfinden vor allem die Nachbarn und das soziale Miteinander als große Pluspunkte ihres Lebens auf dem Layenhof, sagen sie. „Wir mögen die Atmosphäre. Wir hatten am Anfang keine Freunde, jetzt haben wir viele hier“, so Yazan. „Die Nachbarn sind mehr als Nachbarn“, erklärt auch Nadine und spielt damit auf das Wohnprojekt Layenhof und den dazugehörigen Verein an. „Jeder kennt jeden, du hast hier eine gewisse Sicherheit.“ Die Geflüchteten seien auch sehr schnell in die Gemeinschaft integriert worden, sie hätten beispielsweise bereits zusammen mit Anwohnern Blumenbeete saniert und ein Eid-Mubarak-Fest mit einem großen Essen gefeiert. „Die paar Leute, die vorher immer kritisch waren und kein Flüchtlingsheim in ihrer Nähe wollten, sind dieselben, die dann Sachen hingebracht haben zum Spenden. Weil es halt gut funktioniert.“