Kakerlaken-Plage in Mainzer Hochhaus: Bewohner fliehen aus ihren Wohnungen

Ein massiver Kakerlakenbefall belastet die Bewohner eines Mainzer Hochhauses. Ursache soll eine einzelne, vermüllte Wohnung sein. Während die Behörden handeln, warten die Nachbarn auf eine dauerhafte Lösung.

Kakerlaken-Plage in Mainzer Hochhaus: Bewohner fliehen aus ihren Wohnungen

Schon der Fund einer einzelnen Kakerlake in der Wohnung ist für viele ein Alarmsignal. In einer Wohnanlage in Mainz-Marienborn hat das Problem eine ganz andere Dimension erreicht: Hunderte Kakerlaken breiten sich im gesamten Gebäude aus – offenbar ausgehend von einer einzigen, vermüllten Wohnung.

„Es ist eine unhaltbare und gesundheitsgefährdende Situation, die seit Jahren ungelöst bleibt“, schreibt die Eigentümerin einer Nachbarwohnung in einer Mail an Merkurist. Ihr Mieter lebe mittlerweile bei seiner Mutter, auch andere Mieter seien aus ihren Wohnungen geflohen. Ein ganzes Stockwerk sei verseucht und stinke „ganz höllisch“.

Hunderte Kakerlaken an Wohnungstür

Merkurist liegen Bilder vor, die die Situation in dem Stockwerk zeigen. Vor der betroffenen Wohnung hängen Hunderte von Kakerlaken an Klebestreifen rund um die Tür. Auch alle anderen Bewohner der Etage haben Kakerlakenfallen aufgestellt, je näher die an der betroffenen Wohnung liegen, desto mehr Tiere kleben in den Fallen.

Wie die Eigentümerin der Nachbarwohnung sagt, habe das Ordnungsamt die Wohnung als „unbewohnbar“ eingestuft. Dort herrsche massive Vermüllung und Verwahrlosung. „Mehrfach wurde dokumentiert, dass der Bewohner draußen Müll sammelt und diesen wieder in die Wohnung trägt“, schreibt sie. Nachbarn und das Ordnungsamt hätten zudem beobachtet, wie der Mann mit Kakerlaken am Körper durch die Anlage laufe. In der Wohnanlage mit 228 Wohnungen verbreiteten sich die Schädlinge über Leitungen und Lüftungsschächte. Die Tiere könnten Krankheitserreger wie Salmonellen, Coli-Bakterien oder Hepatitis-A-Viren übertragen.

Das Ordnungsamt hat laut der Eigentümerin schriftlich bestätigt, dass der Befall immer wieder auftreten werde, solange der Bewohner in der Wohnung bleibe. Eine langfristige Lösung sei die Unterbringung in einer Einrichtung für betreutes Wohnen.

Was die Stadt Mainz sagt

Die Stadt Mainz bestätigt auf Anfrage von Merkurist, dass der Sachverhalt seit etwa 2023 bekannt ist und es im Haus sogar schon seit Oktober 2022 erste Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung gegeben habe. Für diese sei auch der Eigentümer verantwortlich. „Soweit der Verantwortliche nicht tätig wird, werden vom Ordnungsamt in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt beim Landkreis Mainz-Bingen Maßnahmen nach dem Infektionsrecht angeordnet.“

Inzwischen werde wegen des starken Befalls ein intensives Sprühverfahren angewendet. Das Ordnungsamt habe zudem Verfügungen nach dem Infektionsschutzgesetz erlassen, um das Betreten der Wohnung für die Kammerjäger zu erzwingen. „Eine anderweitige Unterbringung des Bewohners über das Infektionsschutzrecht – und entsprechende gerichtliche Entscheidungen – ist im vorliegenden Fall rechtlich nicht möglich.“

Amtsgericht: Entscheidung über Unterbringung des Bewohners

Doch warum gibt es in dem Fall keine gerichtliche Entscheidung? Die Eigentümerin der Nachbarwohnung schreibt gegenüber Merkurist: „Das Gericht hat eine Unterbringung bislang abgelehnt.“

Dem widerspricht allerdings das zuständige Mainzer Amtsgericht. Demnach sei ein Betreuungsverfahren gegen den Mieter der betroffenen Wohnung anhängig. „Eine Betreuung besteht, sie wird durch einen Berufsbetreuer erbracht.“ Das Amtsgericht habe bisher nicht über eine Unterbringung des Bewohners entschieden oder eine solche gar abgelehnt. „Auf aktuellen Antrag des Betreuers ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet worden, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Betroffenen vorliegen oder nicht.“

Ein Ergebnis stehe noch aus. „Wann dies der Fall sein wird, lässt sich nicht abschätzen. Auf die besondere Eilbedürftigkeit wurde bei Gutachtenserteilung hingewiesen.“ Einen Umzug des Betroffenen in eine Einrichtung für betreutes Wohnen könne höchstens der Betreuer veranlassen, nicht aber das Gericht. „Im vorliegenden Fall steht aber nicht die Frage eines Umzugs in eine betreute Einrichtung, sondern die Entscheidung über eine mögliche Unterbringung des Betroffenen im Raum.“ Weitere Auskünfte könne das Gericht mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen nicht erteilen.