Der Regen hält oft nicht lange an, dennoch richtet er große Schäden an. So wie an an einem Abend im September vergangenen Jahres. Schwere Unwetter und heftige Regenfälle innerhalb von kurzer Zeit hatten dafür gesorgt, dass massenhaft Schlamm von einem höher gelegenen Feld in den Ortskern von Hechtsheim gespült wurde. Die Alte Mainzer Straße war zeitweise voll gesperrt, Feuerwehr und Anwohner waren stundenlang im Einsatz.
Immer wieder sorgt Starkregen dafür, dass Straßen überflutet werden, Wasser in Häuser eindringt und Schäden anrichtet. Im Saarland und in Bayern haben in den vergangenen Wochen starke Regenfälle ganze Ortschaften unter Wasser gesetzt. Klimaexperten gehen davon aus, dass solche Extremwetterereignisse, die oft sehr örtlich begrenzt sind, noch weiter zunehmen werden. Wenn der Boden dann den Niederschlag nicht mehr oder nicht schnell genug aufnehmen kann, können Überflutungen auftreten. Was also will die Stadt Mainz unternehmen, um seine Bewohner und deren Hab und Gut zu schützen?
Felder und versiegelte Flächen stellen hohes Risiko dar
Zuständig für Hochwasser- und Starkregenmaßnahmen in Mainz ist der Wirtschaftsbetrieb der Stadt. „Im Gegensatz zu Hochwasser an großen Flüssen ist der genaue Ort und Zeitpunkt von Starkregen kaum vorherzusagen und kann für die Betroffenen sehr überraschend auftreten“, so Michael Paulus im Gespräch mit Merkurist. Er ist „Abteilungsleiter Neubau“ im Mainzer Wirtschaftsbetrieb und berät Mainzer dazu, mit welchen Maßnahmen sie Überflutungen auf dem eigenen Grundstück vermeiden können.
Ein besonders hohes Risiko gehe oft von Feldern aus, erklärt Paulus. In Hechtsheim beispielsweise war der Acker gerade abgeerntet, der Regen hat also zu einer Erosion des Bodens geführt. Ähnlich war es im vergangenen Jahr in Drais, als sich Ackerboden von einem Erdbeerfeld in Richtung Ort ergoss und Wasser in Keller eindrang. Daher erarbeite man im Wirtschaftsbetrieb nun gemeinsam mit Landwirten und Winzern Ideen. Ein erstes Treffen fand bereits vor drei Wochen statt.
Ähnlich problematisch sind versiegelte Flächen. Wenn der Kanal die großen Wassermengen nicht mehr aufnehmen und das Wasser nicht unterirdisch abfließen kann, können weite Flächen überflutet werden. „Starkregen kann nicht verhindert werden, daher müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Risiken und Schäden zu minimieren“, so Paulus. Dabei sollten alle „an einem Strang ziehen“, sagt auch Jeanette Wetterling, die Vorstandsvorsitzende des Wirtschaftsbetriebs: Städte und Kommune, Landwirte, Anwohner, Ortsbeiräte und auch Unternehmen vor Ort.
Starkregenkonzepte für jeden Stadtteil
Gemeinsam mit den Menschen vor Ort will der Wirtschaftsbetrieb daher für jeden einzelnen Stadtteil ein Konzept erstellen, zur Vorsorge von Hochwasser- und Starkregenereignissen. Ebersheim und Finthen, die beide umgeben von Feldern in Senken liegen, kamen als erstes an die Reihe, nun folgen Drais, Marienborn und Hechtsheim. Ziel soll es sein, gefährdete Stellen zu lokalisieren und Maßnahmen zu entwickeln, wie gemeinschaftlich und in Eigeninitiative vorgesorgt werden kann, ganz individuell auf den jeweiligen Stadtteil zugeschnitten. Dazu finden im ersten Schritt Gespräche mit den Ortsbeiräten statt, dann gibt es Begehungen mit den jeweiligen Ortsvorstehern und zum Beispiel der Feuerwehr. Nachdem dann ein erstes Grobkonzept erstellt worden ist, werden auch die Anwohner mit einbezogen.
Als Grundlage dienen so genannte Sturzflutenkarten, die auf der Webseite des rheinland-pfälzischen Landesamts für Umwelt für jeden einsehbar sind. Hier lässt sich für jeden Ort, für jede Straße, sogar für jedes Grundstück genau erkennen, wie hoch das Risiko für eine Überschwemmung ist. Auf der Karte kann man drei verschieden starke Regenereignisse abrufen, wohin und wie schnell das Wasser fließen und wie tief es stehen wird.
Individuelle Maßnahmen entwickeln
„Daraus können wir dann ableiten, welche Maßnahmen sich für die einzelnen Gebiete besonders eignen“, erklärt Paulus. Zeigen die Außentüren eines Hauses etwa in Richtung eines Hanges, könnte eine Mauer oder ein Erdwall Abhilfe schaffen. Ebenerdige Kellerfenster oder Lichtschächte könne man aufkanten, mit L-Steinen erhöhen oder durch wasserdichte Fenster ersetzen. Stromkabel, Medien und Abwasserrohre sollten nur in nicht überflutungsgefährdeten Bereichen angebracht oder dorthin versetzt werden. Da es in vielen Gebieten gar keinen Anschluss für Regenwasser gibt, sei „angepasstes Bauen“ hier besonders wichtig, so Paulus. Der Hintergrund: Das Regenwasser soll nicht abgeleitet, sondern zur Bildung von neuem Grundwasser vor Ort versickern.
In etlichen Stadtteilen gibt es zudem Rückhalteflächen, die etwa auch als Freizeitflächen genutzt werden oder naturnah gestaltet sind. In ihnen sammelt sich das Wasser und wird dann allmählich in den Kanal weitergeleitet. Straßen, die von den Rändern her nach innen abschüssig sind, seien zudem ideal, um das Wasser von den Häusern fernzuhalten. Jedoch könnten diese in der Regel aufgrund der Verkehrssicherheit nur bei Fußgängerwegen so gebaut werden.
Wälder etwa könnten viel mehr Wasser aufnehmen als zum Beispiel Wiesen, die im Sommer oft austrocknet sind. Zudem seien Bäche und Gräben sehr wichtig. „Diese müssen unbedingt freigehalten werden“, so Jeanette Wetterling.
Wenn ihr euch ansehen möchtet, wie hoch das Risiko vor Überschwemmungen bei Starkregen in eurem Wohnort ist, könnt ihr die Starkregenkarte des Umweltamts unter diesem Link aufrufen.
Vom 8. Juli bis 30. August sind die Mitarbeiter des Wirtschaftsbetriebs zudem im Umweltladen, um zu Hochwasser- und Starkregenvorsorge zu beraten. Vor allem Hausbesitzer erhalten hier Informationen, wie sie sich vor Schäden durch Starkregen schützen. Termine mit den Beratern könnt ihr unter der Telefonnummer 06131-122121 vereinbaren.