Wie die Heidelbergerfaßgasse in der Mainzer Altstadt zu ihrem Namen kam

In der Mainzer Altstadt gibt es etliche skurrile Straßennamen. Wir haben uns umgehört, welche Geschichten hinter der „Heidelbergerfaßgasse“ stecken.

Wie die Heidelbergerfaßgasse in der Mainzer Altstadt zu ihrem Namen kam

„Mitternacht“, „Betzelsstraße“, „Eppichmauergasse“ – viele Straßennamen in der Mainzer Altstadt werfen Fragen auf. In einer Serie beschäftigen wir uns mit einigen besonders interessanten und kuriosen Namen. In der ersten Folge haben wir das Nasengässchen unter die Lupe genommen, nun betrachten wir die Geschichte hinter der Heidelbergerfaßgasse im Bleichenviertel.

Wahrscheinlich – und wenig überraschend – geht der Name tatsächlich auf ein altes Weinfass zurück. „Erstmals ist der Name 1734 aufgetaucht: ‘auff der pleich am heidelberger faß’“, so hat es Peter Seelmann herausgefunden. Seelmann ist Gästeführer und bietet seit vielen Jahren Stadtführungen durch die Mainzer Altstadt an. Das Haus, um das es hier ging, lag an der Ecke zur Hinteren Bleiche und wurde 1716 erbaut, erklärt Seelmann im Gespräch mit Merkurist. „Spätestens ab 1747 wurde es als Brauhaus genutzt.“ Zu der Zeit bekam es auch seinen charakteristischen Namen: „Bierhaus zum Heidelberger Fass“. Später wurde es umbenannt in „Bierbrauhaus zum Heidelberger Fass“.

Altes Weinfass im Keller des Brauhauses

Eine Vermutung ist, dass der Name von einem alten Weinfass im Keller stammt, so Seelmann. „Dieser Keller war dem des Heidelberger Schlosses ähnlich, nur wesentlich kleiner.“ Der Wirt Gottfried Sachs, so erzählt man sich, sei bei einem Ausflug nach Heidelberg von den vielen Weinfässern beeindruckt gewesen, die dort auf der Straße gelagert wurden. Daraufhin habe er seine eigene Gastronomie danach benannt.

Sicher sei jedenfalls, dass der Straßenname auf eines der berühmten Heidelberger Riesenfässer anspielt, und eben auf das Brauhaus am Ende der Straße, so Seelmann. „Bereits seit dem 16. Jahrhundert gab es in Heidelberg eine Tradition für den Bau solcher Fässer der Superlative.“ Dazu zählten etwa das Johann-Casimir-Fass von 1591 mit 127.000 Litern Fassvermögen, das Karl-Philipp-Fass von 1728 (202.000 Liter) sowie das Karl-Theodor-Fass. „Mit 221.726 Litern Fassungsvermögen war es das größte Weinfass der Welt ist, das je befüllt wurde“, so Seelmann.

Haus 1860 abgerissen

„Auf alle Fälle dürfte das Mainzer Brauhaus seinen Besitzern guten Absatz beschert haben, lag es doch in der Nähe der Infanteriekaserne“, ist sich der Gästeführer sicher. Auch eine Gartenanlage an der alten mittelalterlichen Stadtmauer sowie eine Kegelbahn befanden sich in der Nähe.

Auf Gottfried Sachs, der das Brauhaus nur vier Jahre lang betrieb, folgte um 1800 der Hefehändler Matthias Racher. Wieder 20 Jahre später übernahm es der Bierbrauer Karl Joseph Sachs und ab 1825 der Bierbrauer und Gemeinderat Georg Sachs. Letzter Eigentümer war Johann Dorth, der 1857 starb. „Drei Jahre später wurde der Braubetrieb dann endgültig eingestellt“, erklärt Seelmann. Stadtbaumeister Eduard Kreyßig ließ es zwölf Jahre später abreißen, als die Stadt erweitert werden sollte. Als letztes Haus der Straße hatte es dem Straßendurchbruch zur Kaiserstraße im Weg gestanden.

Der Gästeführerverband Mainz bietet Führungen für Gruppen, Einheimische und Touristen an. Mehr Infos findet ihr auf der Webseite.

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