Mit Eseln wandern im Ober-Olmer Wald

Carlo und Benjamin sind die beiden jüngsten Bewohner des Forsthauses am Ober-Olmer Wald. Ab kommender Woche können die zwei Esel für Waldspaziergänge gebucht werden. Schon vor dem offiziellen Start war Merkurist auf Esel-Tour.

Mit Eseln wandern im Ober-Olmer Wald

Premiere für die Esel Carlo und Benjamin: Zum ersten Mal sind sie mit einer fremden Person auf Wanderschaft – und dann auch noch von der Presse. Von Aufregung ist jedoch nichts zu spüren. Wie Profis meistern sie den Besuch von Merkurist und zeigen sich von ihrer besten Seite. Das ist auch wichtig, denn ab kommender Woche können die beiden Esel offiziell für Wanderungen durch den Ober-Olmer Wald gebucht werden. Mit ihren Besitzern und Tourguides Bettina und Moritz haben wir über das neue Angebot gesprochen.

Pädagogik, Naturschutz und Freizeit in einem

„Schau mal, das zaubert den Leuten direkt ein Lächeln ins Gesicht“, sagt Bettina auf einmal während der Tour durch den Ober-Olmer Wald. Und tatsächlich, die zwei entgegenkommenden Spaziergänger scheinen sich über die Begegnung mit Carlo und seinem jüngeren Halbbruder Benjamin zu freuen. Die wiederum gehen ruhig und unbeeindruckt ihres Weges. Denn: „Esel laufen von Natur aus gerne“, erklärt Bettina. Deshalb seien Wanderungen mit Eseln auch so beliebt, gerade in Frankreich gebe es viele Angebote für Touristen.

Bettina selbst, ihr Mann Moritz und die gemeinsamen Kinder seien auch begeisterte Eseltour-Fans. „Und daher kam die Idee, dass wir das doch auch in Mainz gerne hätten“, erzählt Bettina. Sie ist Deutsch- und Kunstlehrerin und hat eine zweijährige Weiterbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention gemacht. Moritz ist Biologe und im Naturschutz tätig. Diese Kombination zeigt sich auch im Konzept, das sich die beiden für die Esel im Ober-Olmer Wald ausgedacht haben: Pädagogik, Naturschutz und Freizeit in einem.

So wurde der Stall, der direkt neben dem Forsthaus steht, mit Holz aus dem Ober-Olmer Wald gebaut. Die Esel fressen Gras, Heu und Gestrüpp direkt von der Weide oder benachbarten Wiesen. Der Eselmist kann gegen eine Spende als Dünger mitgenommen werden. Der Wunsch nach einer Kombination von Pädagogik und Nachhaltigkeit sei auch der Grund gewesen, warum Bettina und Moritz sich mit ihrem Projekt an das Ober-Olmer Forsthaus gewandt haben. Denn als sogenanntes „Wald-Naturschutzzentrum“ mit starker waldpädagogischer Komponente habe es genau die richtigen Startvoraussetzungen gehabt. Aber ein pädagogisches Angebot mit Eseln, wie soll das aussehen?

Positiver Einfluss auf Mensch und Tier

„Wenn man so ein großes Tier neben sich hat, das auf einmal läuft, wenn es vorher stehen geblieben ist, das ist ja schon ein ganz tolles Erlebnis für Kinder“, erklärt Bettina. Der Kontakt mit den Eseln und vor allem das gemeinsame Wandern fördere Konzentration, Motorik wie auch Empathie und wirke beruhigend – vor allem Letzteres gilt auch für Erwachsene, wie Merkurist nun aus erster Hand bestätigen kann. Deshalb bieten Bettina und Moritz unter anderem After-Work-Spaziergänge mit Picknick an, auch eine romantische Sonnenuntergangstour sei geplant.

Für Kinder aus dem Förderbereich und Menschen mit Behinderungen seien die Eseltouren ebenfalls geeignet. Nur zu kleinen Kindern empfiehlt Bettina die Wanderung nicht, da Carlo und Benjamin durchaus flott unterwegs sind. Ab sechs Jahren können die Kinder mit den Eseln losziehen. Für Kindergarten- und Vorschulkinder gebe es aber zum Beispiel das Angebot, die Esel auf der Weide zu besuchen und dort mit ihnen in Kontakt zu kommen. Kunstaffine Teenager und Erwachsene können sich im Sommer zu einem Esel-Zeichenkurs anmelden.

