Fast 227.000 Menschen leben inzwischen in Mainz, die Einwohnerzahl nimmt stetig zu. Gleichzeitig wächst der Druck auf den Wohnungsmarkt, vor allem fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Neue Wohnsiedlungen wie das Heilig-Kreuz-Viertel oder das Hildegardisareal sollen zwar zusätzlichen Platz für die Menschen schaffen. Doch auch in den vorhandenen Siedlungen der Stadtteile gibt es noch Potenziale: Baulücken zwischen Häusern beispielsweise, Mehrfamilienhäuser, die aufgestockt werden könnten oder Gebäude, die seit vielen Jahren leerstehen.
Mit diesen Potenzialen hat sich nun ein Raum- und Stadtplanungsbüro aus Karlsruhe beschäftigt. 2021 von der Stadt Mainz beauftragt, haben sich die Ingenieure in der Stadt umgesehen, haben Lücken ausfindig gemacht und daraus ein Gutachten erstellt. Das Ergebnis: Fast 1000 Wohnungen könnten noch entstehen, zusätzlich zu den bereits 10.000, die sich etwa aus den aktuell großen Neubauprojekten ergeben.
Potenziell neue Wohnungen an 270 Stellen
„Unser Ziel war es, der Stadtverwaltung einen Überblick zu verschaffen, als Grundlage für die künftige Stadtentwicklung“, erklärte Prof. Philipp Krass bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstag im Stadthaus. Im Fokus standen dabei die Flächen, die zum Wohnen zulässig sind. Ausgenommen waren demnach zum Beispiel Grünflächen, bereits bebaute Gebiete oder Gewerbegebiete.
Konkret haben die Ingenieure 270 Objekte ausgemacht, auf denen neue Wohnungen entstehen könnten. 88 von ihnen sind Baulücken, die geschlossen werden könnten, sowie 20 bereits versiegelte Flächen, die genutzt werden könnten, darunter etwa Parkplätze zwischen Wohngebäuden. 80 Häuser, die mindestens zwei Stockwerke niedriger sind als die Nachbargebäude, könnten eventuell aufgestockt werden, so Krass. Hinzu kommen 81 Häuser, die seit mindestens sechs Jahren leerstehen.
Rechnet man mit einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 95 Quadratmetern, ergeben sich rund 900 potentielle Wohnungen, die noch im Mainzer Bestand geschaffen werden könnten, so Krass. Aus jedem dieser Objekte hat das Planungsbüro anschließend einen Steckbrief erstellt, mit denen die Verwaltung nun weiterarbeiten könne.
Ortsvorsteher einbinden
„Die vorliegende Übersicht bietet auch eine nützliche Information, fast einen ‘Service’ für die Eigentümer:innen, der ein Anstoß für die weitere Entwicklung sein kann“, so Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) nach der Vorstellung des Gutachtens. Noch am Dienstagabend wurde es zudem allen Ortsbeiräten von Mainz vorgestellt – auf einer Versammlung mit rund 300 geladenen Gästen in der Rheingoldhalle. Es sei nun wichtig, auch die Ortsvorsteher einzubinden, um Eigentümer ausfindig zu machen und weitere Schritte zu überlegen, so Haase. Zudem will die Stadtverwaltung eine neue Personalstelle schaffen, die sich ausschließlich um diese Potenziale kümmern soll. Die Stelle „Baulückenmager:in“ werde im kommenden Nachtragshaushalt angemeldet, erklärte der OB.
„Am Ende wird vermutlich nicht jedes der erhobenen Potentiale aktivierbar sein und es handelt sich um einen längerfristigen Ansatz“, so Haase. Dennoch lohne sich die „Aktivierung“: zum einen, um zusätzlichen Wohnraum in bestehenden Siedlungen mit vorhandener Infrastruktur zu schaffen. Zum anderen diene sie in vielen Fällen auch der „Stadtreparatur“, etwa von eingeschossigen Nachkriegsbauten sowie leerstehenden und langsam verfallenden Wohngebäuden.
„Dass die Einwohnerzahl von Mainz stetig zunimmt, ist nicht nur positiv zu sehen, das kann auch eine Belastung bedeuten“, erklärte Haase. „Hier wollen wir als Stadt entgegenwirken, Wohnraum schaffen, und dämpfend auf die Mietpreise einwirken“, so Haase.