Immer mehr Straßen in Mainz werden zu sogenannten Fahrradstraßen umgewidmet. Bodenmarkierungen und eine Beschränkung des Autoverkehrs sollen Radfahren dort sicherer und komfortabler machen. Gleich fünf Straßen kommen im Juli in Gonsenheim hinzu. In einer, der Max-Planck-Straße, gibt es jetzt jedoch großen Unmut.
Noch-Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU) hatte deshalb am Dienstag die zuständigen Planer der Stadtverwaltung und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) zu einem Dialog mit den Bürgern vor Ort versammelt. Das Gespräch am Dienstagabend begann hitzig. Doch welche Probleme bemängelten die Anwohner genau?
Stark verschärfte Parkplatzsituation
„Wo sollen wir parken?!“, wurde immer wieder aus der kleinen Menge gerufen. Circa 50 Personen standen im dichten Kreis um die drei Stadtmitarbeiter und Ortsvorsteherin Flegel versammelt, die anfangs wenig effektiv versuchte, die Veranstaltung zu leiten. Das Thema, das die Gemüter am meisten erregte, ist die Parkplatzsituation. Die hat sich in der Max-Planck Straße gleich doppelt verschärft. Zum einen durch die Fahrradstraße und zum anderen durch die Abschaffung des Gehwegparkens. Geparkt werden darf nur noch in den neu eingezeichneten Flächen.
„Damit fangen wir an, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom letzten Monat umzusetzen. Gehwegparken soll geahndet werden, damit genug Platz für den Fußverkehr bleibt“, erklärte Dezernentin Steinkrüger. Auch in der Kapellenstraße würden die Behörden demnächst strenger vorgehen, kündigte sie an. Für Beruhigung sorgten die Erklärungsversuche kaum, denn die Frage bleibt: Wie soll der Wegfall der Parkplätze kompensiert werden?
Neue Schilder versperren Einfahrten
„Es gibt auf der Straße keinen Anspruch auf einen persönlichen Parkplatz“ sagte die Verkehrsdezernentin. „Wir befinden uns hier im öffentlichen Raum. Vielleicht empfinden Sie das als unverschämt, aber es ist so“, legte sie nach. Die Stadt suche trotzdem nach Teillösungen, um die Situation wieder zu entspannen. Franziska Voigt, Abteilungsleiterin des Verkehrswesen bei der Stadt Mainz, notierte sich Vorschläge der Teilnehmer. Sie sei gekommen, um gemeinsam zu schauen, wo eventuell noch Parkflächen möglich wären. „Aber wir werden nicht mehr auf die gleiche Anzahl an Parkplätzen kommen wie früher. So ehrlich muss ich sein“, sagte sie.
Auch Udo Beck, Leiter der Straßenverkehrsbehörde in Mainz, bot an, gemeinsam mit Anwohnern auf die Suche nach zusätzlichen Parkflächen zu gehen. Gleichzeitig gab er Fehler bei der Umsetzung der Fahrradstraße zu. Schilder wurden teilweise direkt vor der Einfahrt oder Garagenzufahrten aufgestellt. „Das kann natürlich nicht sein. Das werden wir korrigieren müssen.“
Ältere am stärksten betroffen
Weder das Gehwegparkverbot noch die Fahrradstraße wolle die Stadt rückgängig machen. Grundsätzlich stelle die Entscheidungen auch kaum jemand in Frage. Vielmehr wurde sich über mangelnden Dialog und die „fragwürdige Planung“ empört. „Wir kriegen einfach Schilder vor den Latz geknallt, quasi ohne Ankündigung. Erst zwei Tage vorher war ein Flyer im Briefkasten. Dieses Treffen hier hätte vor der Umsetzung stattfinden müssen“, beschwerte sich ein Anwohner. Außerdem sorgt das absolute Haltverbot auf der einen Seite für Unverständnis.
Selbst ein kurzes Halten vor dem eigenen Haus, um die Einkäufe auszuladen beispielsweise, ist ab jetzt streng genommen illegal. Eine ältere Dame merkte an: „Was macht das mit den Menschen, die auf das Auto angewiesen sind? Auch die Pflegedienste können für Hausbesuche nicht mehr halten und finden kaum einen Parkplatz. Das Menschliche geht mir in der Diskussion komplett verloren.“ Die Verkehrsdezernentin wolle nun mehrere Vorschläge prüfen lassen, wie zum Beispiel die Einführung des Anwohnerparkens in der Zone.
Kein Gesamtkonzept
Die Frage kam auf, wieso wenig befahrene Straßen in Wohngebieten zu Fahrradstraßen würden. Wieso werde nicht stattdessen ein Radweg auf der Gonsbachtal-Route, die ohnehin die schönere Strecke sei, ausgebaut? „Es geht darum den Alltagsradverkehr zu fördern“, sagte Steinkrüger. Zu diesem zählen beispielsweise Anwohner und Kinder auf ihrem Schulweg. Im Gonsbachtal sei es nicht sicher, Fahrrad zu fahren, da es keinen Winterdienst und keine Beleuchtung gebe, so die Verkehrsdezernentin. „Fahrradstraßen sind ein wichtiges Puzzlestück der Radinfrastruktur.“
Bei Puzzlestücken bleibt es allerdings. Die Fahrradstraßen sind nicht immer Teil einer durchgehenden Fahrradroute. So müssen Schulkinder immer noch durch die Mainzer Straße oder Grabenstraße fahren, die beide als sehr gefährlich für Fahrradfahrer gelten. Ein vollständiges Radnetz gibt es in Mainz nicht. Zum Schluss stieß auch der neu gewählte Ortsvorsteher von Gonsenheim, Josef Aron (Grüne), zu der Veranstaltung dazu. Er versprach, die Probleme der Anwohner in der Max-Planck-Straße ernst zu nehmen und die Bürgerdiskussion in Zukunft fortzusetzen.