Auf Nachtstreife mit der Mainzer Polizei

Vergangene Woche hat eine Merkurist-Redakteurin hautnah miterlebt, wie eine Nachtschicht bei der Mainzer Polizei aussieht. Von Kicker im Pausenraum hin zu rasanten Blaulicht-Fahrten: Hier ist Teil 1 ihrer Reportage.

Auf Nachtstreife mit der Mainzer Polizei

Arbeiten, wenn andere feiern, trinken oder bereits schlafen: Wie ist eine Nachtschicht bei der Mainzer Polizei? Das wollte Merkurist-Redakteurin Veronika Dyks selbst herausfinden und hat die Beamten der Polizeiinspektion Mainz 1 am Freitag (1. September) bei der Nachtschicht begleitet. In drei Teilen berichtet sie von ihren Erfahrungen.

20:45 Uhr

Schichtbeginn in der Altstadt-Wache der Mainzer Polizei. Die Dienstgruppenleiterin kommt auf mich zu und stellt sich vor: Silke. Bei der Mainzer Polizei duzen sich alle. Als Silke mich in die Dienstzentrale führt, ist es rappelvoll. Die Polizisten von der Spätschicht sind noch da und übergeben den Staffelstab gerade an die Kollegen von der Nachtschicht.

Eigentlich müsste es noch voller sein, denn zusätzlich zu Spät- und Nachtdienst gibt es heute eine Sonderschicht für den Weinmarkt. Doch dieses Team ist gerade auf Kontrollgang im Stadtpark. Schließlich verabschieden sich die Spätdienstler und Silke beginnt mit der Besprechung. Darin werden zu Beginn jeder Schicht die Aufgaben verteilt, erklärt sie mir.

21:00 Uhr

Das Weinmarkt-Team kommt vom Kontrollgang zurück in die Wache – und mit ihm eine Praktikantin, deren Polizeiweste ich für den Abend ausleihen darf. Silke hilft mir, die schwere Schutzkleidung anzuziehen. Ich mache mich bereit, mit auf Streife zu fahren, packe Notizblock, Wasserflasche und Handy ein. Aber bislang verläuft der Abend ruhig, keine Einsätze sind in Sicht.

Die Polizisten unterhalten sich entspannt und Silke hat Zeit, mir ein bisschen mehr zu erzählen. Die Polizisten der Mainzer Altstadt-Wache gehören zu den jüngsten in der Stadt, sagt sie. Wie auf Kommando ertönen aus dem Pausenraum klackernde Geräusche. Vier Polizisten haben sich zu einem Tischkicker-Spiel zusammengefunden.

21:09 Uhr

Eine Durchsage ertönt. Schlagartig ist das Kicker-Spiel vorbei. Zwei der Spieler, Philip und Sandro, machen sich bereit zum Ausrücken und fragen, ob ich mitfahren will. Offenbar gab es einen Unfall mit Personenschaden. Wenige Augenblicke später sitzen wir zu dritt im Polizeiauto und rasen mit Blaulicht in Richtung Rhein. Gut, dass ich angeschnallt bin, denke ich, als die Fliehkraft uns schwer in die Kurve drückt und mir der Notizblock von den Knien rutscht.

Als wir in der Nähe des Winterhafens aussteigen, sehen wir eine Frau auf einer Liege, die von Rettungssanitätern versorgt wird. Auch eine andere Polizeistreife ist schon vor Ort. Lautes Stöhnen verrät, dass die Verletzte offenbar starke Schmerzen hat. Eine Person auf einem E-Scooter hat sie angefahren – und ist danach geflohen.

Ist der Täter vielleicht noch in der Nähe? Kommt jetzt etwa eine Verfolgungsjagd? Ich stelle mich schon darauf ein, dass wir gleich wieder schnell ins Auto springen müssen. Aber nein: Eine Fahndung nach dem E-Scooter-Fahrer würde heute nichts bringen, erklären Philip und Sandro. Denn die Fußgängerin kann ihn nicht beschreiben. Da die andere Polizeistreife den Unfall bereits aufnimmt, gibt es für uns hier nichts mehr zu tun.

21:40 Uhr

Statt auf Verfolgungs- begleite ich Philip und Sandro jetzt auf Kontrollfahrt durch die Stadt: Objektschutz. Einige Orte und Gebäude in der Stadt, die besonders gefährdet für Anschläge oder Sachbeschädigung sind, muss die Polizei regelmäßig kontrollieren, erklärt Philip. Welche Gebäude das sind, darf ich aber nicht veröffentlichen.

Immerhin habe ich bei der Fahrt quer durch die Stadt viel Zeit, um die beiden auszufragen. Dabei erfahre ich, dass sie nicht nur im Polizeistudium im gleichen Jahrgang waren, sondern sich auch schon seit dem Kindergarten kennen. Auch an die Mainzer Altstadt-Wache sind sie gemeinsam gekommen – und das auf ihren ausdrücklichen Wunsch. „Ich finde die Stadt einfach schön“, begründet Sandro diese Entscheidung. „Hier ist immer was los und die Leute sind gut drauf.“

Und tatsächlich sehe ich aus dem Streifenwagen viele freundliche Gesichter, die uns entgegenblicken. Viele nicken oder lächeln dem Polizeiauto zu, einige winken. Auch zwei Jungen auf Fahrrädern winken uns begeistert zu. „Es ist schon toll, wie viele Kinder happy sind, wenn sie uns sehen“, sagt Philip. Generell genieße er es, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. „Es freut einen, auch als Polizist diese kleinen Zwischengespräche zu haben – wo die Welt einfach in Ordnung ist.“

Doch so entspannt sei es nicht immer. Immer wieder erlebten sie als Polizisten Anfeindungen und Beleidigungen, erzählt Sandro. Auch Gewalt hätten sie schon am eigenen Leib erfahren – wie zum Beispiel im Juni, als ein Mann in Weisenau zuerst auf Polizeiautos einschlug und danach die Polizisten angriff. Am Ende setzten sie Taser ein, um den Mann zu überwältigen. „Für uns ist es auch nicht alltäglich, dass wir da jemanden tasern“, sagt Philip. Sandro nickt: „Es ist echt gut, dass wir da einen kühlen Kopf bewahrt haben.“

Im zweiten Teil erfahrt ihr, was Veronika mit der Mainzer Polizei auf dem Mainzer Weinmarkt erlebt hat.

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