Ein spezielles Training haben die Esel nicht. „Es gibt schon ein paar Zeichen, die man mit den Eseln einübt, zum Beispiel zum Anhalten, langsamer Werden oder Loslaufen, aber das ist ein Prozess“, sagt Moritz. „Das ist jetzt keine klassische Dressur oder sowas.“ Viel wichtiger sei ohnehin der individuelle Kontakt zwischen Mensch und Tier: sich miteinander abzustimmen und aufeinander einzugehen. Davon hätten auch die Esel etwas: „Esel mögen es wirklich, gestreichelt zu werden“, sagt Bettina. „Das ist das Schöne, dass sie das nicht nur ertragen, sondern richtig gut finden.“ Das trifft auch auf Carlo und Benjamin zu. „Die kommen auch schon direkt zu einem hin und stupsen einem in die Seite, weil sie gekrault werden wollen“, schmunzelt Moritz.

Mit Eseln auf Tour: Was ist zu beachten?

Da Carlo und Benjamin nicht nur Halbgeschwister, sondern auch beste Freunde sind, gehen die beiden immer gemeinsam auf Wanderschaft. Zu viele Menschen sollten dann nicht dabei sein. „Ideal sind zwei Personen pro Esel“, sagt Moritz, allerhöchstens könne man sich zu fünft anmelden. Aber auch mit weniger Personen oder alleine kann man Esel-Touren buchen. Fremde Personen würden, mit Ausnahme des After-Work-Spaziergangs, eher nicht zusammengewürfelt. Dass man sich in der Gruppe gut verstehe, sei nämlich wichtig für die Grundstimmung und den gemeinsamen Umgang mit den Tieren.

Zwischen 45 Minuten und zwei Stunden dauern die Esel-Touren. Zwei absolute Tabus dabei: Füttern und Hunde. „Von Natur aus mögen Esel keine Hunde“, erklärt Bettina – eine Abneigung, die meistens auf Gegenseitigkeit beruhe. An vorbeilaufende Hunde von Spaziergängern seien sie inzwischen gewöhnt, doch ein Hund, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt, würde den beiden zu viel Stress bereiten. Auch Menschen sollten sich den Eseln nicht überraschend von hinten nähern.

Ebenfalls wichtig: Mit vermeintlichen Leckerlis tue man den Eseln keinen Gefallen. Ihre natürliche Nahrung seien mageres Gras, Heu und Gestrüpp. Karotten, trockenes Brot oder Äpfel hingegen schaden ihrer Gesundheit – und das, obwohl besonders Äpfel Carlo und Benjamin nur allzu verlockend erscheinen. Bei Picknick-Wanderungen hätten die beiden jedoch noch nie versucht, Essen zu stibitzen. Das läge aber vermutlich auch daran, dass sie die Tiere niemals aus der Hand füttern würden. „Die haben unser Essen noch nicht als ihr Essen wahrgenommen“, sagt Bettina. Auch als Trainingsanreiz würden sie keine Leckerlis verwenden. „Wenn sie etwas toll gemacht haben, geben wir ihnen kein Essen, sondern loben und streicheln sie.“

Esel-Führerschein

Wer all das beachtet und genug Erfahrung mit Carlo und Benjamin gesammelt hat, könne auch einen „Esel-Führerschein“ machen und ohne Bettina oder Moritz mit den Eseln wandern gehen. Einige Freunde und freiwillige Helfer hätten das schon erprobt. Für die Esel, die schon seit Sommer 2022 neben dem Forsthaus wohnen und sich inzwischen im Ober-Olmer Wald heimisch fühlen, sei das auch kein Problem.

Eine Frage muss zum Abschluss aber noch geklärt werden: Sind Esel wirklich so störrisch, wie man ihnen nachsagt? „Sie zeigen schon störrisches Verhalten, so wie wir das definieren“, erklärt Bettina. „Aber im Prinzip ist das eigentlich dieses Nachdenken. Wenn ihnen etwas komisch vorkommt, dann rennen sie in der Regel nicht weg, sondern bleiben erstmal stehen. Alles, was ihnen fremd ist, bringt sie dazu, stehen zu bleiben und die Situation zu prüfen. Und wenn sie dann merken, ‘Ach, ich kann der Sache trauen, es ist alles gar nicht so schlimm’, dann können sie weiterlaufen.“

Das sei vor allem bei Wasser der Fall, dessen Tiefe Esel nicht gut einschätzen könnten. Deshalb blieben sie des Öfteren vor Pfützen stehen. Die Eigenart der Esel, vor vermeintlichen Gefahren zu erstarren, habe auch schon für den ein oder anderen Lacher gesorgt. „Ich glaube, die lustigste Situation war mit den freundlichen Leuten mit den Regenschirmen“, erzählt Bettina lachend. „Da haben wir auch erstmal eine Weile gebraucht, bis wir verstanden haben, woran es liegt“, erinnert sich Moritz. Kann ja keiner ahnen, dass Esel eine Regenschirm-Phobie haben.

Die Esel im Ober-Olmer Wald können ab sofort für Touren gebucht werden. Der Kontakt läuft über Instagram oder per E-Mail an eselimwald@outlook.de. Auch eine eigene Homepage soll demnächst online gehen.

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