Notaufnahme in Mainz: Deutschlandweit einzigartiges Projekt wird verlängert

Vor einigen Jahren startete an der Mainzer Universitätsmedizin ein einzigartiges Pilotprojekt, das eine Überlastung der Notaufnahme verhindern soll: eine Arztpraxis in der Klinik. Das Konzept war erfolgreich, jetzt wird es verlängert.

Notaufnahme in Mainz: Deutschlandweit einzigartiges Projekt wird verlängert

Eine vorgeschaltete Arztpraxis im Krankenhaus: Auf diese Weise sollen seit einigen Jahren die Patientenströme an der Mainzer Uniklinik gesteuert und die Versorgung verbessert werden. Das Konzept heißt „Allgemeine Medizinische Praxis am Campus der Universitätsmedizin“, kurz APC.

Es funktioniert so: Wer sich in der Notaufnahme der Uniklinik anmeldet, wird zuerst in der Arztpraxis vor Ort untersucht. Dort wird dann entschieden, ob der Patient weiter in die stationäre Notaufnahme geleitet wird oder ob eine ambulante Behandlung ausreicht. So sollen die Patienten besser eingeteilt und eine Überlastung der Notaufnahme verhindert werden. Letztendlich soll sich damit die Behandlung beschleunigen und verbessern.

71 Prozent wurden in der Praxis behandelt

Gestartet wurde das Projekt Anfang 2019, angelegt war es für fünf Jahre. Im März 2023, also nach vier Jahren, veröffentlichte die Uniklinik die Ergebnisse: Von den über 4000 Menschen, die in die APC kamen, wurden lediglich 18 Prozent in die Notaufnahme geschickt, 71 Prozent konnten in der Praxis behandelt werden. „Die übrigen wurden zu weiteren Untersuchungen geschickt. Auch das waren keine Notfälle“, erklärte Internistin Dr. Birgit Schulz aus der APC im März dem SWR. „Die Kollegen in der Notaufnahme können so besser arbeiten, weil sie nur noch die Schwerkranken behandeln. Auch die Patienten sind insgesamt viel zufriedener. Wir haben mehr Zeit für sie, was ganz wichtig ist.“

Dennoch berichten einige Merkurist-Leser aktuell davon, in der Notaufnahme „abgewiesen“ worden zu sein. So erzählt etwa Leserin Janina von einem Mann, der Schmerzen am Herzen hatte. „Man sagte ihm, trotz Notfall wird er nicht aufgenommen. Er bräuchte eine Überweisung.“

Über 15.000 Patienten im Jahr 2023

Etwa 290 bis 320 Patienten werden pro Woche im Durchschnitt in der Zentralen Notaufnahme behandelt, vornehmlich internistische und neurologische Patienten. „Das ist vergleichbar ist mit den Zahlen aus dem entsprechenden Vorjahreszeitraum“, erklärt Renée Dillinger, Pressesprecherin der Uniklinik, auf Anfrage von Merkurist. Insgesamt seien im Jahr 2023 etwa 15.200 Patienten in der Notaufnahme im Gebäude 605 behandelt worden. Wer keine Einweisung hat, stelle sich in der Regel in der APC vor. Von den 15.200 Patienten, die insgesamt in der Notaufnahme behandelt wurden, seien etwa 7550 Menschen stationär aufgenommen worden, also ungefähr die Hälfte.

Wie lange es durchschnittlich dauert, bis ein Patient behandelt wird, sei kaum möglich zu erfassen. „Die Behandlungsreihenfolge von Patient:innen in der Notaufnahme richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt des Eintreffens, sondern nach der Dringlichkeit der Behandlung“, so Dillinger. So könne es vorkommen, dass Menschen, die „nicht dringlich erkrankt“ sind, längere Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Das sei vor allem bei einem hohen Patientenaufkommen der Fall. „Das führt oftmals zu Unzufriedenheit bei leichter erkrankten Patient:innen.“

APC sei „enorm wichtig“

Die APC sei „enorm wichtig“, resümiert die Pressesprecherin nach fünf Jahren Erfahrung mit der vorgelagerten Arztpraxis in der Klinik. So könnten die Patientenströme in der Notaufnahme gesteuert und diejenigen Patienten identifiziert werden, für die kein stationärer Aufenthalt in der Klinik nötig ist.

Seit dem Start der APC habe sich die Zahl der Patienten in der Notaufnahme „signifikant verringert“, erklärt Dillinger. Das Team in der Notaufnahme könne sich nun auf die Menschen konzentrieren, die am dringlichsten Hilfe und eine stationäre Aufnahme benötigen.

Wegen dieser Erfolge und positiven Erfahrungen für die Mitarbeiter in der Klinik wurde das Projekt nun um ein weiteres Jahr verlängert, und zwar bis Dezember 2024. Geplant seien zudem demnächst Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Gesundheitsministerium. Das Ziel: diese laut Dillinger „immens wichtige Einrichtung“ auch nach 2024 weiter betreiben zu können.