20 Jahre ist es her, dass die Pläne für ein neues Einkaufszentrum in der Mainzer Innenstadt zum ersten Mal aufkamen. Nach jahrelangen intensiven Verhandlungen konnte die Stadt Mainz nun verkünden: der städtebauliche Vertrag für das neue Quartier an der Ludwigsstraße ist abgeschlossen. Die Details wurden jetzt von Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos), Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) und Stadtentwicklungsdezernentin Manuela Matz (CDU) vorgestellt.
„Das Konzept ist einzigartig für Innenstädte“, zeigte sich Haase begeistert. Der Stadt sei wichtig gewesen, dass das neue Quartier modern, nachhaltig und größtenteils für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Diese Punkte seien in dem städtebaulichen Vertrag festgelegt worden. Außerdem sei eine Nutzungsmischung wichtig, „statt eine 30.000 Quadratmeter große Mall“, so Haase. „Unser Ziel ist es, mehr Frequenz in der Innenstadt zu schaffen.“
Dachterrasse wird öffentlich zugänglich
Auch für Grosse sei das neue Lu:-Quartier „eines der wichtigsten Bauprojekte, die je in der Mainzer Innenstadt angegangen wurden“, daher habe es die Stadtverwaltung auch so lange beschäftigt. „Seit 1992 diskutieren wir schon.“ Fast alle Dezernate waren eingebunden. In den langen Verhandlungen sei über viele Details abgestimmt worden. „Wir sind sehr erleichtert, dass wir uns nun geeinigt haben.“
Zu den wichtigsten Regelungen, die nun im Vertrag festgehalten wurden, zähle etwa, dass die Dachterrasse künftig teilweise öffentlich zugänglich sein soll, und zwar bis 22 Uhr und ohne den Zwang, etwas zu verzehren. Auch soll für Schatten auf der Terrasse und der Rooftop-Bar gesorgt werden, ebenso für eine Absicherung. „Wir wollen, dass neue öffentliche Räume geschaffen werden“, so Grosse. Für die Fassadengestaltung soll der Eigentümer einige Muster erstellen, die dann öffentlich ausgestellt werden. Wann und wo das sein wird, werde vorher noch bekanntgegeben.
Keine Autos auf dem Bischofsplatz
Auf dem Bischofsplatz soll außerdem ein Trinkwasserspender eingerichtet werden. Außerdem soll der Brunnen an einen neuen Standort innerhalb des Platzes verlegt werden. „Zudem dürfen keine Autos und Taxis auf den Bischofsplatz fahren.“ Dieser Punkt sei in den Verhandlungen besonders schwierig gewesen, da das neue Hotel direkt an den Platz angrenzen wird. „Uns war es von Anfang wichtig, den Verlust von öffentlichen Freiraumflächen zu vermeiden“, so Grosse.
Daher würde nun auch hinter der Ludwigsstraße 6, am ehemaligen „Foto Oehling“, ein neuer kleiner Platz entstehen, der etwas mehr als 1000 Quadratmeter misst. Auch dieser soll für alle frei zugänglich sein. Dieser Platz sei teilweise ins Eigentum der Stadt übergegangen, für den Rest gebe es einen „Gestattungsvertrag“.
Festgeschrieben im Vertrag ist zudem die Nutzungsgröße des Einzelhandels: Höchstens soll der Handel 7000 und maximal 15.000 Quadratmeter Fläche einnehmen. Große Einzelhändler, die bereits in der Innenstadt ansässig sind, dürfen außerdem die ersten acht Jahre keinen Mietvertrag in dem neuen Quartier abschließen – darunter zählen etwa Peek & Cloppenburg, Saturn und C&A. Zehn Prozent der Fläche soll von Händlern belegt werden, die noch nicht in der Innenstadt ansässig sind.
Kritik vom Ortsvorsteher
Kritik kam vom Ortsvorsteher der Mainzer Altstadt, Dr. Brian Huck (Grüne). Viele Vorschläge des Ortsbeirats seien nicht im Vertrag umgesetzt worden, darunter zählten etwa die Dachform oder die Grenzen des Bebauungsplans. Außerdem schaffe das neue Quartier keinen zusätzlichen Wohnraum, der in der Innenstadt so dringend nötig sei. Lediglich acht bis zehn neue Wohnungen werden dort geschaffen, wo schon vorher kirchlicher Wohnraum war.
„In europäischen Städten ist eine gemischte Nutzung üblich, also im Erdgeschoss die Geschäfte, in den oberen Etagen die Wohnungen“, so Huck. So sei es auch nicht möglich, weiteren sozial geförderten Wohnraum zu schaffen. „Wie schwierig insgesamt die Verhandlungen waren, sieht man an den hohen Strafzahlungen, die zum Beispiel drohen, wenn der Bischofsplatz trotzdem befahren wird.“ Huck spricht von über zwei Millionen Euro, die von den Vertretern der Stadtverwaltung nicht dementiert werden.
Kaum Grünflächen
Auch Grünflächen suche man fast vergebens: Der Freiraum bei den Pavillons erinnere ihn an die Gestaltung des Zollhafens. „Es gibt Sitzmöglichkeiten und Stufen, aber keine Grün- oder Wasserelemente“, so Huck. Auch auf der angesprochenen Freifläche hinter der Ludwigsstraße 6 sei der größte Teil versiegelt. „Wenn man sich genau den Plan betrachtet, sieht man fünf Hochbeete, und viel zu wenig Baumpflanzungen. Das ist wirklich bescheiden.“ Dennoch sei auch er froh, dass der Vertrag abgeschlossen sei und dass es „endlich weiter vorangeht.“
Haase entgegnet auf Hucks Kritik, dass sich die Verwaltung gerade wegen der Ergebnisse aus den Bürgerbeteiligungen und den Beiträgen aus dem Ortsbeirat „so schwer getan“ habe. „Hier soll ja ein Einkaufsquartier geschaffen werden.“ Außerdem sei es doch wichtig, dass der „kleine Schandfleck“ am ehemaligen Foto Oeling prinzipiell abgeschafft werde. „Wir setzen hier einen Meilenstein zu einer attraktiven Innenstadt“, so Haase.
Der städtebauliche Vertrag soll nun nächste Woche dem Ausschuss und Anfang März dem Stadtrat vorgelegt werden. Die Investoren der Boulevard Lu GmbH & Co KG gehen davon, dass im Lauf der zweiten Jahreshälfte mit dem Bau gestartet werden kann, wenn alles Weitere reibungslos verlaufe, so Carolin Grimm aus der Pressestelle von J. Molitor Immobilien.