Das eine Gebäude erlangte in den 1980ern traurige Berühmtheit, das andere wird heute vollkommen anders genutzt: Wir stellen euch bekannte Mainzer Bauwerke vor, die heute so nicht mehr existieren. Hier geht es zu Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5. Hier sind zwei weitere frühere Gebäude in Mainz.
Inter 1
Im Jahr 2021 wurde das Campus-Hochhaus „Inter 1“ wegen seines schlechten Zustands nach 55 Jahren abgerissen. Berühmtheit erlangte das Gebäude Anfang der 1980er-Jahre. Damals griff der Konflikt zwischen Gegnern und Anhängern der Islamischen Revolution im Iran nach Deutschland über. Auch auf den Campus der Uni Mainz – oder genauer auf das 1966 errichtete Studentenwohnheim. Am 21. März 1982 traktierten zwei Anhänger von Ajatollah Chomeini einen Dissidenten des Regimes mit Tritten, anschließend verbarrikadierten sie sich mit weiteren Mitstreitern in einem Zimmer des Inter 1.
Am Abend des 24. April 1982 kam es dann im selben Gebäude zu einem Überfall von etwa 200 bewaffneten Chomeini-Anhängern auf ungefähr hundert regierungskritische Landsleute, die im Inter I wohnten. Der „Spiegel“ zitierte damals eine Augenzeugin: „Da kamen achtzig bis hundert Leute im Gleichschritt und im Gänsemarsch, schwer bewaffnet mit Stöcken, Messern, Kabeln und Ketten und riefen im Chor: Allahu akbar.“ Weiter heißt es im Artikel: „Hilfe- und Angstschreie gellten durchs Heim, Tränengas nebelte Treppen ein, unten krümmten sich Verletzte zwischen geparkten Autos.“ Elf Zimmer wurden angegriffen und völlig zerstört, 28 Chomeini-Gegner zum Teil schwer verletzt. Eine deutsche Studentin aus Worms starb am nächsten Tag an den Folgen des Überfalls.
Die Polizei fand nach der Tat 48 Kabelstränge und 22 Holzlatten mit Nägeln, drei Nunchakus, drei Metallrohre, ein Zimmermannsbeil, neun Sprühdosen mit CS-Gas, fünf Messer und Säcke voller Steine. Die Angreifer waren teilweise aus Aachen, Hannover, Hamburg, Kassel, Darmstadt, Dortmund und Köln angereist. 86 von ihnen wurden am nächsten Tag in Untersuchungshaft genommen und sollten abgeschoben werden. Doch weil kaum zu rekonstruieren war, wer Täter und wer nur Zuschauer war, blieben die meisten Angreifer unbehelligt.
Bis zu seinem Abriss hatte das Wohnheim auf 14 Stockwerken Platz für 196 Studenten. Auch weil die kleinen Zimmer recht günstig waren, formierte sich Protest gegen den Abriss. Doch vergebens.
Mainzer Gefängnis
Das zweite Gebäude, das wir euch vorstellen, existiert zwar immer noch, doch wird es heute völlig anders genutzt. Wer heute am Isenburg-Karree im Mainzer Bleichenviertel vorbeiläuft, kann nur erahnen, dass hier bis vor 19 Jahren noch etwa 300 Gefangene untergebracht waren. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Mainzer Haftanstalt gebaut und in ihren letzten Jahrzehnten vor allem als Untersuchungsgefängnis genutzt – noch bis zum Jahr 2002.
„Das Gebäude war alt, dunkel, beengt, schmutzig – einfach eine bedrückende Atmosphäre“, erinnerte sich ein früherer Beschäftigter der JVA gegenüber Merkurist. Die meisten Gefangenen saßen in Einzelzellen, etwa acht Quadratmeter groß. „Es gab ein Bett, ein Klo, ein Waschbecken und einen Spind. Dazu ein Fenster in etwa 1,70 Meter Höhe – da war nicht viel mit rausschauen.“ Der Knastalltag in Mainz bedeutete: eine Stunde Hofgang und 23 Stunden in der Zelle sitzen.
In Mainz saßen viele Gefangene in Untersuchungshaft, darunter auch extreme Fälle wie der „Wormser Hammermörder“, der später an seinem 44. Geburtstag zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Der Mann tötete im September 1997 seine Mutter, seinen Bruder und dessen Freundin mit einem Maurerhammer. Auch eine RAF-Terroristin habe in U-Haft gesessen.
Im Jahr 2002 war dann Schluss für die JVA Mainz. Schon in den Jahren zuvor war auf der grünen Wiese bei Wöllstein die Justizvollzugsanstalt Rohrbach entstanden. Zunächst wurde im Jahr 2002 die JVA Kaiserslautern geschlossen und die Häftlinge nach Mainz versetzt, noch im November folgte dann der endgültige Umzug nach Wöllstein. Innerhalb eines Tages wurden alle Häftlinge von Mainz nach Wöllstein verlegt.
Als dann 2002 der Gefängnisbetrieb in Mainz vorbei war, passierte zunächst lange nichts. Erst ab 2009 wurde das ehemalige Gefängnis saniert und in ein modernes Verwaltungsgebäude verwandelt. Die denkmalgeschützten Fassaden aus Sandstein blieben weitestgehend erhalten. Auch eine historische Haftzelle ist noch heute im Isenburg-Karree zu sehen. In den Büros arbeiten jetzt der Landtagspräsident und die Landtagsverwaltung von Rheinland-Pfalz.