Die Nino-Erné-Straße in Mainz-Lerchenberg ist eine so genannte verkehrsberuhigte Zone. Das bedeutet: Fußgänger und Fahrzeuge sind hier gleichberechtigt, Kinder dürfen auf der Straße spielen, und für Autos gilt Schrittgeschwindigkeit (maximal 7 km/h).
Doch seit das Wohnquartier vor etwa fünf Jahren gebaut wurde, beobachten Anwohner, dass sich nicht alle an die Regeln halten wollen. „Viele Ecken sind hier schlecht einzusehen, trotzdem sind einige viel zu schnell unterwegs“, berichtet etwa eine Bewohnerin gegenüber Merkurist. Immer wieder habe sie die Erfahrung machen müssen, dass Kinder zur Seite springen müssen, weil ein Auto oder ein E-Bike herangeschnellt kommt. „Manchen beschimpfen uns Eltern sogar, wenn wir auf die Kinder hinweisen.“ Auch Unfälle zwischen Fußgängern und Radfahrern habe es schon gegeben.
Fragt man bei der Stadt nach, erfährt man auch hier, dass bei zwei Geschwindigkeitsmessungen im Frühjahr mehrere Fahrzeuge aufgefallen waren und gegen die Fahrer Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurden.
Aufsteller sollen zur Rücksicht mahnen
An einigen Stellen im Wohngebiet haben die Anwohner daher Schilder und Figuren aufgestellt, die darauf hinweisen sollen, dass hier Kinder wohnen und Rücksicht geboten ist. „Wir hatten mehrmals an die Stadt appelliert, hier mehr für die Sicherheit zu tun, doch passiert ist leider zu wenig“, sagt die Anwohnerin. Lediglich auf den Weg, die von der Landstraße aus Richtung Sportplatz führt, wurden Symbole von Fußgängern und Radfahrern aufgemalt, mit der Aufschrift: „Wir nehmen Rücksicht“. Gerast werde hier zum Teil trotzdem.
Ende Juli dann erreichte die Ortsvorsteherin Sissi Westrich ein Schreiben der Straßenverkehrsbehörde: Darin hieß es: „Die Gegenstände müssen innerhalb von 14 Tagen aus dem öffentlichen Verkehrsraum entfernt werden, sonst wird die Straßenverkehrsbehörde die Entfernung und Entsorgung vornehmen.“ Der Grund für das plötzliche Verbot: Verkehrsteilnehmer würden durch die Aufsteller behindert, zudem könnten Kinder übersehen werden.
Stadt Mainz: Die Schilder gefährden die Sicherheit
Gegenüber Merkurist teilt die Stadtverwaltung dazu mit: „Generell ist es nach § 32 der Straßenverkehrsordnung nicht zulässig, Gegenstände auf dem Gehweg oder der Fahrbahn einzubringen und dadurch eine Gefährdung zu verursachen.“ Die Straßenverkehrsbehörde sei tätig geworden, weil es hier Beschwerden gegeben habe.
Westrich indes war sehr „verwundert“ über dieses Verbot. Ursprünglich hatte sie die Behörde gebeten, veraltete Straßenschilder zu entfernen beziehungsweise zu erneuern. Die Aufsteller sind dem Mitarbeiter der Behörde dann „bei der Durchfahrt der Nino-Erné-Straße“ aufgefallen, wie er selbst an Westrich schrieb.
Westrich entgegnete daraufhin, dass die Aufsteller an den Grundstücken der Anwohner stehen würden, um die Autofahrer zu Schrittgeschwindigkeit zu ermahnen. „Die derzeitige Praxis besteht jetzt schon über Jahre hinweg“, so die Ortsvorsteherin weiter. Auch von Polizei oder Verkehrsbehörde habe es bisher keine Beschwerden deswegen gegeben. Gleichzeitig fragt sie, welche Ideen denn die Verkehrsbehörde habe, um die Straße zu einem sichereren Ort zu machen.
Plötzlich sind die Aufsteller „vorerst geduldet“
Noch am gleichen Tag zog die Straßenverkehrsbehörde ihr Verbot wieder zurück, nach „interner Rücksprache“ innerhalb der Behörde und mit der Polizei. Die Aufsteller würden „vorerst geduldet“, hieß es in dem neuen Schreiben – unter der Bedingung, dass mindestens 3,05 Meter Breite auf der Straße Platz gelassen wird für Rettungsfahrzeuge. Außerdem wolle man prüfen, ob an manchen Stellen die Fahrbahn verengt werden kann, um die Geschwindigkeit zu reduzieren. Auch eine Geschwindigkeitsmessung wurde in Aussicht gestellt.
„Das Verkehrsüberwachungsamt wird auch zukünftig an verschiedenen Tagen und zu unterschiedlichen Uhrzeiten die Kontrollen“ vornehmen, teilt die Stadtpressestelle gegenüber Merkurist mit. Zudem könnte eine Zeitlang ein „Dialogdisplay“ aufgestellt werden, das dann auf die gefahrene Geschwindigkeit hinweist.